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Die blutende Statue

Die blutende Statue

Titel: Die blutende Statue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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legten jeweils eine Seite des Geldscheins auf eine mit Gelatine bestrichene Platte und überließen es der Sonne, das Foto zu belichten. Um ein gleichmäßiges Bild zu erhalten, verschoben sie die lichtempfindliche Platte den ganzen Tag über so, dass die Gitterstäbe des Fensters keine Schatten darauf werfen konnten und das Licht immer gleichmäßig blieb.
    Anschließend stach Arthur Taylor die Platte mit den Werkzeugen, die Baldwins Mutter hereingeschmuggelt hatte. Als Druckpresse diente ein gut drei Pfund schwerer Gusseisenklotz, der ebenfalls im Korsett von Mrs Bredell, deren ungewöhnlicher Leibesumfang niemandem auffiel, geliefert wurde. Damit hatten sie es geschafft! Einige Tage später besaßen Arthur und Baldwin hundert Zwanzigdollarnoten, die die treu ergebene Mama in Umlauf bringen sollte.
    Anschließend baten sie um ein Gespräch mit dem Staatsanwalt.
    »Wir haben nicht alles gesagt. Wir hatten nämlich noch eine andere Presse, mit der wir Zwanzigdollarscheine gedruckt haben.«
    »Davon glaube ich kein Wort.«
    »Überprüfen Sie’s, dann werden Sie schon sehen.«
    Der Sicherheit halber forschte der Staatsanwalt nach. Tatsächlich entdeckte man in den Banken von Philadelphia falsche Zwanzigdollarscheine, die zwar nicht so perfekt wie die Hunderter, aber trotzdem von außerordentlicher Qualität waren.
    Leider hatten Baldwin und Arthur Pech. Der Anwalt hatte ihnen einen funkelnagelneuen Schein gegeben und seine Nummer bewies, dass er erst nach ihrer Verhaftung gedruckt worden war. Die Polizisten konnten sich das nur so erklären, dass die beiden Gauner die falschen Dollarnoten in der Zelle angefertigt hatten. Mit unverhohlener Bewunderung fragten sie die beiden: »Wie habt ihr das angestellt?«
    Baldwin Bredell und Arthur Taylor hatten nichts mehr zu verlieren und schilderten ihr Kunststück, das sie fraglos zu den größten Falschmünzern aller Zeiten machte.
    Niemand weiß, ob die Geschworenen aus Bewunderung Milde walten ließen. Jedenfalls wurden Baldwin und Arthur zur leichtesten Strafe verurteilt, mit der sie bei einem solchen Delikt rechnen konnten: sieben Jahre Gefängnis.
    Nach ihrer Entlassung trennten sich die Wege der beiden. Der schüchterne, von Gewissensbissen geplagte Arthur Taylor hat sich von diesem Abenteuer nie erholt. Er starb vorzeitig in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Baldwin Bredell jedoch, der immer gern an ihr Abenteuer zurückdachte, machte noch Karriere als Stecher und verschied 1952 im Alter von achtundsiebzig Jahren. Er war damals zwar längst in Vergessenheit geraten, doch gab es immer noch gewisse Leute, die seinen Tod zur Kenntnis nahmen. Obwohl er nach seinem Bubenstück immer ein rechtschaffenes Leben geführt hatte, behielt ihn die Polizei diskret im Auge. Als er seinen letzten Atemzug tat, stießen die Verantwortlichen des amerikanischen Schatzamtes sicher einen großen Seufzer der Erleichterung aus. Er hatte sein Geheimnis mit ins Grab genommen. Bis dahin hatten nämlich alle vor dem Gedanken gezittert, er könne sich irgendeinem ebenso begabten wie ehrgeizigen jungen Fälscher anvertrauen und ihm sagen: »Einen Geldschein der Dicke nach durchzuschneiden ist ganz einfach. Schau mal!«
     

Ein überzeugter Fußgänger
     
    Kenneth Phimley hatte sich auf Diebstahl schwereren Kalibers spezialisiert. Er machte eine gute Figur und beherrschte die Sprache, die Techniken und Mechanismen der internationalen Finanzkreise auswendig. Doch war alles noch nicht ganz so ausgereift, dass er mit Geschäften ein Vermögen oder Gewinne an der Börse hätte verbuchen können. Zudem besaß er kein Geld, das er hätte investieren können. Kenneth liebte jedoch den Luxus und gab alles, was er »verdiente«, in Nobelhotels und Gourmetrestaurants sofort wieder aus. Deshalb begann er eines Tages, ein geniales System anzuwenden, das auf der damaligen Schwäche der Wirtschaft und vor allem auf der Besorgnis aufbaute, die damals viele britische Unternehmer quälte. Kenneth erfuhr aus der englischen Fachpresse die Namen jener Unternehmer, die nach Angaben dieser Zeitungen in vorübergehenden Schwierigkeiten steckten. Er rief sie an und bewies bei dem Gespräch große Überzeugungskraft. Kenneth enthüllte jedem Gesprächspartner in passenden Worten, wobei er seine Stimme entsprechend modulierte, dass ein Großteil der Probleme des jeweiligen Unternehmens auf einen böswilligen Konkurrenten zurückzuführen sei, der in der entsprechenden Firma Wirtschaftsspionage betreibe. Er,

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