Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
Vom Netzwerk:
sie zusammen tragen konnten. Jetzt besaß er nur noch wenige Sous und konnte nur hoffen, dass ihnen diese reichen würden, bis sie nach Flandern kamen.
    Kaum waren die anderen Reisenden aufgebrochen, verließen Marie und Robert den Pilgerweg und wanderten in nordöstlicher Richtung weiter. Sie kamen durch einen Laubwald und liefen über Wiesen, Äcker und Sümpfe.
    Sie wanderten langsam und streiften einfach nur durch den Wald. Äußerlich waren sie unbefangen wie Kinder, doch Robert musste immer wieder daran denken, wie viel es mittlerweile zwischen ihnen gab, das unausgesprochen blieb. Obwohl er durch sein Studium wortgewandter war als die meisten Menschen, fehlten ihm ausgerechnet gegenüber Marie die richtigen Worte.
    Langsam zog die Dämmerung herauf, und Robert sah sich nach einem Platz für die Nacht um. Er fand ihn in einer kleinen Kuhle, die von Brombeersträuchern umgeben war.
    Sie hatten genügend Brot und geräuchertes Fleisch bei sich und verzichteten aus diesem Grund darauf, ein Feuer zu entfachen, um nicht die Aufmerksamkeit anderer Waldbewohner auf sich zu ziehen.
    „Ich habe mit Elsa gesprochen, bevor wir Bourges verlassen haben“, begann Robert, nachdem sie sich auf dem weichen Waldboden niedergelassen hatten.
    „Ich vermisse sie“, antwortete Marie leise. „Sicher macht sie sich schreckliche Sorgen um mich.“
    Robert ging nicht näher auf ihre Worte ein.
    „Sie hat etwas gesagt, über das ich ständig nachdenken muss.“ Endlich war es heraus.
    Marie sah ihn an. Sie konnte seine Augen in der Dunkelheit kaum erkennen, aber sie spürte, dass er mit ihr über etwas Wichtiges reden wollte. Den ganzen Tag über hatte sie es schon gespürt.
    „Eure Elsa war bei der Alten im Sumpf, um mehr über Eure Krankheit zu erfahren.“
    Marie sah ihn noch immer an, ohne zu sprechen.
    „Sie hat gesagt, dass es vorbei sein wird, sobald ihr Eure Jungfräulichkeit verloren habt.“
    Robert konnte in der Dunkelheit nicht sehen, wie sich ihr Gesicht mit flammender Röte überzog, dennoch gab er ihr die Zeit, die sie brauchte, um mit dieser Neuigkeit fertig zu werden.
    Hoffnung stieg in ihr hoch. Es war ihre alte Hoffnung, irgendwann einmal ein normales Leben führen zu können.
    Doch war es wirklich das, was sie wollte? Beim ersten Mal war es nur eine leise Ahnung gewesen, und erst die weiteren Vorfälle hatten sie schließlich begreifen lassen, was für eine besondere Gabe ihr Gott verliehen hatte.
    „Es ist meine Aufgabe, den Menschen zu helfen“, erklärte sie leise. Es war das erste Mal, dass sie mit Robert offen über ihre Gabe sprach.
    „Ich kann ihre Schmerzen fühlen, und Gott hat mir die Kraft geschenkt, sie zu heilen. Warum ausgerechnet mir?“ Ihre Stimme klang unsicher.
    „Ich kann Euch darauf keine Antwort geben, aber schon Aristoteles hat darüber nachgedacht, ob die Glückseligkeit etwas ist, das man sich durch Lernen, Gewöhnung oder sonst eine Art von Übung aneignen kann, oder ob sie dem Menschen durch göttliche Fügung oder gar durch Zufall zuteilwird.“
    Marie dachte eine Weile über seine Worte nach. Robert war so gelehrt, dass sie sich manchmal dumm neben ihm vorkam, trotzdem redete er stets mit ihr, als ob sie ihm ebenbürtig wäre, und das verlieh ihr neuen Mut.
    „Ihr habt die Sünde der Eitelkeit begangen.“ Dunkel und drohend tauchten die Worte in ihrem Kopf auf.
    „Der Bischof hat gesagt, ich würde die Sünde der Eitelkeit begehen. Haltet Ihr mich auch für eitel? Ist das so?“
    Robert spürte, wie die Wut in ihm aufstieg, als Marie vom Bischof zu erzählen begann.
    „Ich kenne kein Mädchen, das weniger eitel ist als Ihr“, erklärte er ihr mit nur mühsam unterdrücktem Zorn. „Denkt nicht mehr an den Bischof. Er hat keine Macht mehr über uns, und ich werde dafür sorgen, dass Ihr ihm nie wieder begegnet.“
    Irgendwann schlief sie ein, und als sie erwachte, lag ihr Kopf an Roberts Schulter. Wie wunderschön er war und wie sicher und geborgen sie sich bei ihm fühlte. Warum konnten sie nicht für immer im Wald bleiben? Fernab von allen Menschen, nur sie beide allein. Sie würde Robert danach fragen, sobald er aufwachte.
    Seine gleichmäßigen Gesichtszüge waren im Schlaf entspannt, und Marie unterdrückte den jäh in ihr aufsteigenden Wunsch, einfach liegen zu bleiben und ihm nahe zu sein.
    Schließlich stand sie auf und wusch sich das Gesicht und ihre Hände an einem nahe gelegenen Bach. Als sie wieder zurückkam, war Robert wach und lächelte ihr entgegen.
    „Habt

Weitere Kostenlose Bücher