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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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werdet in den Ställen arbeiten und zwar so lange, bis Ihr Eure Schulden abgearbeitet habt.“
    Robert sah ihn bittend an.
    „Ist es möglich, meinem Vater eine Nachricht zukommen zu lassen? Er wird für meine Schulden aufkommen und auch Euch reich entlohnen.“
    Der Stallmeister sah ihn beinahe mitleidig an.
    „Ihr verkennt Eure Situation. Ihr habt Glück gehabt, dass der Herr von Coucy Euch nicht am nächsten Ast aufgeknüpft hat. Ihr seid jetzt sein Gefangener, und ich kann Euch nur raten, Eure Arbeit stets gewissenhaft und zu seiner Zufriedenheit auszuführen. Es schert ihn nicht, wer Euer Vater ist, und selbst wenn Ihr dem Schoß der Heiligen Jungfrau entsprungen wäret, würde ihn das immer noch nicht kümmern.“
    Er beugte sich näher zu Robert.
    „Denkt nicht einmal daran zu fliehen, bisher ist es noch niemandem gelungen, und die Unglücklichen, die es versucht haben, hatten danach nicht mehr viel Zeit, um es zu bereuen. Fügt Euch lieber in Euer Schicksal und betet, dann werdet Ihr vielleicht eine Chance haben, hier lebend wieder herauszukommen.“ Bei diesen Worten schwand Roberts Mut dahin. Niemals zuvor war er jemandem begegnet, der so selbstherrlich und verrucht war wie der Herr von Coucy.
    Sein Mund verzog sich bitter, denn nun blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als sich zu fügen, wenn er sein eigenes Leben und das von Marie nicht unnötig gefährden wollte. Marie wurde zu den Küchen im Bergfried geleitet und dort dem Küchenmeister übergeben. Damit begann für sie ein hartes Leben. Von morgens bis abends putzte und zerkleinerte sie gemeinsam mit einem Dutzend anderer Mägde Gemüse, knetete Teig und formte Unmengen von Brotlaiben, bis ihre Hände ganz geschwollen waren.
    Jede der drei Burgküchen war für sich allein schon größer als Maries gesamtes Elternhaus.
    Die drei Stockwerke waren durch ein spiralenförmig angelegtes Treppenhaus miteinander verbunden, und die Höhe der Stufen, die zu den oberen Stockwerken, aber auch in den Keller hinabführten, war so groß, als ob sie für Riesen gebaut worden wären. Marie hatte große Mühe, die schweren Schalen und Gefäße hinauf- oder hinunterzutragen, wie es von ihr verlangt wurde.
    Im Belagerungsfall erlaubten es mehrere Löcher in den Deckengewölben, Waffen und Verpflegung von Stockwerk zu Stockwerk zu hieven, ohne den beschwerlichen Weg über die Treppen nehmen zu müssen. Ein offenes Loch im Dach des Turms spendete spärliche Beleuchtung. Auf dem Dach selbst gab es einen Regenwasserfischteich, und im Keller befand sich eine Quelle.
    In jedem der Stockwerke befanden sich Backöfen sowie zum Bersten gefüllte Lagerräume und Feuerstellen mit einem Rauchabzug, auf denen den ganzen Tag über Fleisch, Geflügel und Fisch gesotten und gebraten wurde.
    Gilles, der Küchenchef, ein kleiner dunkelhaariger Mann mit einem fetten Bauch und Storchenbeinen, herrschte wortgewaltig über ein Heer von Mägden und Knechten. Seinen flinken Augen entging nichts, und er besaß ein unglaubliches Organisationstalent, das es ihm ermöglichte, täglich mehrere Hundert Menschen mit Essen zu versorgen und gleichzeitig auch noch die ausgefallenen Wünsche seines Herrn zu erfüllen.
    Weder der Bäckermeister Fulcher noch der Meister der Vorratskeller und Fruchtlagerung, Kuno, wagten es, sich seinen Befehlen zu widersetzen, denn ihr Schicksal war von dem des Küchenchefs abhängig. Solange der Herr von Coucy mit dessen Arbeit zufrieden war, ging es auch ihnen gut.
    Marie tat, was man von ihr verlangt und sprach nur, wenn sie angesprochen wurde. Nach außen hin willig und arbeitsam, zog sie sich innerlich jedoch immer mehr in ihre eigene Gedankenwelt zurück. Sie machte sich große Sorgen um Robert, den sie, seitdem sie zum Küchendienst eingeteilt worden war, nicht mehr gesehen hatte und den sie schrecklich vermisste. Solange er bei ihr gewesen war, war sie so glücklich gewesen wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
    Ob sie das Schicksal zu sehr herausgefordert hatte, indem sie mehr Glück genossen hatte, als ihr zustand? Und während sie mit flinken Fingern die Brotlaibe formte, bewegten sich ihre Lippen lautlos im Gebet.

27
    König Ludwig ahnte indes von alldem nichts. Er fieberte seinem ersten Kreuzzug entgegen und konnte es kaum erwarten, endlich lossegeln zu können. Seine drei Brüder, die Grafen Robert von Artois, Alfons von Poitiers und Karl von Anjou, begleiteten ihn.
    Es war ein beeindruckendes Bild, als sich das versammelte Kreuzfahrerheer, das an die

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