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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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war.
    Es war ihm nicht vergönnt, Kinder zu zeugen, dabei war es sein größter Wunsch, eigene Söhne zu haben. Die Angst, dass sein Geschlecht aussterben könnte und damit jede Erinnerung an ihn selbst, war unerträglich für ihn.
    Anfänglich hatte er die Schuld dafür noch seiner Frau gegeben, doch als weder seine Mägde noch seine adligen Mätressen im Lauf der Jahre schwanger von ihm geworden waren, hatte er sich verbittert eingestehen müssen, dass der Grund für seine Kinderlosigkeit wohl bei ihm lag. Daraufhin hatte er die Kapelle vergrößert und mit kostbaren Glasfenstern ausgestattet, unzählige Messen lesen lassen und Gott angefleht, ihn zu erhören.
    Als auch das nichts geholfen hatte, war jede Hoffnung auf Nachwuchs in ihm gestorben und mit ihr alle Gefühle, zu denen er jemals fähig gewesen war. Zurück blieben innere Leere, Einsamkeit und Hass.
    Die Wachen verbeugten sich leicht.
    „Herr, wir bringen Euch das Mädchen, wie Ihr es verlangt habt.“
    Enguerrand beugte sich leicht in seinem Stuhl vor.
    „Ihr könnt gehen“, befahl er herrisch und musterte Marie, die mit gesenktem Blick vor ihm stand, mit kalten Blicken von oben bis unten.
    Die Gespräche der Umherstehenden verstummten. Neugierig warteten sie darauf, was weiter geschehen würde.
    „Wer bist du, bist du etwa eine Heilerin?“, begann er schließlich.
    Marie hob den Kopf und sah ihn an. Überrascht bemerkte Enguerrand ihre zarte Schönheit, doch sie stieß ihn ab, denn sie erinnerte ihn allzu sehr an die Madonnenbilder in der Kapelle.
    Maries Augen drangen nicht zu ihm durch, sosehr sie sich auch bemühte.
    „Antworte mir gefälligst“, herrschte Enguerrand sie voller Ungeduld an. Seine Stimme klang so hart, dass sie unwillkürlich zusammenzuckte.
    Doch sie wollte ihn keinesfalls noch mehr erzürnen und nahm ihren ganzen Mut zusammen.
    „Ich bin keine Heilerin. Manchmal kann ich die Schmerzen der Menschen fühlen, und dann schenkt Gott mir die Kraft, sie zu heilen“, gab sie leise zur Antwort. Enguerrand warf dem ihm am nächsten stehenden Priester einen auffordernden Blick zu.
    „Spricht sie die Wahrheit oder ist sie doch nur eine Betrügerin?“
    Der Priester kratzte sich unsicher das Kinn. Auch er hatte längst von den Gerüchten über die Heilkräfte des Mädchens erfahren. Zuerst war er empört gewesen, doch als er Marie gesehen hatte, waren ihm Zweifel gekommen. Sie war weder anmaßend noch selbstgefällig wie so manch eine der anderen Damen hier auf dieser Burg. Ihre stille Zurückhaltung und ihre offensichtliche Unschuld hatten ihn gegen seinen Willen beeindruckt.
    „Ich kann Euch darauf keine Antwort geben“, beschied er schließlich.
    „Der Wille unseres Herrn ist unergründlich“, setzte er rasch hinzu, als er sah, wie sich Enguerrands Augenbrauen drohend zusammenzogen.
    Wenn es darauf ankommt, wissen diese blöden Pfaffen rein gar nichts, dachte Enguerrand wütend.
    Als Nächstes wandte er sich an seinen Astrologen, der dies schon befürchtet und sich eilig eine Antwort zurechtgelegt hatte, die Enguerrand zufriedenstellen sollte.
    Er war ein gerissener Gauner, der lange Zeit im fernen Arabien verbracht und dort viel gelernt hatte. Er wusste bei Weitem nicht so viel über die Gestirne, wie er vorgab zu wissen, doch was er wusste, reichte aus, um Enguerrand noch immer tief zu beeindrucken. Er war vor vielen Jahren durch Zufall auf der Burg gelandet und hatte es schnell geschafft, in Enguerrands Gunst ganz nach oben zu steigen.
    Bisher war es ihm stets ein Leichtes gewesen, seinen Herrn mit seinem Wissen, das er mit Geschichten aus dem Fernen Osten anreicherte, zu unterhalten und diesem ansonsten nur das zu erzählen, was er hören wollte.
    Doch er war schlau genug, um zu wissen, dass ein kleiner Fehler von ihm ausreichen konnte, um sein Leben schneller zu beenden, als es ihm lieb war.
    Der Priester warf ihm einen schadenfrohen Blick zu.
    Plötzlich wusste der Astrologe, was er zu tun hatte.
    Gerade war ihm die rettende Idee gekommen, mit der er einmal mehr die Priester ausstechen konnte, die ihn ständig misstrauisch beäugten und keine Möglichkeit ausließen, um ihm das Leben schwer zu machen. Das Mädchen tat ihm zwar leid, denn es würde seine Idee ausbaden müssen, doch er hatte keine andere Wahl.
    Die Augen aller Anwesenden im Saal waren gespannt auf ihn gerichtet.
    „Sie soll es beweisen“, schlug er mit kaum verhohlenem Triumph vor.
    Enguerrand sah überrascht auf. Die Idee war ebenso gut wie einfach. Warum

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