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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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Betrüger mit der Peitsche aus der Stadt hinauszutreiben.
    Otto ging zu der Schenke des gestrigen Abends zurück, um die Pferde zu holen. Als er den Stall verschlossen fand, befürchtete er das Schlimmste, und seine Vermutung wurde sogleich bestätigt, nachdem er den Schankraum betreten hatte.
    Dort stand der Schankwirt hinter der Theke und sah ihm gleichmütig entgegen.
    „Wenn Ihr die Pferde wollt, müsst Ihr zuerst die Zeche Eurer Freunde bezahlen“, tat er Otto beinahe gutmütig kund.
    „Das sind nicht meine Freunde“, erwiderte dieser lahm, worauf der gutmütige Ausdruck im Gesicht des Wirtes sofort verschwand.
    „Wenn Ihr die Pferde wollt, dann bezahlt“, sagte er scharf.
    Otto hatte keine Kraft mehr, um sich zu streiten, und so griff er resigniert nach seinem Beutel, als ihm einfiel, dass man ihm diesen gestohlen hatte.
    Der Wirt beobachtete ihn lauernd.
    „Wie hoch ist die Zeche?“
    „Drei Sous.“ Ottos Gesicht verfinsterte sich. Das war der reinste Wucher, da waren ja selbst die Juden noch harmlos gegen diesen verbrecherischen Schankwirt. Er öffnete den Mund, um Einspruch zu erheben, doch der Wirt kam ihm zuvor.
    „Ein Tisch und drei Stühle sind mir bei der gestrigen Auseinandersetzung kaputtgegangen“, fügte er erklärend hinzu.
    Otto nahm seinen Dolch und trennte ein Stück seines Umhanges auf.
    Zähneknirschend warf er drei Münzen auf den Tresen und verließ, so schnell er konnte, die Schenke. Im Rausgehen hörte er noch, wie der Wirt nach dem Knecht pfiff, der kurz darauf erschien, die Stalltüre aufschloss und die Pferde hinausführte.
    Großzügig reichte er Otto ein Seil, das dieser als Führstrick benutzen konnte, und half ihm sogar noch, die Pferde zusammenzubinden.
    Wütend verließ Otto den Hof und schwor sich, nie wieder einen Fuß in diese verfluchte Stadt zu setzen.
    Vor dem Stadttor traf er auf Hugo, Karl und Bruno, die ihn mehr als schlecht gelaunt erwarteten. Ihre Umhänge waren von den scharfen Peitschenhieben regelrecht zerfetzt worden. Am schlimmsten zugerichtet sah jedoch Hugo aus, der ihn anklagend anblickte, beinahe so, als ob er ihm die Schuld an seinem Unglück geben wollte. Dabei schien er ganz vergessen zu haben, dass er derjenige gewesen war, der unbedingt nach Coucy hatte reiten wollen und beim Würfeln betrogen hatte. Sein Gesicht war dick angeschwollen und kaum wiederzuerkennen. Überhaupt machte er einen ganz und gar jämmerlichen und veränderten Eindruck.
    „Da seid Ihr ja endlich. Wir warten schon seit einer halben Ewigkeit auf Euch“, zischte er. „Habt Ihr wenigstens etwas zu essen mitgebracht? Unsere Mägen knurren schlimmer, als der verlausteste Köter es je könnte.“
    Da überkam Otto die Wut. Die Burschen wurden immer unverschämter.
    „Wie soll ich mit drei Pferden an der Hand etwas zu essen auftreiben? Ich war genauso froh, aus der Stadt hinauszukommen, wie ihr. Man hat mir meinen Beutel gestohlen, und ich musste eure Zeche bezahlen, weil der Wirt die Pferde sonst nicht mehr herausgegeben hätte“, brüllte er unbeherrscht. Woraufhin sich die drei untereinander Blicke zuwarfen, die er nicht zu deuten wusste.
    „Jetzt lasst uns endlich von hier verschwinden. Ich habe genug von diesem gottverdammten Ort.“
    Ohne sich weiter um seine Gefährten zu kümmern und sich noch einmal nach ihnen umzudrehen, ritt er in die Dämmerung hinein.
    Es würde ihnen schon gar nichts anderes übrig bleiben, als ihm zu folgen.
    Seine Niederlage ließ ihn jeden Sinn für Gefahr vergessen. Niemals zuvor war er so gedemütigt worden, ohne eine Möglichkeit gehabt zu haben, sich zu rächen.
    Außerdem schmerzte ihm der Kopf, seine Kleider trieften vor Nässe, und er hatte Hunger.
    Hinter ihm jammerten Karl und Bruno ununterbrochen über ihre schmerzenden Rücken, weshalb sich Otto noch ein Stück weiter von der Gruppe absetzte, denn er konnte das Gejammer nicht länger ertragen.
    Als es dunkel wurde, hielten sie nach einer Übernachtungsmöglichkeit abseits der Wege Ausschau und fanden schließlich unter dem Schutz einiger Bäume einen geeigneten Platz zum Schlafen.
    Sie banden die Pferde fest und wickelten sich in ihre Umhänge ein.
    Otto schlief sofort ein.
    Er erwachte mit einem unguten Gefühl und wollte aufspringen, doch seine Beine versagten ihm den Dienst.
    Das Brummen in seinem Schädel war einem hämmernden Schmerz gewichen, und sein Gesicht und sein Körper waren mit Ästen und Laub bedeckt. Als es ihm endlich mühsam gelang, sich zu erheben, musste er sich

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