Die Bluterbin (German Edition)
Männer hatten pechschwarze Haare und Augen wie Kohlen, die sich dunkel und fremd von ihren grellbunten Gewändern abhoben.
Am Tor angelangt, begehrten sie Einlass.
Die Wachen hießen sie warten.
Die Burg zog Spielleute und fahrende Sänger an wie Pferdeäpfel die Fliegen. Es war eine regelrechte Plage mit diesem Gesindel. Vor allem nun, da es kälter wurde, versuchten viele von ihnen, auf den Burgen Unterschlupf vor dem drohenden Winter zu finden.
Bei den meisten von ihnen handelte es sich jedoch um überwiegend dreistes und unverschämtes Pack ohne jede Manieren, das nur widerwillig geduldet wurde, weil man während der langen, kalten Jahreszeit eben manchmal ein wenig Unterhaltung brauchte, um sich von dem trüben Einerlei des Alltags abzulenken.
Die beiden Männer führten das Pferd zu einem Wiesenstreifen vor der Mauer, wo sie es grasen ließen, während sie sich zu der Frau gesellten und gemeinsam und gleichmütig darauf warteten, bis die Wachen ihnen Bescheid geben und sie ins Innere der Burg hineinlassen würden.
Otto achtete nicht weiter auf sie, sondern brachte sein Pferd auf eine der hinteren Weiden und nahm ihm den Sattel ab.
Danach schlenderte er in aller Ruhe am Turnierplatz vorbei und beobachtete eine Weile die Ritter, die sich dort im Kampf übten.
Die Ritter, Knappen, Knechte und Diener, die geschäftig an ihm vorbeiliefen, beachteten ihn ebenso wenig wie die Wachen, die plaudernd oder dösend überall herumstanden.
Der Wind hatte mittlerweile aufgefrischt und trieb die großen weißen Wolken am Himmel mit rasender Geschwindigkeit vor sich her. Es war bereits später Nachmittag, und Otto begann sich nach einem Schlafplatz umzusehen.
Auf seiner Suche nach einer geeigneten Stelle kam er dabei auch an den Stallungen vorbei, wo sein Blick auf einen jungen Mann fiel, der zwei Pferde am Halfter führte und auf den gerade der Stallmeister zutrat, um ihm einige Anweisungen zu geben. Otto machte ein paar Schritte in ihre Richtung. Der junge Mann kam ihm merkwürdig bekannt vor, und er wollte ihn noch etwas näher in Augenschein nehmen. Dann hielt er jedoch mitten im Schritt überrascht inne. Vor ihm stand kein anderer als der Robert de Forez, hinter dem er seit Monaten vergebens her gewesen war.
Rasch zog er sich seine Kapuze über den Kopf und wandte sich ab, um zu verhindern, dass der junge Graf ihn ebenfalls bemerkte und erkennen konnte.
Nun hatte er doch noch eine Chance, denn wo Robert war, konnte Marie nicht weit sein. Otto entfernte sich ein Stück und beobachtete aus sicherer Entfernung, wie Robert mit den Pferden in den Ställen verschwand und wenig später wieder mit einem nervös tänzelnden, schwarzen Hengst am Halfter zurückkehrte. Der junge Graf führte das edle Tier zu einem der Übungsplätze, wo er es an einem langen Seil um sich herumlaufen ließ. Otto folgte ihm in einigem Abstand.
Die Dämmerung senkte sich bereits unmerklich herab, als plötzlich eine schmale Gestalt auftauchte, die leichtfüßig an Otto vorbeilief, ohne ihn zu beachten.
Sie hatte nur Augen für Robert, der sofort den Hengst festband und zärtlich seinen Arm um die junge Frau legte. Otto war zu weit entfernt, um zu hören, worüber sie redeten. Es interessierte ihn auch nicht. Er wusste nun, was er zu tun hatte.
Der Plan, der in seinem Kopf entstand, war perfekt.
Allerdings musste er sich beeilen, wenn er ihn noch mit Erfolg durchführen wollte. Zielstrebig lief er daher zu den Spielleuten zurück, die noch immer vor dem Tor auf Einlass warteten. Wenn er überhaupt jemandem auf der Burg trauen konnte, dann ihnen, denn sie waren hier ebenso fremd und unerwünscht wie er.
Die beiden Männer mussten entweder Brüder oder sonst irgendwie miteinander verwandt sein, da die Ähnlichkeit ihrer Gesichtszüge sonst kaum zu erklären war. Otto nahm einige Silberstücke aus seinem Beutel und hielt sie dem Älteren der beiden direkt unter die Nase. Misstrauisch starrten die Männer ihn an.
„Wenn Ihr mir helft, meine Tochter unbemerkt aus der Burg zu bringen, gehört das Silber Euch“, begann Otto.
Die beiden Brüder sahen sich an, sagten aber nichts.
Worauf Ottos Stimme drängend wurde. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit, wenn er die Gunst der Stunde nutzen wollte.
„Einer der Ritter hier hat sie entführt und geschändet. Er weigert sich, sie gehen zu lassen, und ich besitze kein Schwert, um gegen ihn zu kämpfen. Mein Eheweib ist vor Kummer schon ganz krank ihretwegen“, log er weiter.
Da kam Otto unverhofft
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