Die Bluterbin (German Edition)
die Frau zu Hilfe, indem sie den Männern unmerklich zunickte. Sie war eine Schönheit mit ihren schwarz glänzenden Locken und wusste aus eigener Erfahrung, wovon Otto sprach. Schon des Öfteren hatte sie sich zu später Stunde gegen zudringliche Ritter wehren müssen, in deren Augen sie nichts anderes als eine Hure war.
„Einverstanden“, brummte daraufhin der Ältere und ließ die Münzen blitzschnell unter seinem bunten Umhang verschwinden.
„Macht euch zum Aufbruch bereit, und wenn ich euch meine Tochter bringe, fahrt ihr sofort mit ihr los. Ich selbst werde danach nur noch mein Pferd holen und euch nachfolgen. Wir treffen uns dann im Wald vor der Stadt.“
In den Augen des Älteren flackerte Misstrauen auf, das Otto sich umgehend zu zerstreuen bemühte.
„Es ist besser, wenn man uns nicht zusammen sieht. Niemand wird meine Tochter bei euch vermuten, und bis der Ritter ihr Verschwinden bemerkt, werden wir längst über alle Berge sein.“
Mit diesen Worten entnahm er seinem Beutel zwei weitere Münzen und reichte sie dem Spielmann. Mit dieser Summe in der Tasche konnten die drei unbesorgt dem Winter entgegensehen, das Geld würde ihnen bis weit ins nächste Frühjahr reichen. Der Ältere hielt Otto nun die ausgestreckte Hand hin, und Otto schlug ein. Damit war die Vereinbarung besiegelt.
Rasch lief er zurück und strebte zielgerichtet auf die Schweineställe zu, die ein Stück hinter denen der Pferde lagen, aber weit weniger gut bewacht waren als diese. Als er sie erreicht hatte, öffnete er das Tor, schlüpfte hinein und steckte seinen Kopf dann aber noch einmal vorsichtig zur Türe hinaus, um sich zu vergewissern, dass ihn auch wirklich niemand bemerkt hatte.
Aber kein Mensch hatte ihn gesehen. Die meisten der Burgbewohner hatten sich längst in den inneren Teil der Burg begeben, denn jetzt würde es nicht mehr lange dauern, bis sie sich alle zum Essen im großen Saal versammeln würden.
Otto warf einen Blick auf den immer dunkler werdenden Himmel. Die Zeit, die ihm noch blieb, um sein Vorhaben auszuführen, war äußerst knapp. Entschlossen bückte er sich, nahm seinen Feuerstahl und schlug ihn an einem Feuerstein entlang. Die Funken fing er mit einem Stück Zunder auf und blies sie behutsam an, um die Glut zu entfachen. Dann zerriss er den glimmenden Zunder in drei Teile und verteilte ihn in dem trockenen Stroh.
Eine fette Sau hob witternd ihren Kopf und starrte ihn aus ihren kleinen Augen böse an. Otto kümmerte sich nicht um sie.
Vorsichtig schlich er sich wieder aus dem Stall und lief zum Übungsplatz zurück, wo sich Marie zu seiner Erleichterung noch immer befand, wenn auch in Gesellschaft des jungen de Forez.
Otto ging in die Hocke und schlug seinen Mantel enger um sich herum. Jetzt brauchte er nur noch zu warten.
Tatsächlich fingen die Schweine schon nach wenigen Sekunden ängstlich zu quieken an, doch niemand schien es zu bemerken. Erst als bereits dichter Rauch von den Ställen in den Himmel stieg, wandte Robert beunruhigt seinen Kopf. Otto beobachtete, wie er irgendetwas zu Marie sagte und danach zu den Ställen hinüberrannte, um zu sehen, was dort vor sich ging.
Marie blieb währenddessen bei dem Hengst zurück, der ob des Rauches nervös hin und her zu tänzeln begann, und streichelte ihm sanft über den schönen Kopf, um ihn zu beruhigen. Jetzt konnte man auch bereits die ersten Flammen aus dem Dach des Stalles schlagen sehen, die sich rasend schnell weiter ausbreiteten. Gleichzeitig wurden die ersten Rufe, vermischt mit dem angstvollen Quieken der Schweine, laut. Von seinem Platz aus verfolgte Otto, wie immer mehr Menschen zu den Ställen liefen. Es war so weit.
Lautlos näherte er sich der jungen Frau, die ihn nicht bemerkte, weil sie noch immer dabei war, dem unruhig schnaubenden Hengst mit sanfter Stimme gut zuzureden. Als sie Otto schließlich bemerkte, war es zu spät. Blitzschnell legte er ihr die Hände um den Hals und drückte ihr die Kehle so lange zu, bis sie bewusstlos zusammensackte. Eilig wickelte Otto das Mädchen in ihren Umhang und warf es sich danach über die rechte Schulter.
Sollte ihn jemand fragen, wohin er mit seiner Last wollte, könnte er immer noch behaupten, dass sie aufgrund des Feuers das Bewusstsein verloren hätte und er sie nur in Sicherheit bringen wollte.
Vor den Ställen herrschte indessen ein heilloses Durcheinander. Einige Leute befreiten die Schweine aus ihren Boxen, andere liefen zum Brunnen und schöpften Löschwasser. Der
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