Die Bluterbin (German Edition)
konnte ihn gut verstehen. Ihr machte die Arbeit hier nichts aus, doch Robert war anderes gewohnt.
Sie wusste, dass ihm sowohl sein Studium als auch seine Freunde fehlten, mit denen er stets seine von ihm so heiß geliebten Dispute geführt hatte.
Es machte sie traurig, ihn so niedergeschlagen zu sehen, und so fasste sie schließlich einen Entschluss, auch wenn sie den Gedanken, ihn zu verlieren, kaum ertragen konnte.
Mutig trug sie ihm ihre Entscheidung vor:
„Ich werde mit Enguerrand sprechen, dann wird er Euch gehen lassen. Er will nur mich, Ihr seid nicht wichtig für ihn.“
Als Robert die volle Bedeutung ihrer Worte begriff, war ihm, als ob ihm das Herz bei lebendigem Leib aus der Brust herausgerissen werden würde.
Erschrocken sah er Marie an.
„Ich werde Euch niemals alleinlassen, es sei denn, Ihr wünscht, dass ich gehe“, protestierte er.
„Vielleicht wird es das Beste sein. Ihr habt genug für mich geopfert, mehr kann ich nicht von Euch verlangen“, erwiderte Marie und ließ sich dabei nicht im Geringsten anmerken, wie elend sie sich dabei fühlte.
Robert packte sie darauf an den Schultern und begann sie zu schütteln.
„Ich liebe Euch mehr als mein Leben, und es ist mein größter Wunsch, Euch zu meinem Weib zu nehmen.“
Marie schwieg.
„Es geht mir gut, und die Arbeit mit den Pferden macht mir Spaß. Ich kann es nur nicht ertragen, dass Ihr in der Küche schuften müsst wie eine gewöhnliche Magd.“
Aber es gelang ihm nicht, Marie zu überzeugen. Er war allein wegen ihr aus Bourges geflohen und würde, wären sie nicht verfolgt und entführt worden, schon lange verheiratet und auf der Burg seines Vaters sein. Nur aus Liebe zu ihr ertrug er seit Monaten ein Leben, das nicht für ihn bestimmt war.
Außerdem war es an der Zeit, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Und die waren, dass Roberts Vater, der Graf, niemals dulden würde, dass sein Sohn eine bereits bestehende Verlobung wegen der Tochter eines Tuchhändlers auflösen würde, einer Bürgerlichen, die zudem noch unter einer merkwürdigen Krankheit litt. Dabei traute sie Robert durchaus zu, sich deswegen auch noch mit seiner Familie zu entzweien, und genau das konnte sie nicht zulassen.
Irgendwann würde er ihr dankbar dafür sein, dass sie ihn hatte gehen lassen, um das Leben zu führen, das ihm bestimmt war.
An diesem Abend blieb die Stimmung zwischen ihnen aus diesem Grund gedrückt. Die Vorstellung, zueinander zu gehören, war ein wunderschöner Traum gewesen, aber eben doch nur ein Traum.
Maries Herz war schwer, als sie sich an diesem Abend in dem großen Bett zwischen den anderen Mägden zur Ruhe begab. Der eisige Wind kroch durch alle Ritzen, und Marie rutschte näher an Adiva heran, um etwas Wärme von deren Körper abzubekommen.
Sie schlief unruhig und wurde immer wieder von düsteren Träumen gequält. Am nächsten Tag hatte sie Kopfschmerzen, und tiefe Ringe lagen unter ihren Augen.
Doch auch wenn sie wusste, dass sie wohl niemals über Roberts Verlust hinwegkommen würde, stand ihr Entschluss, mit dem Herrn von Coucy über Roberts Freilassung zu sprechen, fest.
Als sie Robert an diesem Abend traf, spürte er schmerzhaft die Kluft, die sich bereits zwischen ihnen aufgetan hatte. Marie hatte sich innerlich schon von ihm zurückgezogen, ohne dass es ihr bewusst geworden war. Robert konnte nicht wissen, dass dies ihr einziger Schutz gegen den Schmerz war, den die Trennung von ihm unweigerlich nach sich ziehen würde. Das Einzige, was ihr bleiben würde, waren ihre Erinnerungen an ihn, und sie würde jeden Moment mit dem Geliebten wie einen kostbaren Schatz in ihrem Herzen bewahren.
Robert hatte große Mühe, sich unter diesen Umständen auf seine Arbeit zu konzentrieren, die ihn gerade jetzt besonders forderte, denn der Stallmeister hatte ihm vor zwei Tagen einen Hengst übergeben, dessen Charakter ebenso schlecht war wie der seines Herrn. Das Tier war bösartig und trat und biss nach allen Seiten, wann immer sich ihm die Gelegenheit bot. Dabei machte es keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier.
Enguerrand hatte dennoch darauf bestanden, es zu behalten und für die Schlacht abzurichten. Das Pferd war das Geschenk eines befreundeten Fürsten und hatte bestes Blut in seinen Adern. Es würde das ideale Kriegspferd abgeben: stark, furchtlos und unbeugsam.
„Er lässt mich nicht näher als einen Meter an sich heran, und sein Blick ist tückisch und voller Hinterlist“, erzählte Robert. Es war das erste Mal seit
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