Die Bluterbin (German Edition)
richtete er sich auf. Marie allerdings brach, ohne einen Laut von sich zu geben, in sich zusammen, und ihr Körper begann sich auf dem Boden zu winden.
Die beiden Priester bekreuzigten sich erschrocken und herrschten den Diener an der Türe an, geweihtes Wasser aus der Kapelle zu holen.
„Ich brauche sofort heißen Wein“, schrie der Medicus seinerseits. Angstvoll hatte er sich zu Marie hinuntergebeugt, deren Puls er kaum noch spüren konnte. Wenn sie starb, wäre er verloren. Es war tatsächlich eine bedenkliche Situation, in der er sich befand: Einerseits hatte Enguerrand ihm die Verantwortung für das Mädchen übertragen, andererseits befahl er ihm, die Mächtigsten seiner Freunde zu heilen.
Der Diener kehrte mit einer Schale geweihten Wassers zurück. Einer der Priester sprengte ein paar Tropfen davon auf Maries Gesicht und Körper, wobei er streng darauf achtete, sie nicht zu berühren. Zufrieden bemerkte er, dass die Krämpfe ein wenig nachließen und ihr Körper sich etwas etwas entspannte.
„Sie ist eindeutig besessen“, konstatierte er und schlug ein Kreuzzeichen.
„Die Krämpfe hätten auch ohne das geweihte Wasser nachgelassen“, knurrte der Medicus ihn an.
„Helft mir lieber dabei, ihr den Wein einzuflößen, damit sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht.“ Er kippte einige Kräuter in den Wein, den er danach mit dem Finger umrührte und anschließend genüsslich ableckte.
„Wollt Ihr etwa Gott lästern?“, schnauzte ihn der Priester an.
„Ich will nur dem Mädchen helfen“, erwiderte der Medicus ungerührt. „Jetzt helft mir endlich ihren Oberkörper anzuheben.“
Die Priester sahen einander an.
„Das können die Diener übernehmen, wir werden derweil lieber für sie beten und Gott bitten, die Dämonen aus ihrem Körper zu vertreiben.“
„Elende Feiglinge.“ Der Medicus stieß einen leisen Fluch aus, der ihm wiederum einen giftigen Blick seitens der Priester einbrachte, und vergaß ganz, dass er anfangs ebenfalls Angst davor gehabt hatte, Marie zu berühren.
Noch bevor sich die Priester jedoch an die Diener wenden konnten, erhob sich der Fürst von seinem Lager. Er war mittleren Alters und hatte rötlich gekräuseltes Haar und einen fetten Bauch. Seine vorhin noch gräuliche Gesichtsfarbe war einer gesunden, rosigen Frische gewichen, und sein Atem rasselte nicht mehr in seine Brust. Überhaupt erinnerte nichts mehr daran, dass er noch vor kurzer Zeit sterbenskrank gewesen war.
„Schafft sofort das Mädchen hier heraus, ich will mich ausruhen“, ordnete er mit näselnder Stimme und leidender Miene an. Angewidert starrte er dabei auf Marie, der heller Schaum in beiden Mundwinkeln stand und seitlich am Kinn hinabrann.
Der Medicus war angesichts dieser offenkundigen Undankbarkeit so verblüfft, dass ihm die Worte fehlten. Die Diener dagegen, die ihren Herrn nicht erzürnen wollten, hoben Marie rasch hoch und blickten den Medicus fragend an.
„Wohin sollen wir sie bringen?“, fragten sie.
Der Medicus deutete nach draußen und ging ihnen in die Küche voran. Dort war es wenigstens warm, und Gilles würde zwischendurch nach ihr sehen können.
Die Diener legten ihre Last auf eine frische Binsenmatte in die Nähe des Kamins ab, wo Gilles sofort zur Stelle war und Maries Oberkörper so weit anhob, dass ihr der Medicus vorsichtig den warmen Wein einflößen konnte.
Voller Empörung berichtete er dem Küchenchef von der Undankbarkeit des Fürsten, während er zwischendurch immer wieder Maries Puls fühlte.
„Ich muss ihr etwas zur Stärkung geben, damit sie wieder zu Kräften kommt“, murmelte der Medicus.
Maries Atem ging jetzt zwar wieder ruhig und gleichmäßig, wie er voller Erleichterung feststellte, doch er wusste, dass die junge Frau nichtsdestoweniger am Ende ihrer Kräfte war.
Tatsächlich schlief Marie fast zwei Tage lang, und Gilles hatte große Mühe, Robert zu beruhigen, der ihm schwere Vorwürfe machte.
Doch kaum hatte sie sich wieder etwas erholt, als auch schon ein aufgelöster Knappe in die Küche gestürmt kam und Marie darum bat, seinem Herrn zu helfen, der sich bei einem Übungsturnier schwer verletzt hatte.
Gilles versuchte sie zurückzuhalten. „Der Medicus soll sich um ihn kümmern, du bist noch viel zu schwach“, riet er ihr besorgt.
„Gott hat mir die Gabe verliehen, den Menschen zu helfen, daher wird Er mir auch die Kraft dazu geben, wenn es Sein Wille ist“, erwiderte Marie entschlossen.
Daraufhin blieb Gilles nichts anderes übrig, als
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