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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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seiner fanatischen Frömmigkeit bekannt war. Schon von Jugend an war er von dem Gedanken besessen gewesen, gegen die Macht Satans ankämpfen zu müssen, und zog seitdem ruhelos von einem Ort zum anderen, um gegen Häretiker, Waldenser und andere Ungläubige vorzugehen.
    Albertus zählte bereits dreißig Jahre, wirkte aber wesentlich jünger. Sein glattes, bartloses Gesicht mit den glänzenden blauen Augen strahlte harmlose Gutmütigkeit aus. Er trug die Ordenstracht der Dominikaner: eine weiß gegürtete, wollene Tunika mit weißem Skapulier und darüber einen schwarzen Mantel mit Kapuzenkragen.
    „Es wird Zeit, die Mörder unseres armen Bruders Gregor der Gerechtigkeit Gottes zu überantworten, und Ihr scheint mir der richtige Mann dafür zu sein“, begann Radulfus.
    „Eure tiefe Frömmigkeit und Euer unbeirrbarer Glaube an unseren Herrn sind über jeden Zweifel erhaben, wie man mir berichtet hat“, fügte er hinzu.
    Albertus nickte bescheiden und senkte den Kopf zu Boden.
    „Wer den Frevel begeht, einen Mönch zu ermorden, muss einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben. Euer Glaube wird demnach auf eine harte Probe gestellt werden, denn das Mädchen wirkt äußerlich so jungfräulich und rein wie die Heilige Madonna.“ Seine Geiernase begann vor Aufregung zu zucken, als er über Marie sprach. Allein der Gedanke an sie weckte die Gier in ihm.
    „Lasst Euch daher auf keinen Fall von ihr täuschen. Sie ist von Dämonen besessen, ich habe mich selbst davon überzeugen können.“
    „Gott wird mich vor dem Bösen schützen“, versicherte Bruder Albertus und bekreuzigte sich.
    „Ich werde Euch alles geben, was Ihr für die Reise braucht. Am besten, Ihr brecht so schnell wie möglich auf, bevor sich das Böse unter dem Mantel der Unschuld noch weiter ausbreiten kann. Die beiden sind meines Wissens nach Flandern geflohen, zu Verwandten des jungen de Forez, aber vielleicht solltet Ihr zunächst der Grafschaft Forez einen Besuch abstatten, um dort Neues zu erfahren. Guido de Forez hat sicher längst Nachricht von seinem Sohn erhalten und wird wissen, wo sich dieser zurzeit aufhält. Habt Ihr ihn erst einmal ausgemacht, habt Ihr auch das Mädchen gefunden.“
    „Gebt mir Euren Segen, und ich werde schon morgen vor Sonnenaufgang aufbrechen.“
    Radulfus erteilte ihm den gewünschten Segen, als ihm auf einmal eine Idee kam, wie er Albertus noch eine weitere, für ihn wichtige Anweisung mit auf den Weg geben konnte, ohne dass dieser Verdacht schöpfte.
    „Es ist das Mädchen, das den Teufel in sich trägt. Der junge Graf ist nur ihr Handlanger. Ich will sie beide, doch achtet darauf, dass das Mädchen unversehrt bleibt. Denn der Herr hat mir in Seiner großen Güte einen Traum gesandt und mir den Auftrag erteilt, mich selbst um diese Angelegenheit zu kümmern“, schloss er theatralisch.
    Als Albertus den Audienzsaal verlassen hatte, ließ er sich in seinen Stuhl fallen und schlug sich die Hände vors Gesicht. Wieder war er zum Warten verdammt.
    Maries Bild tauchte vor seinen Augen auf, und er konnte sich nicht mehr länger beherrschen. Aufgewühlt sprang er auf und lief in die Kathedrale. Doch auch dort fand er keine Ruhe.
    Und so tauschte er sein Gewand gegen eine einfache Kutte und begab sich in eine der übelsten Schenken der Stadt.
    Die Hure, die man am nächsten Tag tot in ihrem Bett fand, war so grausam zugerichtet, dass selbst der eilig herbeigerufene Büttel sich bei ihrem Anblick vor Entsetzen abwandte. Über den gesamten Leib der noch jungen Hure zog sich ein blutiges Kreuz, das der Mörder mit seinem Messer tief in das weiche Fleisch geritzt hatte.
    „Es war ein Mönch, der zuletzt bei dem Mädchen war, ich schwöre es bei Gott“, versicherte der Wirt dem Schöffen, der im Auftrag des Stadtrats vorbeigekommen war.
    Damit war die vierte Hure innerhalb weniger Monate ermordet worden, und die Kunde vom teuflischen Mönch verbreitete sich rasend schnell in der Stadt. Einige Leute behaupteten sogar, sie hätten den Leibhaftigen persönlich gesehen: in wallender Kutte mit höllisch glänzenden Augen und umgeben von beißendem Schwefelgeruch.
    Die Huren bekamen es mit der Angst zu tun, und am nächsten Tag fand man zwei Mönche, die das Pech gehabt hatten, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein, erschlagen auf dem Marktplatz vor.
    In der Seele des niederen Volkes schwelte die Wut auf den wohlgenährten Klerus, der zu essen hatte, während es selbst Hunger leiden musste.
    Der Winter näherte sich

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