Die Bluterbin (German Edition)
ausgelöst worden waren.
Er verfiel in tiefe Trauer und beschloss seine sofortige Rückkehr nach Frankreich. Nachdem er einige letzte Anweisungen zur Befestigung der christlichen Verteidigungsanlagen im Heiligen Land erteilt hatte, schiffte er sich zur Rückfahrt ein.
Dort angekommen, zog er, immer begleitet von Joinville, nach Aixen-Provence, um von dort aus zur heiligen Magdalena am Hang der Montagne de la Sainte-Baume zu pilgern.
An einem regnerischen Tag erreichten sie das hohe Felsengewölbe. Eine eigentümliche Atmosphäre herrschte in der düsteren Grotte, in der Maria Magdalena siebzehn Jahre lang als Einsiedlerin gelebt haben sollte.
Ludwigs Herz war noch immer schwer von der Trauer um seine Mutter, und so betete er einen ganzen Tag lang in der Grotte und nahm weder Speise noch Trank zu sich. Als Joinville vergeblich versuchte, ihn zu trösten, sah ihn Ludwig mit Tränen in den Augen an.
„Ihr seid mir ein guter Freund und Waffenbruder gewesen, doch müsste ich allein die Schande und das Ungemach erdulden, fielen meine Sünden nicht auf die Kirche zurück. Und ich würde sie mit heiterer Gelassenheit ertragen. Doch weh mir! Ich habe die ganze Christenheit in Verwirrung gestürzt“, bemerkte er traurig.
In der folgenden Nacht hatte er einen seltsamen Traum. Das Mädchen mit der weißen Haut, das ihm in der Kathedrale von Bourges begegnet war, stand vor einem brennenden Kreuz und sah ihn lächelnd an. Lange dachte er darüber nach, was dieser Traum wohl zu bedeuten hatte. War er eine Aufforderung, erneut das Kreuz zu ergreifen?
Er sprach mit seinen Priestern darüber.
„Der Herr wird Euch den richtigen Weg weisen, und wenn Ihr dazu berufen seid, das Kreuz noch einmal zu nehmen, so wird es geschehen.“
Und so legte Ludwig in Saint-Denis die Oriflamme und das Kreuz nieder und hielt am 7. September 1254 seinen Einzug in Paris.
Robert und Bernard waren scharf geritten und hatten unterwegs nur die Pausen eingelegt, die sie machen mussten, um die Pferde nicht zuschanden zu reiten. Die Nächte verbrachten sie in am Weg gelegenen Gasthäusern, in Klöstern oder auch unter freiem Himmel.
Robert war froh darüber, dass Bernard ihn begleitete. So fühlte er sich wenigstens nicht ganz so allein, außerdem wirkte sich die ungebrochene, fröhliche Unbekümmertheit seines Freundes angenehm auf sein bedrücktes Gemüt aus.
„Wir werden schon einen Weg finden, Eure Marie aus den Händen dieses Unholds zu befreien“, sagte er jedes Mal, wenn er Robert beim Grübeln erwischte.
Es war ein schöner Spätsommertag. Das Laub der Bäume leuchtete in allen Farben, und der Wind blies ihnen frisch ins Gesicht. Doch es war trocken und warm, denn es hatte seit Tagen nicht mehr geregnet, und die Wege in den Wäldern waren gut passierbar.
„Wenn wir uns beeilen, erreichen wir Laon noch vor der Dunkelheit“, rief Bernard mit blitzenden Augen. „Wer als Letzter ankommt, bezahlt den Wein in der Herberge.“ Mit diesen Worten stieß er seinem Pferd die Fersen in den Bauch und galoppierte los.
Robert überlegte nicht lange und folgte ihm. Er konnte nur hoffen, dass Bernard bei aller Lebenslust irgendwann doch noch erwachsen werden würde. Doch bislang suchte er immer wieder den Wettkampf, um sich zu beweisen. Eines Tages würde ihn seine Kühnheit noch ins Grab bringen.
Roberts Pferd war schneller als der Hengst von Bernard, und so gelang es ihm schon nach kurzer Zeit, ihn einzuholen. Eine Weile jagten sie Seite an Seite dahin, dann fiel Roberts Pferd etwas zurück. Denn mochte dieses auch schneller sein, so war Bernards Ross doch kräftiger und dadurch ausdauernder.
Robert befand sich fast zwei Pferdelängen hinter Bernard, als dessen Pferd mit einem Huf in ein Hasenloch geriet und stürzte. Bernard wurde in hohem Bogen von seinem Hengst geschleudert und prallte gegen einen Baum, an dessen Fuß er leblos liegen blieb.
Erschrocken parierte Robert sein Pferd durch und sprang mit einem Satz ab. Voller Sorge beugte er sich über seinen Freund. Er war erleichtert, als er feststellte, dass Bernard noch lebte, als dieser aber nach einer Viertelstunde noch immer nicht aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht war, überlegte er beunruhigt, was er nur tun konnte, um ihm so gut und so schnell wie möglich zu helfen.
Die letzten zwei Stunden über hatten sie keine Menschenseele mehr getroffen und auch keine Hütte oder einen einzelnen Hof gesehen, in dem er nun um Hilfe hätte anfragen können.
Sie befanden sich in den Wäldern vor
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