Die Bluterbin (German Edition)
Lager sinken. Er versuchte ein Lächeln, das ziemlich kläglich ausfiel.
„Es hat mich schlimmer erwischt, als ich dachte“, gab er schließlich zu. „Mein Kopf dröhnt, als würde die gesamte Zunft der Steinmetze darin herumhämmern.“
Bruder Blasius trat zu ihnen, in seiner rechten Hand hielt er einen Becher mit einer dunklen Flüssigkeit. Er hatte an diesem Morgen bereits einige der Kranken zur Ader gelassen, seine selbst hergestellten Kräutermischungen ausgeteilt und mehrere Geschwüre behandelt.
Nach einem kurzen Blick in Bernards Gesicht reichte er ihm die Medizin. „Trinkt das, es wird Euch helfen.“ Bernard tat, wie ihm geheißen.
Danach versuchte er ein zweites Mal aufzustehen, aber der Schwindel war so stark, dass er stöhnend wieder in sich zusammensackte.
„Wie lange wird es dauern, bis er wieder reiten kann?“, fragte Robert, worauf Bruder Blasius nur mit den Schultern zuckte.
„Ich weiß es nicht, denn ich kann nicht in seinen Kopf hineinsehen, aber er wird wohl noch einige Tage ruhig liegen müssen. Die Kräuter, die ich ihm verabreiche, werden jedenfalls dafür sorgen, dass er schläft und sein Kopf sich erholen kann. Bitte entschuldigt mich jetzt, ich habe noch mehr Kranke, um die ich mich kümmern muss.“
„Ich danke Euch.“ Robert nickte ihm zu und wandte sich dann wieder an Bernard. Als er jedoch sah, dass dieser die Augen wieder geschlossen hatte, beschloss er, ihn ruhen zu lassen, und verließ die Krankenstube.
Schwere, dunkle Wolken bedeckten den Himmel, und es konnte nicht mehr lange dauern, bis es zu regnen beginnen würde.
Als er über den Innenhof ging, läutete eine Glocke über ihm. Von allen Seiten kamen die Mönche und folgten ihrem Ruf. Durch eine kleine Seitentür betraten sie die Kapelle, um ihre Gebete zu verrichten.
Robert gesellte sich zu den Brüdern, die sich bis zum Eintreten des Abtes unterhielten oder vor sich hin dösten.
Der Abt war klein und schmächtig. Ein weißer Haarkranz umgab seinen gewölbten Schädel mit der hohen Stirn. Sein ernst blickendes Gesicht war von Falten durchzogen, und man sah ihm sein Alter an, aber seine braunen Augen sprühten vor Energie, und seine Stimme klang überraschend kräftig.
Bei seinem Eintreten verstummten die Mönche und nahmen eine demütige Haltung ein. Robert lauschte dem gemeinsamen Gebet der Mönche und dachte dabei an Marie. Die Prim dauerte nur eine halbe Stunde, und als sie vorüber war, begaben sich die Mönche zurück an ihre Arbeit.
Robert wollte gerade die Kapelle verlassen, als Bruder Roger auf ihn zueilte und ihm mitteilte, dass Abt Simon ihn jetzt empfangen würde.
Die Türe, durch die Robert in das Arbeitszimmer des Abtes geführt wurde, war aufwändig geschnitzt. Der Raum selbst wirkte durch die weiß gekalkten Wände und die dunklen Holzbalken an der Decke schlicht und gemütlich zugleich, und Robert genoss den vertrauten Geruch nach Tinte, Wachs und Pergament, der ihm entgegenschlug.
Der Abt saß auf einem breiten Stuhl hinter einem großen Holztisch, von dem unter all den Pergamentrollen und verschiedenen Abschriften der Heiligen Schrift, die auf ihm lagen, nichts mehr zu sehen war. Im Kamin neben ihm brannte ein kleines Feuer.
Als Robert eintrat, sah er auf. Seine braunen Augen musterten Robert prüfend, dann bedeutete er ihm, Platz zu nehmen.
Im Sitzen wirkte der Abt größer, als er tatsächlich war. Sein ganzes Wesen strahlte Weisheit und einen tiefen inneren Frieden aus.
„Mein Name ist Robert de Forez, und ich möchte Euch für Eure Hilfe und Eure Gastfreundschaft danken.“
„Dankt Gott, unserem Herrn, dem wir dienen, indem wir den Menschen dienen“, erwiderte der Abt bescheiden. „Wie ich hörte, ist Euer Begleiter verletzt worden und wird noch einige Tage bei uns bleiben müssen.“
Robert nickte. „Euer Einverständnis vorausgesetzt, werde ich ebenfalls bleiben, bis Bernard weiterreiten kann. Wir waren auf dem Weg zur Burg von Coucy.“
Abt Simon runzelte unwillig die Stirn.
„Der Herr von Coucy ist wie ein Stachel im Fleisch der Menschheit. Ich bete jeden Tag zu Gott, dass er sein hartes Herz erweichen möge, aber ich bete auch für die Menschen, über die er rücksichtslos und mit grausamer Härte herrscht. Darf man den Grund für Euren Besuch bei ihm erfahren?“
Robert beschlich das unbestimmte Gefühl, dass sich hinter dieser Frage mehr als bloße Neugier verbarg, und zögerte deshalb mit seiner Antwort, was dem Abt nicht entging.
„Das ist eine lange
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