Die Bluterbin (German Edition)
diesen einen Gefallen.“
Schließlich erklärten sich die beiden Ritter einverstanden. Es war durchaus üblich unter den Landadligen, die eigenen Söhne bereits im Alter von sieben oder acht Jahren als Knappen zu Verwandten oder guten Freunden zu bringen, die sich dann jahrelang um deren weitere Erziehung und Ausbildung kümmerten, ohne sie übermäßig zu verhätscheln.
Guido de Forez war in den letzten Jahren wie ein Vater zu Hugo und Raimund gewesen, und wenn sie nun Roberts Bitte erfüllen würden, wäre ihre Schuld gegenüber dem Grafen damit getilgt.
Außerdem langweilte sie das Leben auf der abgelegenen Burg, und sie brannten schon seit längerer Zeit darauf, endlich das Turnierleben kennenzulernen.
Während der nächsten Tage führte Robert indes seine begonnenen Arbeiten zusammen mit dem Verwalter gewissenhaft zu Ende, doch es fiel ihm schwer, sich dabei zu konzentrieren. Mehrmals am Tag stieg er auf den Wachturm, um zu sehen, ob Bernard endlich zurückkehren würde. Doch der ließ länger als vermutet auf sich warten.
Eine Woche später war es endlich so weit, und Bernard ritt, begleitet von seinem Knappen, auf einem prächtigen Schlachtross in den Burghof ein. Stolz trug er seinen neuen Waffenrock, der mit dem Wappen seines Vaters versehen war: einem goldenen Kreuz auf blauem Grund, belegt mit einem roten Kreuz und in den vier Ecken jeweils eine goldene Lilie. Als er Robert entdeckte, strahlte er übers ganze Gesicht.
„Es ist schön, Euch zu sehen, mein Freund“, begrüßte er Robert fröhlich. „Von mir aus kann das Abenteuer jederzeit beginnen, meinetwegen können wir sogar sofort losreiten.“
Es wurde ein fröhlicher Abend, und nach dem Essen klärte Robert Hugo und Raimund darüber auf, was sich damals ereignet hatte. Er ließ dabei nicht das kleinste Detail aus, sodass die beiden Ritter am Ende auch über Otto und den Mord an Bruder Gregor Bescheid wussten.
Raimund lauschte fasziniert Roberts Worten, und man merkte ihm an, dass er sich das anstehende Abenteuer nur ungern entgehen ließ. Nochmals bot er an, sie zu begleiten, doch Bernard schob jeden seiner Einwände beiseite.
„Uns wird schon nichts geschehen. In wenigen Wochen werden wir schon wieder zurück sein und Euch von unseren Erlebnissen berichten.“
Sie ließen sich genügend Proviant einpacken, dann verabschiedete sich Robert von seiner Mutter, die sich von ihrer Krankheit noch immer nicht ganz erholt hatte. Ihre Augen blickten müde, als Robert ihre Gemächer betrat.
„Gott beschütze dich, mein Sohn“, sagte sie leise, und ein sorgenvoller Zug legte sich auf ihr Gesicht.
Robert beruhigte sie und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Mit Gottes Hilfe werdet Ihr Marie bald kennenlernen und rasch wieder gesund werden“, versprach er.
Es war ein sonniger Herbsttag, an dem Robert zusammen mit Bernard und dessen Knappen die elterliche Burg verließ.
Weder Robert noch Bernard bemerkten den Mann, der ihnen in vorsichtigem Abstand folgte und sie keine Sekunde aus den Augen ließ.
39
Nach der Zahlung von vierhunderttausend Goldbesanten durch die Königin Margareta wurde der König nach nur einem Monat Gefangenschaft wieder auf freien Fuß gesetzt.
Sofort nach seiner Freilassung schloss er einen auf zehn Jahre angesetzten Waffenstillstand mit dem Sultan und trug sich bereits mit dem Gedanken, wieder nach Frankreich zurückzukehren, als ihm von seinen Spionen berichtet wurde, dass die Muslime den Vertrag schon wieder gebrochen hatten, indem sie sich nicht an den vereinbarten Waffenstillstand hielten.
Nachdem er sich lange mit den Baronen Frankreichs und des Königreichs Jerusalem beraten und auch den Rat der Ritterorden eingeholt hatte, entschied er sich nunmehr, entgegen seiner ursprünglichen Absicht und unterstützt von Joinville, seinen Aufenthalt im Heiligen Land zu verlängern, in der Hoffnung, dass die Zeit noch alles zum Guten wenden würde, aber auch, um die Freilassung der christlichen Gefangenen sowie die Bewahrung der Burgen und Festungen des Königreichs Jerusalem gewährleisten zu können.
Als er zudem hörte, dass zwischen den beiden Sultanen von Aleppo und Kairo Streit ausgebrochen war, fühlte er sich nochmals mehr in seinem Vorhaben bestärkt. Insgeheim hegte König Ludwig die Hoffnung auf ein weiteres Wunder Gottes, um die Heilige Stadt doch noch für die Christenheit retten zu können.
Im Frühjahr 1253 erfuhr er in Sideon vom Tod seiner Mutter und den Unruhen in Frankreich, die durch ihren Tod
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