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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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treiben pflegten. Den ganzen Tag über saßen sie herum, würfelten und tranken Wein und schnappten sich dann die Mägde, die dumm genug waren, auf ihre schmeichelnden Worte zu hören.
    „Warte“, befahl Robert ihm.
    Der Knecht blieb widerwillig stehen und starrte Robert argwöhnisch an. „Sag dem Küchenmeister, dass ich ihn zu sprechen wünsche.“
    Der Knecht nickte erleichtert ob dieses bescheidenen Auftrags und verschwand wieder in der Küche.
    Wenig später erschien Gilles vor der Türe. Er war wütend geworden, als ihm der Knecht Roberts Nachricht überbracht hatte, stellten die Ritter allesamt doch eine regelrechte Plage für ihn dar. Unbekümmert fielen sie über seine Weinvorräte her, obwohl das Turnier noch nicht einmal begonnen hatte. Bereits schon vor zwei Tagen hatte er deswegen Order geben müssen, den Wein zu verdünnen, um länger damit auszukommen.
    „Was gibt es denn so Dringendes?“, knurrte er unfreundlich. „Ich habe zu …“
    Dann erkannte er Robert, und es verschlug ihm die Sprache. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er ihn an, als wäre er eine Erscheinung, bis er schließlich sichtbar erfreut zu lächeln begann. Er trat näher an ihn heran und klopfte ihm begeistert auf die Schulter. Der Graf hatte also sein Versprechen wahr gemacht und war zurückgekommen. Gilles freute sich für Marie, die er in sein Herz geschlossen hatte, als wäre sie seine Tochter.
    Roberts Blick schweifte indessen suchend über ihn hinweg und in die Küche hinein, doch er konnte Marie nirgends entdecken.
    Gilles war der ungeduldige Blick des Grafen nicht entgangen.
    „Marie befindet sich bei Adiva, um ihr in ihrer schweren Stunde beizustehen“, klärte er ihn auf.
    Robert atmete bei den Worten des Küchenchefs erleichtert auf. Demzufolge war Marie nichts geschehen, und das war das Allerwichtigste.
    „Wann erwartet Ihr sie denn zurück?“, fragte er ungeduldig.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete Gilles. „Sie ist schon eine ganze Weile fort. Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr nicht erkannt werden wollt?“, fügte er mit gesenkter Stimme hinzu.
    Als Robert nickte, zog er ihn ein Stück von der Küchentüre fort.
    „Es ist besser, wenn Euch niemand hier sieht. Das Gesinde verehrt Marie zwar, als wäre sie eine Heilige, aber es ist auch geschwätzig, und man weiß nie, wem man trauen kann und wem nicht.“
    Er überlegte kurz. „Ich schlage vor, Ihr begebt Euch in die kleine Kammer vor dem Lagerraum, in dem die Fässer mit dem eingelegten Fisch stehen. Fulcher kommt nur selten dorthin, er kann den Geruch nicht ausstehen, und ich werde dafür sorgen, dass Euch ansonsten niemand dort stört. Sobald Marie zurück ist, werde ich sie zu Euch schicken. Aber das kann dauern. Ihr solltet jetzt besser gehen, bevor sich das Gesinde zu sehr für Euch zu interessieren beginnt. Wir sehen uns dann später, und dann müsst Ihr mir erzählen, was alles geschehen ist.“
    Robert, der Gilles für seine Hilfe unendlich dankbar war, folgte dem Rat des Küchenmeisters umgehend und lief die Treppe zu den Vorratsräumen hinunter. Die Kammer war bis auf einen kleinen Tisch und einen Stuhl vollkommen leer. Er schloss die Türe hinter sich und setzte sich auf den Stuhl. Jetzt konnte er nur noch warten, doch er war so erregt, dass es ihn nicht lange auf seinem Platz hielt, und so sprang er auf und begann, unruhig in der kleinen Kammer hin- und herzulaufen.

40
    Die drei Jungen warfen sich gegenseitig verschwörerische Blicke zu, während sie die langweiligen Litaneien der Prim über sich ergehen ließen. Besonders Philipp, ein hübscher Junge mit hellblonden Haaren und ausdrucksstarken braunen Augen, machte keinen Hehl aus seiner Langeweile, was ihm einen giftigen Blick des Priors eintrug.
    Ihr Lehrer, Bruder Clemens, litt seit dem gestrigen Abend unter einer schrecklichen Darmverstimmung, weshalb sich die drei Knaben nun auf einen unterrichtsfreien Tag freuten, den sie nutzen wollten, um auf die Jagd zu gehen.
    Vor einem Jahr waren sie auf Anordnung ihres Onkels Gilles le Brun in die Abtei gekommen, in der sie die französische Sprache erlernen sollten. Erst im nächsten Frühjahr würden sie wieder nach Flandern zurückkehren, und alle drei wünschten sich nichts sehnlicher, als dem strengen Klosterleben endlich wieder den Rücken kehren zu können.
    Sofort nachdem die Prim beendet war, liefen sie in ihre Kammer, wo sie ihre Jagdmesser und Bögen holten.
    „Wer die meisten Hasen erlegt, ist Sieger, und die anderen

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