Die Bluterbin (German Edition)
auch Kuno und Ludolf standen mir sehr nahe. Ich bin gekommen, um Euch darum zu bitten, uns Gerechtigkeit zu verschaffen“, schloss er traurig.
König Ludwig reichte ihm beide Hände.
„Es ist gut, dass Ihr sofort zu mir gekommen seid, und Enguerrand von Coucy wird, wenn er sich als schuldig erweisen sollte, seiner gerechten Strafe nicht entgehen“, versprach er und ließ umgehend ein Schreiben aufsetzen, in dem er Enguerrand von Coucy aufforderte, sich unverzüglich nach Paris zu begeben.
Noch am gleichen Tag verließ ein königlicher Bote das Schloss, um dem Herrn von Coucy die Nachricht zu überbringen.
Die Nachricht von der Ankunft des königlichen Boten drang über die Dienerschaft Enguerrands nach draußen, wo sie sich in Windeseile verbreitete und schließlich auch in die Burgküche und damit zu Gilles gelangte, der sich alles ganz genau berichten ließ.
„Der Herr hat getobt, nachdem er die Nachricht des Königs gelesen hat. König Ludwig hat ihm befohlen, sofort nach Paris zu kommen, dabei sollte morgen doch das Turnier stattfinden. Es hat irgendetwas mit den Jungen zu tun, die in seinen Wäldern gewildert haben, und obwohl der Herr noch immer wütend ist, wagt er es dennoch nicht, sich dem Befehl des Königs zu widersetzen. Er hat bereits alles für seine Abreise vorbereiten lassen und will noch heute aufbrechen.“
Gilles wurde traurig, als ihm klar wurde, dass die Abreise Enguerrands die Gelegenheit für Robert war, mit Marie zu fliehen. Damit war der Abschied von Marie nicht mehr fern, und obwohl ihm der Gedanke, sie zu verlieren, überhaupt nicht behagte, beschloss er doch, den beiden zu helfen. Marie hatte es verdient, endlich glücklich zu werden.
Er rief Marie zu sich, die nur wenig später bei ihm war.
„Geh zu Robert und sag ihm, dass Enguerrand noch heute die Burg verlassen und so schnell nicht wieder zurückkehren wird. Das ist eure Chance zu fliehen.“
Er hatte leise und schnell gesprochen, und Marie sah ihn mit einem merkwürdigen Blick aus ihren dunklen Augen an.
„Ich danke Euch, Gilles. Ihr wart mir ein guter Freund in all der Zeit, die ich auf der Burg war, und ich werde Euch nie vergessen, was Ihr für Robert und mich getan habt. Doch ich habe dem Herrn von Coucy mein Wort gegeben hierzubleiben, wenn er Robert dafür gehen lässt. Wenn ich jetzt mit ihm fliehe, breche ich mein Versprechen.“
Gilles war sprachlos. Das konnte doch nicht wahr sein! Er spürte, wie der Zorn in ihm hochstieg.
„Enguerrand hat dich gefangen genommen und auf seine Burg verschleppt. Du schuldest ihm nichts mehr. Wenn einer von euch jemandem etwas schuldet, dann ist es Enguerrand, für den du jeden Tag geschuftet hast, ohne dass der sich auch nur einen Deut um dich gekümmert hat, und jetzt geh zu Robert und erzähle ihm von Enguerrands Abreise.“
Der Küchenmeister hatte sich in Rage geredet, und einige der Mägde sahen bereits aufmerksam zu ihm hinüber.
Marie verließ die Küche, um nach Robert zu suchen. In seiner Kammer war er nicht, und sie vermutete ihn draußen bei den Pferden.
Im Burghof ging es zu wie auf einem Marktplatz. Immer mehr Besucher trafen zum Turnier ein, und ihnen folgten fahrende Händler, Gaukler und Huren. Sie alle hofften darauf, während des Spektakels noch etwas Geld verdienen zu können, bevor der Winter kam. Wohin Marie auch blickte, überall wimmelte es von Menschen und Pferden, schreienden Kindern und kläffenden Hunden.
Schließlich entdeckte sie Robert bei den Weiden und ging zu ihm hinüber. Jack war bei ihm.
„Hat unser guter Gilles Euch freigegeben?“, lächelte ihr Robert entgegen. Doch Marie ging nicht weiter auf seine scherzhafte Frage ein.
„Ich soll Euch von ihm ausrichten, dass Enguerrand noch heute die Burg verlässt. König Ludwig hat ihm befohlen, nach Paris zu kommen.“ Sowohl ihre Wortwahl als auch ihr ganzes Verhalten kamen Robert merkwürdig vor.
Er musterte Marie genauer. Sie schien ihm nicht sehr glücklich über diese Nachricht zu sein. Irgendetwas stimmte nicht.
„Was ist mit Euch, Ihr seht nicht sehr erfreut aus?“
„Ich habe dem Herrn von Coucy mein Wort gegeben hierzubleiben, wenn er Euch dafür gehen lässt.“ Nicht der kleinste Vorwurf lag in ihrer Stimme.
Wie schon Gilles vor ihm war auch Robert ob dieser Aussage fassungslos.
„Er hat dieses Versprechen von Euch erpresst. Niemand wird Euch also einen Vorwurf machen, wenn Ihr es nicht haltet.“
Marie sah ihn nur an, sagte aber nichts.
„Ihr habt gesagt, dass Gott
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