Die Bluterbin (German Edition)
uns helfen wird, und jetzt, wo Er es getan hat, weigert Ihr Euch, Seine Hilfe anzunehmen“, versuchte er es erneut.
Marie schwieg noch immer. Robert konnte sie nicht verstehen. Ein Mann wie Enguerrand hatte es nicht verdient, dass sich jemand freiwillig für ihn aufopferte.
„Was genau hat er denn damals von Euch verlangt?“
Marie überlegte einen Moment.
„Er hat gesagt, dass ich hierbleiben muss, wenn er Euch gehen lässt.“
Ein triumphierendes Lächeln machte sich in Roberts Gesicht breit.
„Hat er auch gesagt, wie lange Ihr hierbleiben müsst?“
Marie dachte eine Weile nach, dann schüttelte sie den Kopf.
„Da seht Ihr es. Ihr habt ihm versprochen, auf der Burg zu bleiben, und das habt Ihr auch getan.“ Marie war zunächst etwas verblüfft, bis sie schließlich begriff, was Robert ihr damit sagen wollte.
„Ich habe gar nicht gewusst, dass Ihr so spitzfindig sein könnt“, meinte sie neckend und war unendlich erleichtert, ihren Schwur nun doch nicht brechen zu müssen. Sie war so schön, dass Robert sie am liebsten vor aller Augen geküsst hätte, doch dafür war keine Zeit. Sie mussten so schnell wie möglich von hier fort. Seine Gedanken überschlugen sich.
„In dem Gewimmel da draußen fallen wir nicht weiter auf, ich glaube nicht, dass wir Probleme haben werden, unerkannt an den Wachen vorbeizukommen.“
Er sah Jack an.
„Hol die Pferde, aber sage zu niemandem, wozu du sie brauchst, und verrate dich nicht durch übermäßige Eile, hast du mich verstanden?“ Jack nickte und verschwand.
„Wir müssen uns noch von Gilles verabschieden“, fiel Marie plötzlich ein.
Robert wurde ernst. „Das ist zu gefährlich. Bis jetzt hat mich noch niemand erkannt, und so soll es auch bleiben. Wir dürfen kein Risiko eingehen. Gilles wird es verstehen. Und jetzt mischt Euch unters Volk und versucht, durch das Tor zu kommen, ohne dass Euch jemand erkennt. Ich warte vor der Burg auf Euch.“
Marie sah ein, dass er recht hatte, und als ihr die Gelegenheit günstig erschien, lief sie mit zitternden Knien auf das Tor zu und schaffte es tatsächlich, unbemerkt an den Wachen vorbeizukommen. Sie hatte ihren Umhang höher geschlagen und ging neben dem Wagen eines Händlers her, wobei sie so tat, als ob sie zu ihm gehören würde.
Vor der äußeren Befestigungsmauer traf sie auf Robert, der sie zusammen mit Jack schon ungeduldig erwartete. Stolz und zufrieden, dass sie die erste Hürde auf ihrer Flucht erfolgreich genommen hatten, hob er sie vor sich aufs Pferd.
„Endlich sind wir frei“, stieß er jubelnd hervor, „und ich kann mein Versprechen wahr machen, Euch für immer zu beschützen. Meine Mutter freut sich schon sehr darauf, Euch kennenzulernen“, flüsterte er ihr zärtlich ins Ohr.
Marie konnte ihr Glück noch gar nicht richtig fassen. Es war alles so schnell gegangen, dass sie kaum wusste, wie ihr geschehen war. Doch als ihr der Wind nun ins Gesicht fuhr, weil Robert sein Pferd zu einem schnellen Galopp antrieb, begriff sie auf einmal, dass sie hier und jetzt einem neuen Leben entgegenritt.
Sie ritten die ganze Nacht über und legten jeweils nur kurze Pausen ein, bis sie schließlich am nächsten Tag unbehelligt die Abtei erreichten. Robert überließ Jack die schweißnassen Pferde und ließ sich sofort bei Abt Simon melden. Dann eilte er, gefolgt von Marie, zur Krankenstube. Noch bevor er den Abt traf, musste er wissen, welche Fortschritte Bernards Rekonvaleszenz in der Zwischenzeit gemacht hatte.
Bernard saß mit einer Schale in der Hand im Bett und löffelte seinen Eintopf. Bei Roberts Eintreten sah er überrascht auf. Er war noch immer blass im Gesicht, aber die dunklen Schatten unter seinen Augen waren schon erheblich zurückgegangen.
„Ihr seid schon zurück? Was ist geschehen?“ Dann fiel sein Blick auf Marie, die hinter Robert getreten war, und ein bewundernder Ausdruck trat in seine Augen. Das schüchterne blasse Mädchen von damals war zu einer Frau herangewachsen, die ohne Zweifel eine Schönheit war und eine faszinierende Ausstrahlung besaß.
„Es scheint, als hättet Ihr mich um mein wohlverdientes Abenteuer gebracht, auf das ich lange genug warten musste“, bemerkte er grinsend.
Er schob sich den Rest des Eintopfes mit dem Holzlöffel in den Mund und sah Robert erwartungsvoll an.
„Hat mein Anblick Euch die Sprache verschlagen? Ich möchte wissen, wie es Euch ergangen ist. Ist es möglich, dass der grausame Herr von Coucy ein Einsehen gehabt und Euch Marie kampflos
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