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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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sooft sie die Zeit dazu fand. Eine Weile lauschte sie dem Gesang der Vögel und genoss die Wärme der Sonne, die nicht mehr ganz so heiß schien wie noch vor wenigen Wochen.
    Aus dem hinteren Teil des Gartens, zwischen Brunnen und Abort, drang der Duft von unzähligen Kräutern zu ihr nach vorne. Liebstöckel und Fenchel standen dort in Reih und Glied neben Minze, Salbei, Petersilie und Kreuzkümmel.
    Nach der Hochzeit ihrer ältesten Tochter würde es Zeit, sich auch nach einem Bräutigam für Martha und Agnes umzusehen. Da sie keinen Sohn hatten, war es naheliegend, eine der beiden mit Henry zu verheiraten. Henry war ein tüchtiger junger Mann und könnte die Geschäfte später einmal in ihrer aller Sinn weiterführen.
    Sie wunderte sich, dass Jean noch kein Wort darüber verloren hatte, und beschloss, ihn nach seiner Rückkehr darauf anzusprechen. Und was Maries Zukunft betraf, war es ebenfalls langsam an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen.
    Ihre Gedanken ließen sie schläfrig werden. Eleonore fielen die Augen zu, und sie erwachte erst wieder, als die Sonne längst hinter den Häusern verschwunden war.

8
    Die Messe in Troyes war in jeder Hinsicht gut verlaufen. Jean hatte äußerst lohnende Geschäfte abgeschlossen und neue Kontakte nach Flandern und Venedig knüpfen können. Am letzten Abend entschloss er sich, in der Herberge „Zum roten Hahn“ zu übernachten, in der sich während der Messe überwiegend Kaufleute aufhielten.
    Die Unterkünfte in der Stadt waren zum jetzigen Zeitpunkt alle überfüllt, und die Wirte nutzten die Situation, indem sie die Preise kräftig anhoben.
    Henry war am Stand geblieben, um den Wagen und die Pferde zu bewachen. Wie die meisten Angestellten und Knechte schlief er unter einer einfachen Zeltplane.
    Und ebenso zogen es die weniger betuchten Händler im Sommer vor, unter freiem Himmel zu schlafen, anstatt die Nacht in einer stickigen, verdreckten Kammer und einem Bett voller Flöhe und Wanzen zu verbringen, für das man zudem noch teures Geld bezahlen musste.
    Die Luft in dem verrußten Gastraum war schlecht und unerträglich stickig.
    Der Geruch von Gebratenem und ranzigem Tran vermischte sich mit den Ausdünstungen der Gäste und etwas anderem Undefinierbarem, dem man besser nicht auf den Grund ging.
    Über dem Feuer hing ein saftiger fettiger Braten, der von einem schmierigen Kerl bewacht und von Zeit zu Zeit gewendet wurde, damit er nicht anbrannte und schwarz wurde.
    Jeans Magen machte sich mit einem lauten Knurren bemerkbar. Er fand einen Platz in der Nähe der steilen Treppe, die zu den Schlafkammern hinaufführte, und betrachtete das rege Treiben um sich herum, während er auf den Wirt wartete, um seine Bestellung aufzugeben.
    Am Nebentisch saßen einige Kaufleute und Händler, die sich lautstark die Zeit mit Würfeln vertrieben. Ihre verschwitzten Gesichter waren vom Alkohol gerötet, und sie schienen schon eine ganze Weile hier zu sein, was darauf schließen ließ, dass auch sie gute Geschäfte getätigt haben mussten.
    Die Tische in dem kleinen Gastraum waren allesamt besetzt, und die vielen Kreidestriche an den Wänden, mit denen der Wirt die Anzahl der bestellten Krüge markierte, zeigten, dass dieser ebenfalls ordentlich verdiente.
    Neben dem Eingang räkelte sich eine abgetakelte Dirne mit rot bemalten Lippen auf dem Schoß eines Händlers, dem man unschwer ansehen konnte, dass er weit über den Durst hinaus getrunken hatte.
    Seine linke Hand grabschte prüfend nach den schweren Brüsten der nicht mehr ganz jungen Frau. Er schien mit dem Ergebnis zufrieden, denn er erhob sich wankend und verschwand mit der Hure in einer der oberen Kammern.
    Nicht weit von Jean entfernt versuchte ein anderes, nicht minder spärlich bekleidetes junges Mädchen mit langen dunklen Haaren vergeblich, die Aufmerksamkeit der spielenden Männer auf sich zu lenken. Verführerisch wiegte sie sich in den Hüften und zeigte ihren kleinen, festen Hintern, doch sie hatte weit weniger Glück als ihre ältere Kollegin. Die Männer waren zu sehr mit ihren Würfeln beschäftigt, um ihr Beachtung zu schenken.
    Der Blick des Mädchens richtete sich daher nach einer Weile voller Hoffnung auf den Neuankömmling Jean, aber schon nach wenigen Minuten sah sie ein, dass sie sich auch hier umsonst bemühte, und begab sich daraufhin mit gelangweiltem Gesichtsausdruck zu der breiten, wurmstichigen Holztheke, hinter der verschiedene Wein- und Bierfässer standen.
    Der neue Gast war noch entschieden zu

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