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Die Blutgabe - Roman

Die Blutgabe - Roman

Titel: Die Blutgabe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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gern er es auch wollte. Es hatte keinen Sinn.
    »Ich stelle dir diese Frage nur ein einziges Mal.« Die Stimme des Doktors war noch immer gelassen. So gelassen, dass Kris am liebsten davongelaufen wäre. »Und ich will eine ehrliche, ausführliche Antwort. Eins muss dir klar sein: Das hier ist deine letzte Chance, mich von deinen lauteren Absichten zu überzeugen. Gefällt mir deine Wahrheit nicht, werde ich dich bitten, White Chapel augenblicklich zu verlassen. Entscheidest du dich, zu schweigen, ist unsere Zusammenarbeit ebenfalls beendet. Wenn du aber redest, und ich erwische dich dabei, dass du lügst oder deine Gabe einsetzt, werde ich dich von Sid aus der Station jagen lassen und erteile dir ewiges Hausverbot – solltest du es lebend hinaus schaffen. Und ich werde dich erwischen, Kris. Auch das sollte dir bewusst sein, wenn du deine Entscheidung triffst. Verstehen wir uns?«
    Kris schluckte. Es fiel ihm schwer, in Cedrics stechend gelbe Augen zu sehen, ohne den Blick abzuwenden. Natürlich verstand er. Cedric war mehr als viermal so alt wie er. Er konnte die Wahrheit mit seiner Gabe aus seinem Kopf herauszerren, wenn er es für nötig hielt. Kris wusste nur zu gut, dass er im Ernstfall nichts gegen den Doktor ausrichten konnte. Selbst wenn er gewollt hätte.
    Doch er wollte es nicht einmal.
    Zögernd nickte er.
    Cedrics Augen verengten sich prüfend. Dann aber verzogen sich seine Lippen zu einem grimmigen Lächeln. »Warum bist du hier, Kris Saturnine?«
    Ein nervöser Klumpen ballte sich in Kris’ Magen zusammen, obwohl er keine andere Frage erwartet hatte. Die Wahrheitzu sagen, war so schwer! Es gab so viele Antworten, und keine von ihnen durfte er aussprechen. Was also sollte er tun? Cedric würde ihn höchstwahrscheinlich aus der Forschungsgruppe werfen, egal, welche Antwort er wählte. Wenn er schwieg, musste er ebenfalls gehen. Aber das wollte er auf keinen Fall. War der Versuch den Verrat also wert? Kris dachte an Céleste, und die Wut begann von Neuem in ihm zu brodeln. Wäre es nur um sie gegangen, er hätte nicht einen Augenblick länger gezögert, sie auf der Stelle als seine Auftraggeberin zu nennen und alle Schuld auf sie zu schieben. Cedric würde wissen, wer sie war. Céleste, die jahrzehntelang dem Konsul von Paris vorgesessen hatte und vor dem Bürgerkrieg eine der einflussreichsten Vampirinnen Europas gewesen war. Céleste, die mit ihrem dramatischen Rücktritt aus der Politik gegen das World Parliament protestiert und dadurch Weltberühmtheit erlangt hatte. Céleste, von der niemand wusste, dass sie hier in Kenneth versteckt einen erneuten gesellschaftlichen Umbruch vorantrieb. Das Parlament wäre über jede Information sie betreffend sicher äußerst dankbar. Würde sie durch Kris’ Verrat unter Arrest gestellt – nichts hätte ihn weniger kümmern können. Aber es ging nicht mehr nur um sie. Seit gestern Nacht ging es auch um Red. Und ihn würde Kris keinem Risiko aussetzen, wenn er es nur irgendwie vermeiden konnte. Wenn er dafür White Chapel verlassen musste – nun, dann war das nicht zu ändern.
    Entschlossen richtete er sich auf. »Ich will das Unmögliche möglich machen«, sagte er so ruhig, wie er konnte. »Ich will Vampire sterblich machen.«
    Sekundenlang sagte Cedric gar nichts. Nur seine Augenbrauen hoben sich überrascht.
    »So. Und warum das?«
    Kris konnte ein Beben in der Stimme des Doktors hören, das ihn ein wenig erstaunte. Seine Worte schienen den älteren Vampir mehr getroffen zu haben, als er erwartet hatte.
    »Um die Welt ein für alle Mal von der Seuche der Bluter zu reinigen.« Er starrte Cedric nun gerade in die Augen.
    Die gelben Iriden des Doktors funkelten. Er verstand. »Die
Bloodstalkers
«, sagte er leise.
    Kris nickte langsam. Mehr wagte er nicht. Jedes weitere Wort würde Red in Gefahr bringen. Vielleicht sogar Blue, auch wenn er insgeheim hoffte, dass der Doktor ein Versuchsobjekt, mit dem sie so gewaltige Fortschritte erzielt hatten, nicht in die Anstalt schicken würde. Red aber war ein Mensch, der aus einer OASIS geflohen war – und genau dorthin würden die Spezialkommandos des World Parlament ihn zurückbringen, falls Insomniac Mansion durchsucht würde. Ihn wegsperren. Seine Erinnerung löschen. Der Gedanke war Kris unerträglich.
    Eine ganze Weile schwieg Cedric und musterte Kris mit undeutbarem Blick. Dann plötzlich jedoch wandte er mit einer ruckartigen Bewegung den Kopf zur Seite und unterbrach den Augenkontakt. »Der Fußboden im Labor

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