Die Blutgabe - Roman
und riss den Kopf grob zurück. Dann hieb er die Zähne in den schmutzigen Hals.
Schweigend sah Cedric zu, wie die Schatten zurückwichen, während Kris seinem Opfer das Leben aussaugte.
Als von dem Menschen nichts weiter als eine blutleere Hülle übrig war, lag der Flur wieder in kalter Helligkeit, als sei nichts geschehen.
Schwer atmend ließ Kris den leblosen Körper fallen. Blut tropfte von seinen Zähnen und lief über sein Kinn.
»So.« Cedric sah ihm mit festem Blick in die Augen, von denen allmählich der Schleier verschwand. »Und jetzt erkläre dich.«
Sekundenlang starrte Kris ihn wortlos an. Dann presste erdie Lippen zusammen und senkte den Kopf, den Blick starr auf den Leichnam zu seinen Füßen gerichtet.
»Frag nicht.« Seine Stimme klang mühsam beherrscht. Er schob die Hände in die Taschen seines Kittels, doch Cedric hatte das Zittern bereits gesehen. »Ich müsste dich anlügen. Zwing mich nicht dazu.«
Cedric verschränkte die Arme vor der Brust. Es drängte ihn, auf einer Antwort zu beharren. Aber würde das einen Sinn ergeben? Kris hatte gerade sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass er seine wahren Gründe nicht preiszugeben gedachte. Ein erneuter Blick zu Katherine sagte Cedric auch, dass sie sich ebenfalls unwohl in ihrer Haut fühlte. Sie aber wollte er vor Kris nicht ins Verhör nehmen. Er würde später mit ihr sprechen. Und dann auf Kris zurückkommen.
»Es ist persönlich«, sagte in diesem Moment Kris mit unerwartet fester Stimme.
Cedric sah ihn überrascht an. Er hatte nicht mehr mit weiteren Erläuterungen gerechnet. Doch der junge Vampir stand nun aufrecht und begegnete Cedrics Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Ich weiß, ich habe dir versprochen, mich zu bessern. Und das werde ich. Nur in dieser Nacht – ist einiges nicht so gelaufen, wie ich gehofft hatte.«
Cedric betrachtete Kris mit einem langen, prüfenden Blick. Er sah wirklich müde aus, dachte er. Und auf eine grimmige Art verzweifelt. Beinahe tat er Cedric leid.
»Nun«, sagte er, »es scheint, als könnten wir für den Moment ohnehin nichts an der Situation ändern.«
Er sah zu der dicken Stahltür hinüber. Der Bluter war ruhig geworden und kauerte leise wimmernd am Boden. DochCedric ahnte, dass sich keiner von ihnen jetzt noch auf die Arbeit würde konzentrieren können.
»Geh schlafen. Wir kümmern uns um alles Weitere. Du bist für heute beurlaubt.« Er nickte Kris zu und hoffte, dass er nicht widersprechen würde. Cedric hasste es, sich Gehorsam erzwingen zu müssen. Aber in diesem Fall konnte er auf seine eigenen Vorlieben kaum Rücksicht nehmen.
Kris jedoch senkte nur folgsam den Kopf. »Danke, Cedric.«
Cedric bemühte sich, keine Miene zu verziehen. »Und nimm diesen Kadaver mit.« Er vertraute darauf, dass Kris umsichtig genug sein würde, die Leiche so zu entsorgen, dass niemand darauf aufmerksam wurde.
Schweigend lud sich der jüngere Vampir den leblosen Körper auf die Schulter. Sein Blick huschte kurz zu Katherine und traf dann wieder Cedric.
»Dann … bis morgen«, sagte er leise und wandte sich ab, um mit langsamen Schritten den Weg zurück zum Fahrstuhl zu nehmen.
Cedric und Katherine sahen ihm nach, bis die Tür ihnen die Sicht versperrte. Cedric atmete tief durch. Das alles gefiel ihm ganz und gar nicht.
Neben ihm verlagerte Katherine unruhig ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Doch Cedric sah sie nicht an. Als Erstes mussten sie jetzt für den jungen Bluter sorgen, bevor er wieder zu toben anfing.
»Also dann. An die Arbeit. Ich gehe rein.« Cedric griff nach dem Riegel. »Warte im Versuchsraum auf mich.«
Er wusste, das Katherine gern etwas gesagt hätte. Aber sie tat es nicht, sondern entfernte sich wortlos. Natürlich, auch Cedric war nicht begeistert davon, die Tests nun ohne Krisdurchführen zu müssen. Trotzdem wollte er eine weitere Verzögerung vermeiden.
Mit einem letzten Seufzer betrat er den Raum, um den Bluter auf die Versuche vorzubereiten.
Kurze Zeit später beobachtete Cedric gemeinsam mit Katherine durch das verspiegelte Fenster den jungen Progressiven, wie er hungrig über den nackten Körper des Menschenmädchens herfiel.
Aus dem Augenwinkel betrachtete er Katherines angespanntes Gesicht. Ihr Unterkiefer war vorgeschoben, ihre Lippen zu einem schmalen Strich verkniffen, als müsse sie sich mit aller Kraft zwingen, nicht mit dem herauszuplatzen, was ihr so offensichtlich auf der Seele lag.
»Du wolltest mir noch etwas sagen«, bemerkte
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