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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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und ließ eine ferne Musik mehr ahnen als hören. Im Rund des Bogens zeigten sich unzählige Köpfe.
    Gallardo reihte sich mit zwei Kameraden in den Zug ein und grüßte die anderen mit einem ernsten Kopfnicken. Sie tauschten kein Wort, kein Lächeln. Jeder dachte nur an sich, ließ seine Gedanken weit wegfliegen oder starrte leeren Blickes vor sich hin, mit jener Gedankenlosigkeit, welche sich so oft vor ernsten Augenblicken einstellt. Ihre innere Spannung suchte nach äußerer Ablenkung: sie richteten sich ihren Mantel, ohne damit fertig zu werden, ließen ihn über die Schulter herabfallen, rollten ihn um ihre Hüfte, wobei sie darauf achteten, die hellen Farben des Wamses und der Beinkleider nicht zu verdecken. Alle Gesichter waren bleich, ohne jedoch fahl zu sein, denn die Aufregung hatte einen glänzenden Firnis von Schweißperlen über ihr Antlitz gelegt. Sie dachten an die Arena, die sie bis jetzt noch nicht betreten hatten, und fühlten die unwiderstehliche Furcht vor den Dingen, die sich jenseits abspielen sollten, die Angst vor einer unsichtbaren Gefahr, die man ahnt, ohne sie zu sehen. Wie wird der Tag enden? Diese Frage stand auf aller Mienen.
    Als sich der Zug der Toreros formiert hatte, setzten sich zwei Reiter in altertümlicher Tracht an die Spitze der Schar, die Türe, welche in die Arena führte, öffnete sich nun in ihrer ganzen Breite und der große Platz, auf dem das blutige Spiel zur Belustigung und Aufregung von vierzehntausend Personen vor sich gehen sollte, erschien in seiner ganzen Ausdehnung. Das anfangs dumpfe Summen wurde stärker und ging in einen flotten, eigenartigen Marsch über, der Beine und Hüften nach dem Takt der Musik sich bewegen und straffen ließ.
    »Vorwärts!« Und die Stierkämpfer traten, mit den Augenvor dem plötzlichen Übergang zwinkernd, aus dem Schatten ins Licht, aus der Stille der dunklen Galerie in das Gebrause des Zirkus, auf dessen Tribünen die Menge unter dem Wellenschlag der Neugierde erschauerte und sich erhob, um besser zu sehen.
    Die Toreros schritten vor und es hatte infolge der Größe des Zirkus auf einmal den Anschein, als ob sie immer kleiner würden. Sie waren wie glänzende Puppen, deren Goldstickerei in der Sonne glitzerte. Ihre anmutigen Bewegungen versetzten die Menge in eine ähnliche Begeisterung, wie sie ein Kind vor einem schönen Spielzeug empfindet. Ein wilder Enthusiasmus, der die Menge durchraste, und sie aufspringen ließ, ohne zu wissen warum, ergriff den ganzen Platz. Die Zuschauer applaudierten, die Feurigsten und Aufgeregtesten schrien, die Musik fiel lärmend ein und mitten in diesem Getöse, das von allen Seiten anschwoll, rückte der Zug der Stierkämpfer langsam und feierlich, gemessenen Schrittes, in freier und ungezwungener Haltung vor. Einige weiße Tauben schwebten, ohne sich von der Stelle zu rühren und wie betäubt von dem Orkan, der aus diesem Ziegelkrater aufstieg, hoch oben in der Luft.
    Die Männer wurden, als sie so in die Arena einzogen, von einem anderen Gefühl erfaßt. Sie setzten ihr Leben für mehr als nur für Geld aufs Spiel. Die Ungewißheit und die Furcht vor dem Unbekannten hatte sie in dem Augenblick verlassen, als sie die Arena betraten. Nun durchschritten sie den Zirkus, nun standen sie vor dem Publikum, die Wirklichkeit war da. Und die Ruhmbegierde ihrer wilden und einfachen Seelen, das Bestreben, die Kameraden zu übertreffen,das Bewußtsein ihrer Kraft und Geschicklichkeit ließ alle Furcht zurücktreten und verlieh ihnen neuen Mut.
    Gallardo war wie verwandelt. Er richtete sich beim Gehen auf, um größer zu sein. Er bewegte sich mit dem Stolz eines Eroberers, blickte mit einer triumphierenden Miene nach allen Seiten herum, als wenn seine Gefährten überhaupt nicht da wären. Alles gehörte ihm, der Zirkus und das Publikum. Er fühlte sich stark genug, allein alle Stiere zu erlegen, welche man in Andalusien und Kastilien auftreiben konnte. Alle Zurufe galten ihm und er zweifelte nicht, daß die Frauen nur nach ihm allein ausblickten. Das Publikum vergötterte ihn, und während er auf seinem Rundgang voll Eitelkeit lächelte, als ob diese ganze Ovation nur seiner Person gälte, musterte er die Sitze der Tribünen, um zu wissen, wo sich seine Anhänger befanden.
    Sie grüßten den Präsidenten indem sie die Kappe schwenkten, und dann löste sich der glänzende Zug auf, um den Reitern und Stallburschen Platz zu machen. Während ein Alguacil den Schlüssel, den ihm der Präsident herunterwarf, in

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