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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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seinem Hute auffing, ging Gallardo zu der Tribüne, auf der seine Anhänger saßen, und gab ihnen seinen prachtvollen Mantel. Das herrliche Stück, nach dem sich zahlreiche Hände ausstreckten, wurde über die Brüstung gehängt, als wäre es eine Fahne, ein heiliges Symbol der Partei. Andere hatten sich erhoben und grüßten den Torero mit Händeklatschen und Stockschwenken und er lächelte voll Befriedigung über seine Beliebtheit. Dann rief er ihnen zu: »Dank euch allen, ich werde mein Bestes geben.«
    Nicht nur seine Anhänger waren voll Hoffnung, als sieihn sahen, auch die Übrigen blickten mit festem Vertrauen auf ihn. Er war ein Torero, der, wie seine Freunde versicherten, einen »schönen Kampf« versprach, und das hieß, daß man sich auf manche, unvorhergesehene Wendungen gefaßt machen konnte. Alle glaubten, daß es ihm bestimmt sei, im Zirkus unter dem Horn eines Stieres zu bleiben, und das bewirkte es, daß sie ihm mit solch wilder Begeisterung entgegenjubelten. Mit dem gleichen Gefühl müssen oft die Zuschauer vor wilden Tieren auf den Augenblick warten, daß die Bestien über ihren Bändiger herfallen und ihn zerfleischen.
    Gallardo lächelte nur über all diese Leute, welche sich für genaue Kenner der Stierfechtkunst hielten und einen schlechten Stoß für unmöglich erklärten, wenn sich der Torero nach den Regeln richte. Die Regeln! Er kannte sie nicht und legte keinen Wert darauf, sie zu kennen. Kraft und Kühnheit war notwendig, um zu siegen und gewissermaßen blindlings, nur mit seiner Tollkühnheit und seiner körperlichen Kraft, hatte er seine Laufbahn durchmessen und das Publikum bis zur Siedehitze der Begeisterung mitgerissen. Er war nicht, wie andere Toreros, langsam in die Höhe gekommen, indem er die Vorstufen des peon und banderillo in der Truppe eines großen Meisters abdiente. Die Hörner der Stiere verursachten ihm keine Furcht. »Der Hunger bohrt tiefer«, sagte er. Das Wichtigste war, schnell bekannt zu werden und das Publikum hatte ihn gleich als Stierkämpfer gesehen, der im Laufe weniger Jahre eine ungeheuere Popularität erlangt hatte. Man bewunderte ihn in dem Maße, als man seinen Untergang für sicher hielt. Das Publikum raste vor Begeisterung über die Tollkühnheit, mit der er mit demTode spielte. Das war ein Torero, der sich nicht schonte: Er gab alles, sogar das Leben. Er war das Geld wert, welches man zahlte. Und mit der Grausamkeit derer, welche eine Gefahr vom sicheren Platze aus sehen, bewunderte das Volk seinen Helden. Die Vorsichtigen hielten seine Bravourstücke für Selbstmord und murmelten: »Wenn ihm nur nichts passiert!«
    Hörner und Pauken ertönten und der erste Stier sprang in die Arena. Gallardo, der nun einen einfachen schmucklosen Mantel umgeworfen hatte, blieb an der Balkenwand vor der Loge seiner Anhänger stehen und zeigte in der Annahme, aller Augen auf sich gerichtet zu sehen, eine sorglose Unbeweglichkeit. Dieser Stier war für einen anderen bestimmt, er wollte sich schon bemerkbar machen, wenn er den Augenblick für gekommen hielt. Doch der Beifall für die Lanzenstöße seiner Gefährten schreckte ihn aus dieser Teilnahmslosigkeit auf und trotz seines Vorsatzes stürzte er sich auf den Stier, wobei er mehr Beweise der Kühnheit als der Kunstfertigkeit gab. Der ganze Zirkus klatschte seinem Liebling Beifall für die Proben dieser Unerschrockenheit.
    Als Fuentes den ersten Stier getötet und vor der Präsidentenloge die Menge gegrüßt hatte, da erbleichte Gallardo, als ob jeder Beweis der Anerkennung, der nicht ihm galt, eine Zurücksetzung seiner Person wäre. Nun kam die Reihe an ihn: jetzt sollten sie etwas noch nicht Dagewesenes erleben. Er wußte zwar selbst nicht was, aber er war entschlossen, das Publikum in Angst und Aufregung zu versetzen.
    Kaum war der zweite Stier draußen, als Gallardo mitseiner Beweglichkeit und dem Wunsche, sich auszuzeichnen, auch schon den ganzen Platz auszufüllen schien. Sein Mantel flog immer um das Maul des Tieres. Ein Lanzenstecher seiner Cuadrilla wurde vom Pferde geschleudert und blieb schutzlos vor den Hörnern liegen. Er schien verloren zu sein, als der Torero den Schweif des Tieres mit solcher Gewalt an sich riß, daß er den Stier zwang, auszuweichen, bis sich der Reiter in Sicherheit bringen konnte. Das Publikum klatschte voll Begeisterung.
    Als die Abteilung der Banderillos kam, blieb Gallardo abseits, um auf das Zeichen zu warten, den Todesstoß zu führen. Der Nacional hielt seine Lanze in der Hand

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