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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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er fühlte, daß jemand trotz seines Befehles hinter ihm stand, blickte er nach rückwärts. Fuentes war ihm mit dem Mantel auf dem Arme gefolgt und stellte sich, als hätte er seinen Befehl nicht gehört. Er war bereit, ihm zu helfen, sollte er seinen Beistand benötigen. »Laß mich, Antonio«, sagte Gallardo zornig, jedoch mit solcher Achtung in seinem Tone, als würde er zu seinem älteren Bruder sprechen. Und sein Blick war so zwingend, daß Fuentes die Schulter hob, als wollte er damit sagen, daß er jede Verantwortung ablehne. Dann drehte er sich um und entfernte sich langsam mit der Überzeugung, in einem der nächsten Augenblicke eingreifen zu müssen.
    Gallardo entfaltete wieder das Tuch vor dem Hauptdes Stieres, der diesmal angriff. Er machte einen Schritt nach rückwärts. Bravo! riefen die Enthusiasten, als das Tier an ihm vorüberschoß. Aber es wandte sich schnell um und führte einen zweiten heftigen Stoß gegen den Mann, dem es das rote Tuch samt dem Degen aus der Hand riß. Als sich Gallardo so wehrlos und verfolgt sah, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich über die Barriere in Sicherheit zu bringen. Doch im gleichen Augenblick zog der Mantel des Fuentes die Aufmerksamkeit des Stieres auf sich. Gallardo, der noch auf seiner Flucht erriet, daß der Stier von ihm abließ, sprang nicht über die Barriere, er setzte sich auf einen Pfeiler und blieb dort einige Augenblicke, während welcher er seinem Feinde ruhig in die Augen blickte. Seine Niederlage verwandelte sich in den Augen der Zuschauer auf einmal in prahlerische Sorglosigkeit, die man mit neuem Beifall begrüßte.
    Inzwischen hatte Gallardo Tuch und Degen wieder bekommen und trat aufs neue dem Stier entgegen, diesmal aber mit weniger Sorglosigkeit, sondern vielmehr von dem Drange beherrscht, seinen Gegner, welcher ihn vor soviel Tausenden seiner Bewunderer zur Flucht genötigt hatte, mit einem sicheren Stoß zu erledigen. Er hatte kaum einen Schritt gemacht, da hielt er den entscheidenden Moment für gekommen und richtete sich auf, während er den Degen in die Höhe der Augen erhob. Das Publikum protestierte wieder, da es für sein Leben fürchtete. »Nicht stoßen, nicht, oh!...« Ein Schreckensschrei gellte über den großen Platz, ein Schauer, der die vielen Tausende von Zuschauern mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen aufspringen ließ, währendsich die Frauen das Gesicht verhüllten oder voll Schreck nach dem Arm ihres Nachbars griffen.
    Der Stoß des Toreros hatte einen Knochen getroffen und sein Sprung war durch dieses Hindernis auf einige Sekunden aufgehalten worden, was aber genügte, daß ihn der Stier mit einem Horn erfaßte. Gallardo wurde in der Mitte des Körpers in die Höhe gehoben und der starke Mann sah sich plötzlich mit seinem ganzen Gewicht wie eine leichte Strohpuppe auf dem Horne hin und her geschüttelt, bis ihn die Bestie mit einer Bewegung des Schädels derart wuchtig in die Arena schleuderte, daß er mit ausgestreckten Armen wie ein goldener seidener Hampelmann liegen blieb. »Er ist tot, ein Stoß in den Bauch«, schrien die Leute auf den Tribünen. Doch Gallardo erhob sich mitten unter den Stierfechtern und anderen Leuten, welche zu seiner Hilfe und seinem Schutze herbeieilten. Er lächelte, betastete seinen Körper und hob dann die Schulter, um dem Publikum zu zeigen, daß er unverletzt geblieben war. Das Horn war nur in die dicke Seidenhülle der Schärpe gedrungen. Wieder nahm er den Degen in die Hand, doch diesmal hatte er nicht die Absicht sich lange zu spielen, denn er wußte, daß der Kampf kurz, aber schrecklich sein werde. Er stürzte sich mit solcher blinden Verwegenheit auf den Stier, als glaubte er selbst nicht mehr an die Möglichkeit, unverletzt dem Horn der Bestie zu entgehen: Er war entschlossen zu siegen oder zu sterben, jedoch sofort, ohne weitere Vorsichtsmaßregeln für seine Person zu treffen. Er hatte einen roten Schein vor den Augen, als würde er durch Blut blicken. Wie ein weites, aus einer anderen Welt kommendes Geräuschhörte er die Rufe der Menge, die ihm Vorsicht anempfahlen.
    Er machte zwei Schritte, gefolgt von einem Kameraden, der sich an seiner Seite hielt, und mit Gedankenschnelle, mit der Geschwindigkeit einer losgelassenen Feder stürzte er sich auf den Stier und gab ihm einen Stoß, den seine Bewunderer mit einem Blitz verglichen. Er hatte so gewaltig zugestoßen, daß er beim Rücksprung von der Spitze eines Horns gestreift und einige Schritte zurückgeworfen wurde.

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