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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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Doch blieb er stehen, während das Tier in seinem rasenden Laufe auf der anderen Seite des Platzes niederstürzte, die Füße ausstreckte und das Maul in den Sand wühlte, bis es durch einen zweiten Stich erlöst wurde.
    Die Zuschauer schienen vor Begeisterung außer Rand und Band geraten zu sein. Welch herrlicher Kampf! Dieser Gallardo war sein Geld wert, die Leute konnten drei Tage in den Kaffeehäusern von ihm sprechen. Welche Kraft, welcher Mut! Manche blickten in ihrer Begeisterung nach rechts und links, als ob sie Gegner ihres Enthusiasmus suchten.
    Als der letzte Stier gefallen war, da brach eine Sturmflut in die Arena herein. Alle umringten Gallardo und begleiteten ihn auf seinem Triumphzuge von der Präsidentenloge bis zum Ausgang. Sie drängten sich an ihn, wollten seine Hände schütteln, seine Kleider erfassen und schließlich packten sie, ohne auf die Stöße des Nacional und der anderen Banderillos zu achten, Gallardo bei den Füßen und hoben ihn auf ihre Schultern, auf welchen sie ihn bis auf die Straße hinaustrugen. Der Torero schwenkte dieKappe und grüßte die Leute, die ihm zuklatschten. Er ließ sich in seinem Galakleide wie einen Gott bejubeln und stand unbeweglich und stolz über den tausenden Hüten und Kappen, die man ihm mit allen Ausrufen der Begeisterung entgegenschwenkte.
    Als er die Alcalastraße zurückfuhr und die Grüße der Menge, welche zwar dem Kampfe nicht zugesehen hatte, jedoch über seine Triumphe schon unterrichtet war, entgegennahm, da erhellte ein Lächeln der stolzen Befriedigung sein schweißbedecktes Antlitz, auf welchem noch die Blässe der vergangenen Stunde zu sehen war.
    Der Nacional, dem der Unfall und der schwere Sturz seines Herrn Sorge machte, fragte, ob er Schmerzen fühle und nicht den Doktor Ruiz holen lassen wolle. »Es ist nichts, kaum der Rede wert, mir kann kein Stier etwas tun.« Doch wie wenn inmitten seines Übermutes die Erinnerung an die vergangene Schwäche auftauchte und er in den Augen des Nacional einen ironischen Ausdruck zu bemerken glaubte, fügte er hinzu: »Es gibt Dinge, die mir auf die Seele fallen ehe ich in die Arena gehe ... So etwa, wie der Duft der Frauen. Doch du hast Recht, Sebastian, wie sagst du immer? ›Gott oder die Natur‹, ja, so ist es, die beiden kümmern sich nicht um die Angelegenheiten eines Stierkämpfers. Hier handelt ein jeder wie er kann, kraft seiner Geschicklichkeit oder seines Mutes, ohne daß ihm Empfehlungen von der Erde und vom Himmel etwas nützen. Du hast Talent, Sebastiano, du solltest die Regeln unserer Kunst studieren«. Und im Optimismus seiner Fröhlichkeit betrachtete er den Banderillo wie einen Sachverständigen, ohne sich an die Scherze zuerinnern, die er immer über seine Reflexionen gemacht hatte.
    Als er vor seinem Hotel abstieg, begegnete er im Vestibül einer Anzahl begeisterter Anhänger und Bewunderer, welche ihn alle umarmen wollten. Sie sprachen mit solcher Überschwenglichkeit über seine Taten, daß ihre Worte einem Außenstehenden übertrieben und sinnlos vorkommen konnten. Gallardo machte sich aus diesen stürmischen Umarmungen so vieler Leute frei und eilte mit Garabato in den Korridor. »Schick sofort das Telegramm nach Hause. Du weißt schon: »Alles glücklich vorüber«. Der Diener entschuldigte sich, er müsse dem Torero beim Ausziehen helfen, die Leute des Hotels würden sich gerne der kleinen Mühe unterziehen, die Depesche zu befördern. »Nein, ich will daß du es machst. Ich werde auf dich warten. Doch mußt du noch ein zweites Telegramm aufgeben, du weißt schon, für jene Dame, für Doña Sol. Ebenfalls: Alles glücklich vorbei«.

II
    Al der Mann der Frau Angustias, Juan Gallardo, der bekannte Flickschuster im Stadtteil La Feria, starb, weinte die Witwe gebührend über diesen Verlust. Doch gleichzeitig fühlte sie im Grunde ihres Herzens die Genugtuung eines Menschen, der nach langer Wanderung Rast findet und sich von einer schweren Bürde befreit sieht. Während ihres zwanzigjährigen gemeinsamen Lebens hatte er ihr keine anderen Verdrießlichkeiten verursacht, als solche, welche auch die übrigen Frauen des Bezirkes ihren Männern vorwarfen. Von den drei Pesetas, die er täglich verdiente, gab er einen der Frau Angustias zur Bestreitung des Haushaltes, die zwei anderen behielt er für sich, um sie für seine Person und für die Kosten der Repräsentation zu verwenden. Er mußte sich doch den Freunden gegenüber erkenntlich zeigen, wenn sie ihn auf ein Glas Wein einluden.

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