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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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Und die andalusischen Weine sind teuer! Ferner besuchte er auch die Stierkämpfe, denn wozu lebt denn ein Mensch, wenn er nicht trinkt und sich nicht die Stiergefechte anschaut? Sie konnte sich also genug den Kopf zerbrechen und alle ihre Fähigkeiten anstrengen, um die Familie durchzubringen. Sie arbeitete als Bedienerin in den besseren Häusern des Bezirkes und der Nachbarschaft, vermittelte für eine bekannte Trödlerin Wäsche und Schmuckkäufe oder drehte Zigaretten, wobei sie wieder ihre frühereFertigkeit verwenden konnte, die sie seinerzeit erlernt hatte, als Juan sie noch von der Tabakfabrik abholte.
    Sie hatte sich niemals über Untreue oder schlechte Behandlung von Seiten ihres verstorbenen Gatten zu beklagen. Wenn er Samstag spät abends berauscht und mit Hilfe seiner Freunde nach Hause zurückkehrte, da kam auch Freude und Zärtlichkeit mit ihm zurück. Frau Angustias mußte ihn mit Püffen hereinstoßen, da er durchaus vor der Tür bleiben und seiner beleibten Lebensgefährtin ein Ständchen bringen wollte. Und nachdem sie endlich die Türe hinter ihm geschlossen hatte, wollte er die Kleinen sehen, die schon schliefen, er küßte sie, während ihm dicke Tränen über die Wangen herabliefen. Dann wiederholte er seine Lieder zu Ehren der Frau Angustias, er pries sie als die beste Frau, die man auf der Welt finden konnte, bis sich ihre Stirne glättete und ihre Lippen lachten, während sie ihn auszog und herumschob, als wäre er ein schwaches Kind. Das war sein einziger Fehler. Armer Teufel! Spiel und Weiber kannte er nicht. Seinen Egoismus, der ihn auf gute Kleidung achten ließ, während seine Familie in Lumpen herumlief, und seine ungerechte Verteilung des Arbeitslohnes machte er dann wieder durch plötzliche Großmut wett. Frau Angustias erinnerte sich mit Stolz an die Festtage, als ihr Juan sagte, den Schleier aus Manila und die Hochzeitsmantilla anzulegen, wie er die Kinder vorangehen ließ und nun an ihrer Seite mit weißem Strohhut und dem Spazierstock mit goldenem Griffe einherstolzierte, als wären sie reiche Kaufleute. An Tagen, an welchen der Eintritt zu den Stiergefechten herabgesetzt war, ging er mit ihr vorher auf den Platz und ließ ihr dort ein Glas Wein oder im Kaffeehauseine Erfrischung geben. Diese glückliche Zeit lebte nur mehr als eine schwache, aber liebe Erinnerung im Herzen der armen Frau. Ihr Mann erkrankte an Lungenschwindsucht und sie mußte ihn während zweier Jahre pflegen. Da hieß es sich natürlich doppelt plagen, um den Peseta hereinzubekommen, den ihr früher der Mann gegeben hatte. Schließlich starb er im Spital, ergeben in sein Los und überzeugt, daß das menschliche Dasein ohne Wein und Stierkämpfe keinen Reiz habe. Sein letzter Blick der Liebe und Dankbarkeit galt seiner Frau, als ob er mit den Augen sagen wollte: »Du bist die beste Frau auf der Welt«.
    Als sie Witwe war, hatte sich ihre Lage nicht verschlechtert. Sie konnte sich sogar freier bewegen, da ihr die Sorge um den kranken Mann genommen war, denn er hatte sie in den letzten zwei Jahren mehr gekostet, als die übrige Familie. Sie suchte nun gleich einen Beruf für ihren Sohn. Ihre Tochter Encarnacion, welche siebzehn Jahre alt war, kam in die Tabakfabrik, wo ihre Mutter ihre einstigen Freundinnen, welche jetzt Aufseherinnen waren, um Protektion gebeten hatte. Juan, der von klein auf im Schusterladen seines Vaters bei der Arbeit zugesehen hatte, mußte nach dem Willen der Mutter das gleiche Handwerk erlernen. Sie nahm ihn aus der Schule, wo er kümmerlich lesen gelernt hatte, und steckte ihn mit zwölf Jahren zu einem der besten Schuster von Sevilla in die Lehre. Von diesem Augenblick an begann die Leidenszeit der armen Frau.
    Ach, dieser Schlingel! Der Sohn eines so würdigen Vaters! Statt in dem Laden seines Meisters zu arbeiten, ging er alle Tage mit einigen Spitzbuben zum Schlachthaus, wosie dann unter dem Gelächter der Hirten und Schlächter die Stiere mit dem roten Mantel neckten, obgleich sie oft von den Füßen der Tiere und ihren Leibern derbe Stöße erhielten. Frau Angustias, welche die Nächte mit der Nadel durchwachte, um die Kleider des Jungen auszubessern, fand ihn dann vor der Haustüre, weil er sich fürchtete einzutreten und dennoch nicht auskneifen konnte, da ihn der Hunger trotz seiner zerrissenen Hosen, seiner schmutzigen Jacke, seines zerbeulten Kopfes und zerkratzten Gesichtes heimtrieb.
    Nach den Quetschungen und Beulen, die ihm die Rinder stießen, mußte er nun auch die

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