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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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Bravourstücke. Er ging ruhigen Schrittes bis in die Mitte der Arena, der Stier verfolgte seine Bewegungen mit neugierigen Blicken, erstaunt, plötzlich nur einen Mann vor sich zu sehen, während kurz vorher noch Mäntel vor seinen Augen geflattert, Lanzen sich in seinenHals gebohrt hatten und Pferde auf seine Hörner gesprungen waren, wie um sich freiwillig aufspießen zu lassen. – Der Mann hypnotisierte das Tier, er näherte sich so weit, daß er mit der Spitze der Lanze seine Stirne berühren konnte. Er machte kleine Schritte und der Stier folgte ihm, bis an das andere Ende der Arena. Die Bestie schien wie gezähmt zu sein und gehorchte jeder Bewegung, bis Fuentes endlich das Spiel aufgab, den Arm nach vorne streckte, seinen schlanken und zierlichen Körper auf die Fußspitzen hob, gelassenen Schrittes auf den Stier zuging und mit jeder Hand die bebänderte Wurflanze in den Hals des Tieres stieß. Er wiederholte unter stets wachsendem Applaus noch zweimal dieses gefährliche Spiel und diejenigen, welche sich für Kenner hielten, entschädigten sich nun für den Beifall, den Gallardo erhalten hatte. Das war ein wirklicher Torero, der seine Kunst verstand.
    Gallardo, der an dem Schranken lehnte, wischte sich mit einem Tuche den Schweiß vom Gesicht, wobei er sich mit dem Rücken zum Zirkus stellte, um die Bravourstücke seiner Kameraden nicht mit anzusehen. Außerhalb der Arena schätzte er die Rivalen mit der Brüderlichkeit, welche die gemeinsame Gefahr verleiht. Doch wenn er die Kampfbahn betrat, dann waren alle Feinde und ihre Erfolge schmerzten ihn wie Beleidigungen. Nun empfand er den Beifall der Zuschauer wie einen Raub, der seinen großen Triumph beeinträchtigte. Als der fünfte Stier, der für ihn bestimmt war, in die Arena sprang, da eilte er vorwärts mit dem Vorsatz, das Publikum durch seine Taten in neuerliche Raserei zu versetzen.
    Als ein Picador fiel, sprang er schnell herzu, hielt den Mantel vor und der Stier eilte an das andere Ende des Zirkus, wo er ihm durch alle möglichen Finten so zusetzte, daß das Tier schließlich unbeweglich und ganz erschöpft dastand. Alsdann stieß ihm Gallardo den Fuß in die Schnauze und hing ihm die Kappe auf seine Hörner. Dann wieder benützte er die Verblüffung des Tieres, um ihm seinen Körper entgegenzuhalten oder er kniete sich unmittelbar vor den funkelnden Augen seines Gegners nieder. Diejenigen der Besucher, welche sich als Anhänger der Regeln bekannten, protestierten verstohlen dagegen. Das waren Spiegelfechtereien und Hanswurstereien, die man zu anderen Zeiten niemals geduldet hätte ... Doch mußten sie, übertönt durch die Rufe der Zuschauer, schweigen.
    Als das Glockengeläute der Banderillos ertönte, blieben die Leute noch in Ungewißheit, als sie sahen, daß Gallardo dem Nacional seine Lanzen abnahm und sich mit diesen dem Stier näherte. Ein Ruf des Protestes erhob sich. Was? Er wollte sich mit den Lanzen abgeben? Alle kannten seine Ungeschicklichkeit in diesem Gange. Der blieb für die vorbehalten, welche ihre Laufbahn Schritt für Schritt zurücklegten, für solche, die sich an der Seite ihres Meisters geübt hatten, bevor sie selbst den Degen führen konnten. Und Gallardo hatte gleich dort begonnen, wo die anderen aufhörten. Der Doktor Ruiz rief laut und beugte sich dabei über die Schranken: »Laß das sein, Freund, du weißt warum. Nimm doch den Degen.« Aber Gallardo verachtete das Publikum und war taub gegen seine Zurufe, wenn er den Regungen seiner Tollkühnheit nachgab. Unbekümmert umdas Geschrei ging er gerade auf den Stier zu, und ehe sich dieser bewegen konnte, schleuderte er ihm eine Lanze in den Körper. Die nächsten trafen nicht gut, da sie ungeschickt geworfen wurden, und eine derselben fiel bei einer Bewegung des Stieres zu Boden. Das Publikum beklatschte mit der Schwäche, welche die Öffentlichkeit immer für ihre Lieblinge hat und mit der sie ihre Fehler entschuldigt, lächelnd die kühne Geste des Stierfechters. Gallardo wiederholte das Spiel mit den Lanzen noch mehreremale, so daß die Zuschauer in laute Rufe der Bewunderung ausbrachen. Von sechs Lanzen, die Gallardo geschleudert hatte, waren vier stecken geblieben und auch diese nur so oberflächlich, daß sie keine Schmerzen zu verursachen schienen. »Er spürt ja nichts«, schrien die Vertreter der Regeln in ihren Logen, während Gallardo mit Degen und Scharlachtuch sich dem Stiere näherte, seinem Glücksstern vertrauend. »Alle zurück!« rief er wieder, doch da

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