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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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sogleich in ihr Haus begeben.
    »Mensch, du bist ja ärger als ein Wolf!«, sagte der Vertreter, als er den Stierkämpfer aus dem Kaffeehaus herauszog. »Doña Sol erwartete deinen Besuch. Sie ist die letzten Nachmittage überhaupt nicht fort gegangen, da sie glaubte, du würdest jeden Augenblick erscheinen. So geht das nicht. Du bist ihr vorgestellt und schuldest ihr nach all dem, was vorgefallen ist, einen Besuch. Gebrauche den Vorwand, dich nach ihrem Befinden zu erkundigen.«
    Der Stierkämpfer blieb stehen und strich sich die Haare unter seinen Hut zurück.
    »Alles recht schön«, murmelte er voll Unentschlossenheit, »Sie wissen, daß ich gerade kein Neuling bin und mit Frauen umzugehen weiß. Doch mit der da, nein. Sie ist eine vornehmeDame, und wenn ich sie sehe, kommt es mir zum Bewußtsein, daß ich ein wilder Kerl bin. Da bleibt mir das Wort in der Kehle stecken. Nein, Don José, ich gehe nicht hinauf, ich darf nicht zu ihr gehen!«
    Doch sein Vertreter führte ihn in der Überzeugung, seinen Widerstand bald zu überwinden, bis zum Hause der Doña Sol, während er ihm von seiner letzten Zusammenkunft mit der Dame erzählte. Sie sei über Gallardos Fernbleiben etwas beleidigt. Ganz Sevilla hatte sie unter dem Vorwand, Erkundigungen über ihren Unfall einzuholen, besucht, nur er nicht.
    »Du weißt ganz gut, daß sich ein Torero mit einflußreichen Leuten gut stehen muß. Er soll zeigen, dass er Erziehung hat und nicht ein hergelaufener Stallbursche ist. Eine so einflußreiche Dame, welche dich auszeichnet und auf dich wartet... Kein Wort, ich werde mit dir gehen.«
    Und Gallardo seufzte bei diesen Worten tief auf, als würde ihm ein Zentnergewicht von der Brust fallen. Sie betraten das Haus der Doña Sol. Der Hof war in arabischem Stil gehalten und erinnerte mit seinen bunten, feingearbeiteten Bogen an die gleiche Vorlage der Alhambra. Der Strahl eines Springbrunnens, in dessen Becken Goldfische schwammen, plätscherte mit sanfter Eintönigkeit in der abendlichen Stille. In den vier Gängen, deren Decke mit Stuckarbeit verziert war und welche durch die marmornen Stützpfeiler von dem Hofe getrennt wurden, sah der Torero alte Kommoden, dunkel gewordene Bilder, Heiligenstatuen mit bleichem Antlitz, ehrwürdige, verrostete Eisenmöbel und wurmstichiges Holz, das zahllose Löcher wie von Schrottschüssen aufwies.
    Ein Diener führte sie über die breite Marmortreppe undda erblickte der Torero mit neuem Erstaunen verblaßte Bilder auf Goldgrund, Marienstatuen, die mit der Axt aus dem Holz herausgehauen zu sein schienen, Bruchstücke alter Altäre, Teppiche in der matten Farbe trockenen Laubes, deren Rand mit Blumen und Früchten umsäumt war. Die einen zeigten in kunstvoller Webearbeit Szenen der Passion, auf anderen bemerkte man mythologische Bilder.
    »Da sieht man erst, was es heißt, ungebildet zu sein!« sagte der Torero ganz erstaunt zu seinem Begleiter. »Und ich war der Meinung, daß das alles nur in die Klöster passe. Es scheint, daß die Reichen diese Sachen sehr hoch einschätzen!«
    Als sie den Salon betraten, flammten sogleich die elektrischen Lüster auf, während durch die Fenster der letzte Schein der untergehenden Sonne hereinfiel.
    Gallardo empfand eine neue Überraschung. Er war stolz auf seine aus Madrid bezogenen, prächtigen, geschnitzten Möbel, welche dem Besucher wuchtig und aufdringlich den Reichtum ihres Besitzers und den hohen Anschaffungspreis begreiflich zu machen schienen. Doch hier in diesem vornehmen Palaste fühlte er sich ganz desorientiert. Er sah leichte Sessel in weißer und grüner Farbe, Tische und Schränke von einfachen Linien, die Wände einfarbig ohne weiteren Schmuck als mit kleinen Bildern, welche in ziemlich gleichen Abständen voneinander verteilt waren und an starken Schnüren herabhingen, kurz, ein abgetönter und feiner Luxus, welcher das Werk von Feintischlern zu sein schien, »Da sieht man, was mangelnde Bildung ist«, sagte er beschämt und setzte sich behutsam nieder, als ob er fürchtete, den Stuhl unter seinem Gewichte zusammenzudrücken.Das Eintreten der Doña Sol verdrängte diese Gedanken. Sie kam, wie er sie früher noch niemals gesehen hatte, ohne Mantel und Hut, mit ihrem leuchtenden Haare, welches den romantischen Namen »Sol« (Sonne) zu erklären schien. Ein alabasterweißer Arm trat plastisch aus dem japanischen Kimono hervor, der sich mit seinen Hälften über der Brust kreuzte und noch den Ansatz ihres Halses sehen ließen, dessen Adern in

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