Die blutige Arena
Zirkus kamen, um Auskunft über den Zustand des Toreros.
Der Nacional, welcher noch sein Galakleid trug, zeigte sich mehrmals mit allen Zeichen immer größerer Aufregung, weil noch nichts für den Transport seines Herrn nach Hause geschehen war. Als die Leute den Banderillo sahen, vergaßen sie den Verletzten und brachten ihm neuerliche Ovationen dar. Doch der bescheidene Mann wies jedes Lob zurück. Was war das, was er getan hatte? Der arme Juan, der auf seinem Schmerzenslager mit dem Tode rang, war die Hauptperson.Beim Anbruch der Nacht wurde Gallardo auf einer Bahre aus dem Zirkus getragen. Die Menge folgte schweigend. Der Weg war lang. Der Nacional, der noch immer sein Galakleid trug, beugte sich jeden Augenblick über den Röchelnden und bat die Träger, halt zu machen.
Die Ärzte des Zirkus gingen hinterher, mit ihnen der Marquis de Moraima und Don José, Gallardos Vertreter, der halb ohnmächtig in den Armen einiger Klubmitglieder der »Fünfundvierzig« einherwankte. Die Menge war ganz außer sich, als ob einer jener Schicksalsschläge niedergesaust wäre, welcher die ganze Nation trifft und alle Menschen unter dem gleichen Unglück zusammenführt.
»Welch' ein Unglück, Herr Marquis«, sagte ein pausbackiger roter Bauer, welcher die Jacke über die Schulter geworfen hatte. Zweimal hatte er seine Dienste angeboten, um die Bahre zu tragen oder nach seiner Art behilflich sein zu können. Der Marquis schaute ihn voll Sympathie an. Es war sicher einer von den vielen Landleuten, welche ihn auf seinen einsamen Ritten zu begrüßen pflegten.
»Ja, mein Lieber, ein großes Unglück.«
»Und glauben Sie, daß er sterben muß?«
»Es ist zu befürchten, wenn ihn nicht ein Wunder rettet.«
Und der Marquis legte seinen Arm auf die Schulter des Unbekannten und schien die Trauer zu teilen, welche sich auf dessen Gesichte deutlich ausdrückte.
Die Ankunft im Hause Gallardos war eine traurige Szene. Verzweiflungsschreie drangen aus dem Innern, auf der Straße weinten andere Frauen, Nachbarinnen oder Freunde der Familie, da sie Juan schon für tot hielten.
Potaje mußte mit anderen Kameraden die Türe versperren, und die Leute mit Püffen und Stößen davon abhalten, in das Innere des Hauses zu dringen. Die Menge blieb auf der Straße und besprach das Ereignis. Alle schauten nach dem Hause, als suchten sie einen Blick durch das Fenster zu werfen.
Die Tragbahre wurde in ein Zimmer des Erdgeschoßes gestellt und der Torero mit unendlicher Sorgfalt in ein Bett gehoben. Er war in blutige Tücher und Binden eingewickelt, welche nach starken, antiseptischen Mitteln rochen. Das Gesicht des Verwundeten war bleich wie ein Blatt Papier. Er öffnete die Augen als er eine Hand in der seinigen spürte und lächelte ein wenig, als er Carmen erblickte, welche ebenso weiß wie er war, deren Augen brannten und einen solchen Ausdruck des Schreckens zeigten, als ob dies ihre letzte Stunde wäre. Die besonneren Freunde des Toreros legten sich klugerweise ins Mittel. Carmen mußte sich zurückziehen. Man hatte die Wunden nur notdürftig behandelt und den Ärzten blieb noch viel zu tun.
Man brachte die Frauen schließlich dazu, das Zimmer zu verlassen. Der Verletzte gab dem Nacional ein Zeichen mit den Augen, der Gerufene beugte sich über ihn und lauschte auf den leisen Hauch seiner Worte. Als er das Zimmer verließ, sagte er: »Juan will, daß man um Dr. Ruiz telegraphiere«. Doch der Vertreter des Torero erwiderte ihm, diesem Wunsche schon am Nachmittage zuvorgekommen zu sein, als er sich von der Schwere der Verwundung überzeugt hatte. Er war sogar sicher, daß sich der Doktor schon unterwegs befand.
Hierauf schickte Don José um die Ärzte, welche dem Verletzten die erste Hilfe im Zirkus geleistet hatten. Nach ihren anfänglichen Befürchtungen zeigten sie sich jetzt hoffnungsvoller. Es war möglich, ihn vielleicht doch durchzubringen ... Am gefährlichsten war der Chok, den er erlitten hatte, der fürchterliche Stoß, der jeden anderen unfehlbar auf der Stelle getötet hätte. Doch hofften sie, er werde aus der Ohnmacht erwachen, obwohl seine Schwäche sehr groß war ... Die Verletzungen machten ihnen weniger Sorge. Vielleicht würde der Arm etwas steif bleiben. Dagegen waren die Wunden am Bein nicht unbedenklich, da Gallardo infolge des mehrfachen Knochenbruches ein kürzeres Bein behalten könnte.
Don José, der vor einigen Stunden, als man den Tod des Torero als unabwendbar hinstellte, alle Anstrengungen gemacht hatte, ruhig
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