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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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aus der Fremde Nachricht geben. Gallardo gab sich im eigenen Hause keine Mühe, seine Verzweiflung zu verhehlen. Vor dem Schweigen seiner Frau, welche die Augen gesenkt hielt oder ihn finster anblickte, während sie sich gewaltsam zurückhielt, um nicht ihrerseits die Aussprache herbeizuführen, brach der Torero in Verwünschungen aus: »Zum Teufel mit diesem Leben. Wenn nur endlich ein Stier ein Ende machte.«
    Der Sonntag brachte für Gallardo das letzte Stiergefecht des Jahres. Er erhob sich des Morgens ohne die gewöhnlichen Angstbeklemmungen und kleidete sich früh an, mit einer nervösen Spannung, welche die Kraft seiner Glieder zu erhöhen schien. Welche Freude, durch die Arena zu laufen und mit seiner Tollheit und seinen kühnen Streichen 12 000 Zuschauer in Aufregung zu halten... Seine Kunst allein war Wahrheit, alles übrige, Familie, Liebschaften, diente nur dazu, das Leben schön und angenehm zu machen. Ach, wie wollte er sich heute auf den Stier werfen! Er fühlte die Kraft eines Riesen in sich. Er war ein anderer Mensch ohne Furcht und Empfindung, ja, er zeigte, ganz im Gegenteil zu seinemsonstigen Verhalten, schon Ungeduld, noch nicht die Arena betreten zu können.
    Als der Wagen kam, durchschritt Gallardo, ohne sich wie sonst bei den Frauen aufzuhalten, den Hof. Carmen zeigte sich nicht. Bah, die Frauen! Sie sind nur dazu da, einem das Leben zu verbittern. Dauernde Gefühle und fröhliche Gesellschaft kann man nur bei Männern finden. Da stand sein Schwager, der, obwohl eine lächerliche Plaudertasche, mehr wert war als die ganze Familie. Der verließ ihn niemals.
    Der Zirkus war bis auf den letzten Platz gefüllt, das große Stiergefecht am Ende der Saison hatte viele Leute, besonders vom Lande, angelockt. Gallardo zeigte gleich vom ersten Augenblick an die nervöse Spannung, die ihn ergriffen hatte. Er lief dem Stier entgegen und hielt ihn mit dem Spiel des Mantels hin, während die Lanzenreiter den Augenblick erwarteten, daß sich das Tier auf ihre Pferde stürzte.
    Im Publikum bemerkte man eine gewisse Voreingenommenheit gegen den Torero. Man applaudierte ihm wie immer, aber die Beifallsbezeugungen kamen nur von den Schattenzelten, wo die vornehmen Schichten saßen, während auf der Sonnenseite, wo die ärmeren Zuschauer in Hemdärmeln dem Kampfspiel zusahen, Stille herrschte.
    Gallardo erriet die Gefahr. Mißglückte ihm heute das Wagnis, den Stier gleich tödlich zu treffen, so war er sicher, daß sich die Hälfte des Zirkus gegen ihn erheben, ihn der Undankbarkeit und Vergeßlichkeit gegen diejenigen zeihen würde, die ihn emporgebracht hatten. Er streckte seinen ersten Stier mit etwas mittelmäßigem Geschick zu Boden.Er hatte sich, wie gewöhnlich zwischen die Hörner geworfen, aber der Degen traf den Knochen und glitt ab. Man applaudierte, der Stich war gut gezielt, der Mißerfolg nicht seine Schuld. Er schritt das zweitemal zum Angriff. Die Waffe blieb stecken, doch der Stier schleuderte sie bei seinen Sprüngen bald aus der Wunde. Da nahm er aus der Hand Garabatos eine neue Klinge und ging bis zum Stier, aus dessen Halse das Blut herausfloß, während sein geiferndes Maul den Sand berührte.
    Der Stierfechter warf seine Muleta über die Augen des Stieres und bog mit der Degenspitze nachlässig die Schäfte der Lanzen, deren Bänder über dem Schädel des Schlachtopfers herabhingen, zurück. Er drückte die Stahlspitze oben auf das Haupt, um die empfindliche Stelle zwischen den Hörnern zu suchen. Er machte eine Bewegung der Anstrengung, um den Degen hineinzustoßen und der Stier zuckte vor Schmerz zusammen, blieb aber stehen und warf den Degen mit einer wilden Kopfbewegung zurück. »Eins« riefen die Zuschauer der Sonnenseite mit spöttischer Betonung.
    Zum Teufel, weshalb hatten die Leute plötzlich diese Voreingenommenheit gegen ihn?
    Aufs neue setzte er den Degen an und war ziemlich sicher, den richtigen Fleck getroffen zu haben. Der Stier fiel auch sogleich zu Boden, als hätte ihn der Blitz gefällt und blieb mit ausgestreckten Füßen, die Hörner in den Sand gewühlt, bewegungslos liegen.
    Die Zuschauer unter dem Sonnenzelt applaudierten alle, während die Leute auf der Sonnenseite in Pfeifen und Schmähungen ausbrachen. Gallardo, der ihnen den Rückenzukehrte, grüßte seine Anhänger mit der Muleta und dem Degen. Die Schmähungen des Volkes, das immer zu ihm gehalten hatte, schmerzten ihn tief und ließen seine Hände vor Wut sich zusammenballen. Er verbrachte einen großen Teil

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