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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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begleiteten das Gnadenbild und das Licht ihrer Kerzen spiegelte sich in den Goldfäden des Mantels, der seine Umgebung mit hellen Farben belebte. Nach den Trommlern kam eine Schar von Frauen. Es waren Greisinnen, welche mühsam daherwankten, eine Auslese müder und kranker Menschen, die ihr Gelübde erfüllen wollten.
    Nachdem die Brüderschaft langsam durch die Straßen gezogen war und manchen Umweg gemacht hatte, betrat sie wieder die Kathedrale, deren Tore die ganze Nacht offen blieben. Der Schein der Kerzen flog durch das riesenhafteSchiff und ließ die gewaltigen, mit Samt umwundenen Pfeiler wie in goldenen Strahlen hervortreten, ohne aber die dichte Finsternis der Wölbung durchbrechen zu können. Der Zug der Kapuzen kroch wie eine Schar schwarzer Insekten im Scheine der Kerzen und Fackeln am Boden dahin, während oben alles in Finsternis gehüllt war. Ein andermal zogen sie beim Sternenschein aus und die Sonne überraschte die Prozession auf offener Straße, wo ihr Glanz den Schein der Lichter und Fackeln dämpfte, dagegen das Gold auf den Mänteln, die Tränen und den Todesschweiß auf den Gesichtern der Statuen hell erglänzen ließ.
    Gallardo war ein begeisterter Anhänger der Brüderschaft Jesus del Gran Poder und ihres majestätischen Schweigens. Man konnte über alle anderen Aufzüge lachen, da ihnen der Ernst und die Disziplin fehlte. Die seinige dagegen war über all das hoch erhaben. Er fühlte einen Schauer, wenn er das Gnadenbild des Erlösers betrachtete und den Ernst sah, mit welchem die vermummten Anhänger der Brüderschaft daherzogen. Außerdem traf man in dieser Gesellschaft mit sehr feinen Leuten zusammen. Trotz dieser Erwägung entschloß sich der Torero, dieses Jahr aus seiner Brüderschaft auszutreten und die der Macarena, welche die schmerzensreiche Maria verehrt, um Aufnahme zu bitten. Die alte Angustias freute sich sehr, als sie seine Absicht vernahm. Er tat recht, sich der Jungfrau so zu weihen, denn sie hatte ihn bei seinem letzten Unglück gerettet. Außerdem schmeichelte dieser Schritt ihrer plebejischen Einfachheit.
    »Jeder hält es mit den Seinigen, Juan. Es ist ja recht schön, daß du mit den vornehmen Herren verkehrst, aberbedenke, daß die Armen dich doch immer gern hatten und schon gegen dich loszogen, weil sie sich von dir vernachlässigt glaubten.«
    Der Torero wußte dies nur zu gut. Der wilde Sinn des Volkes, das damals in der Arena die billigeren Plätze besetzt hatte, zeigte ihm gegenüber, da es sich zurückgesetzt fühlte, eine gewisse Feindseligkeit. Man bekrittelte seinen Verkehr mit den Reichen und die Abkehr von denen, die seine ersten Bewunderer waren. Um diese Feindseligkeit zu beschwichtigen, bediente sich Gallardo mit der Skrupellosigkeit derer, welche von dem Beifall der Menge leben, aller erdenklichen Mittel. Er hatte den einflußreichsten Mitgliedern der Macarena seine Absicht mitgeteilt, an der Prozession teilzunehmen. Doch sollten sie ja nichts weitererzählen, er tue es aus gläubigem Empfinden und seine Teilnahme solle geheim bleiben. Doch schon nach einigen Tagen sprach man im ganzen Bezirk über diesen Entschluß Gallardos und fühlte sich stolz über diesen Teilnehmer.
    Gallardo und seine Frau überließen an diesem Tage dem Gnadenbilde ihren ganzen Schmuck. In den Ohren sah man ein paar Gehänge, welche Juan in Madrid mit dem Verdienste einiger Stiergefechte bezahlt hatte. Die Brust der Statue umspannte eine goldene Kette, von der die Ringe und Brillantknöpfe des Torero herabhingen.
    Über den Grund seiner Handlungsweise befragt, lächelte der Torero bescheiden vor sich hin und betonte, wie sehr er die Jungfrau von jeher verehrt habe. Sie sei ja die Patronin des Bezirkes, in welchem er das Licht der Welt erblickt hatte, und außerdem habe sein Vater jedes Jahr als Soldat den Zugmitgemacht. Es war dies eine Ehre, welche seiner Familie vorbehalten blieb, und wäre er kein Torero, so würde er sich gerne das Kleid des römischen Legionssoldaten angezogen haben, um mit der Lanze in der Hand hinter dem Wagen herzugehen, wie es so viele Gallardos, welche schon in der Erde moderten, getan hatten.
    Diese Volkstümlichkeit schmeichelte ihm. Er wollte, daß alle von seiner Teilnahme an diesem Zuge wußten und gleichzeitig fürchtete er, daß sich die Nachricht davon durch die Stadt verbreite. Er glaubte an die Jungfrau und wollte sich, mit Hinblick auf die kommenden Gefahren, mit ihr gut stellen, doch zitterte er vor den Späßen seiner Freunde, welche sich

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