Die blutige Arena
Schönheit zu rechtfertigen, die stärksten Verwünschungen aus.Nach zehntägigem Aufenthalte in Sevilla kehrte der Doktor nach Madrid zurück, da die Heilung Gallardos nun rasch vor sich ging. Als das Bein nach einem Monat aus seiner erzwungenen Ruhe befreit wurde, konnte sich der Torero, obwohl er noch hinkte und ziemlich schwach war, schon auf einen Sessel begeben, wo er seine Freunde empfing.
Auf seinem Krankenlager und in seinen Fieberträumen hatte ihn ein Gedanke im Wachen und Träumen beherrscht. Er dachte an Doña Sol. Wußte sie von seinem Unglück? Als er sich eines Tages mit Don Jose allein im Zimmer befand, erkühnte er sich, über sie zu sprechen.
»Ja,« antwortete der Gefragte, »sie hat sich nach dir erkundigt. Drei Tage nach deinem Unglücksfall hat sie mir ein Telegramm aus Nizza gesandt, wie es dir gehe. Sie hat die Nachricht zweifellos aus den Zeitungen gelesen, denn diese haben überall von dir gesprochen, als wärest du ein König gewesen.«
Gallardo war über diese Nachricht einige Tage in guter Laune, doch begann er wieder mit der Dringlichkeit eines Kranken, der glaubt, daß sich die ganze Welt nur um ihn drehe, weitere Fragen zu stellen. Hatte sie nicht geschrieben? Nicht noch einmal nach ihm gefragt? Sein Vertreter wollte das Schweigen der Doña Sol entschuldigen und wies darauf hin, daß sie immer auf Reisen war. Wer weiß, wo sie gerade weilte.
Doch die Traurigkeit des Toreros, der sich vergessen wähnte, veranlaßte Don José zu frommen Lügen. Vor einigen Tagen hatte er eine Karte aus Italien mit der Bitte um Nachricht über Gallardo erhalten. »Zeige sie mir«, sagte der Toreroängstlich. Und als sich der Vertreter ausredete, er habe sie zu Hause vergessen, begann er zu bitten:
»Bring sie her, ich würde mich so freuen ihre Schrift zu sehen, mich zu überzeugen, daß sie sich meiner erinnerte.«
Um aber bei seinen Lügen neuen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, erfand Don José eine Korrespondenz, welche niemals in seine Hände gelangte. Seinen Worten zufolge schrieb Doña Sol ihrem Onkel in Angelegenheiten ihres Vermögens und bat ihn dabei um Nachrichten über Gallardo. Ein andermal waren diese Schreiben an ihren Vetter gerichtet und auch hierin hatte sich ein Gruß an den Torero befunden.
Gallardo hörte diese Erzählungen ruhig an, schüttelte aber gleichzeitig zweifelnd das Haupt. Wann würde er sie wohl sehen? Ah, diese launenhafte Frau, welche ihn ohne jeden Grund, nur unter dem Zwang ihrer Unstetigkeit verlassen hatte.
»Du sollst weniger an Doña Sol und mehr an das Geschäft denken«, sagte ihm sein Vertreter. »Du bist nicht mehr im Bett und schon fast gesund. Wie fühlst du dich? Wirst du wieder auftreten? Du hast den ganzen Winter vor dir, um wieder in Form zu kommen. Wirst du Kontrakte abschließen oder setzt du ein Jahr aus?«
Gallardo hob stolz den Kopf, als würde man etwas Unehrenhaftes von ihm verlangen. Er sollte nicht auftreten? Ein ganzes Jahr verstreichen lassen, ohne sich in der Arena zu zeigen? Konnte sich denn das Publikum mit einer so langen Abwesenheit zufrieden geben?
»Unterschreibe nur. Bis zum Frühjahre habe ich Zeit. Ich nehme alles an, was man mir bietet. Ich glaube zwar,daß mein Fuß noch lange empfindlich sein wird, aber ich werde, wenn es darauf ankommt, stehen, als wäre er von Eisen.«
Zwei Monate vergingen, ehe sich der Torero wieder stark fühlte. Er hinkte leicht und spürte einen gewissen Schmerz in den Armen. Doch lachte er über diese Beschwerden, da er fühlte, wie die Kraft in seinen starken Körper zurückkehrte.
Wenn er allein in seiner Wohnung war, stellte er sich vor einen Spiegel und übte die Bewegungen, die er in der Arena vor dem Stier zu machen hatte. Und dabei lächelte er vergnügt, wenn er an die Enttäuschung seiner Feinde dachte, welche ihm seine Berufsunfähigkeit prophezeit hatten.
Die Zeit wurde ihm zu lange, er sehnte sich wie ein Anfänger nach dem Beifall der Menge. Um sich zu kräftigen, beschloß er, den Rest des Winters mit seiner Familie auf La Rinconada zu verbringen. Die Jagd und kräftige Märsche kräftigten seine geschwächten Beine. Außerdem wollte er viel reiten, um die Arbeiten zu beaufsichtigen, die Hirten, Herden und Felder zu inspizieren. Die Verwaltung des Hofes war keine gute. Sie kostete ihn mehr als den anderen Grundbesitzern und der Ertrag warf weit weniger ab. Es war eben die Besitzung eines Toreros, der an Ausgaben gewöhnt war, ohne aber trotz seiner großen Einnahmen
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