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Die Blutige Sonne - 14

Die Blutige Sonne - 14

Titel: Die Blutige Sonne - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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deinen Namen und für wen du mich gehalten hast, und dann störe ich euer – Rendezvous nicht länger.“
    „Aber das kannst du doch nicht“, antwortete sie. Kerwin verstand ihren Gesichtsausdruck nicht. Sie sah so erschrocken aus, als habe er gesagt, er habe nur noch eine Stunde zu leben. Heute abend schien er die seltsame Fähigkeit zu haben, völlig unschuldige Leute zu Tode zu erschrecken, wenn sie ihn nur ansahen. Das geschah nun zum zweitenmal an diesem Abend. Wenn sein Doppelgänger doch endlich käme.
    „Bitte, geh nicht weg“, bat sie. „Wenn Kennard hier wäre…“
    „Tani!“ Eine tiefe, strenge Stimme unterbrach sie, und ein Mann betrat den Raum. Kerwin wandte sich um und sah ihn; er dachte, die ganze Welt müsse verrückt geworden sein, wenn das nicht sein eigenes Spiegelbild war. Aber das war es nicht. Der Neuankömmling war, wie das Mädchen, groß, hellhäutig und hatte dichtes rotgoldenes Haar. Kerwin mochte ihn nicht, vom ersten Augenblick an, noch ehe er in dem Mann den Rotkopf aus der Bar erkannte.
    Der Darkovaner übersah mit einem kurzen Blick die Szene, und im gleichen Augenblick drückte seine Miene verärgerte Förmlichkeit aus. „Auster“, sagte das Mädchen, „ich wollte nur…“
    „Ein Terraner!“
„Ich dachte, er gehört zu uns.“
    Der Darkovaner warf Kerwin einen bösen Blick zu. „Er ist ein Krokodilmann vom Arcturus, das hat er mir selbst gesagt.“ Dann sprach er mit dem Mädchen in einem Schwall von Worten jener Sprache, die auch das Mädchen gesprochen hatte, aber so rasch und undeutlich, daß Kerwin nicht folgen konnte. Es war auch gar nicht nötig, denn der Klang dieser Stimme sagte ihm alles, was er wissen mußte. Der Rotkopf war wütend.
    Eine tiefere, weichere Stimme unterbrach ihn. „Komm, Auster, so schlimm ist das alles doch nicht. Taniquel, reize ihn nicht.“ Ein zweiter Mann betrat den Raum, wieder ein Rotkopf. Aber bei ihm war das rote Haar von dichten grauen Strähnen durchzogen. Es war ein stämmiger Mann, den die Last der Jahre schon etwas gebeugt hatte. Seine Augen verschwanden fast hinter den Brauen, die so buschig waren, daß sie fast unförmig erschienen. „Ich bin Kennard“, sagte er, „Dritter im Arilinn-Turm. Von welcher Familie kommst du? Und wer ist deine Wärterin?“
    Kerwin glaubte, wirklich „Wärterin“ verstanden zu haben. „Gewöhnlich läßt man mich ohne Wärterin heraus“, erwiderte er trocken.
    „Du hast falsch getippt, Kennard“, spöttelte Auster in der Sprache der Raumhafenleute. „Unser Freund ist ein – ein Krokodilmann vom Arcturus oder ähnlich. Das behauptet er wenigstens. Offensichtlich ist er von Terra.“
    „Aber das ist doch unmöglich!“ rief Kennard.
    Kerwin überlegte, daß die Szene allmählich reichlich bunt wurde. „Zu meinem großen Bedauern“, erklärte er, und er wurde sich darüber klar, daß diese höfliche Formel völlig der Wahrheit entsprach und ehrlich gemeint war, „bin ich Bürger der Erde. Aber ich habe meine Kindheit in Darkover verbracht, und ich habe es immer als meine Heimat betrachtet. Wenn ich hier eingedrungen bin oder jemand beleidigt habe, dann tut es mir leid. Gute Nacht und Lebewohl.“
    Auster murmelte etwas, das wie „ekelhafter Kriecher“ klang.
    „Warte“, bat Kennard. Kerwin, der bereits durch die Tür gegangen war, hörte den bittenden Ton in der Stimme des Mannes und blieb stehen. „Wenn du ein wenig Zeit hast, möchte ich gern mit dir sprechen.“
    Kerwin warf dem Mädchen Taniquel einen Blick zu, und sie schien zuzustimmen. Er sah Auster an, und sein Entschluß stand fest. „Vielen Dank“, antwortete er freundlich. „Ich habe mich bereits verspätet. Tut mir leid, daß ich Ihre Party gestört habe.“
    Auster sprudelte eine Reihe unfreundlicher Worte hervor, aber Kennard blieb verbindlich; er verbeugte sich. „Mögen die Monde dir zu deiner Tür leuchten.“
    Taniquel hob die Hand an den Mund, stand ernüchtert und erschrocken dabei und sah Kerwin aus großen, goldfarbenen Augen an. Wieder zögerte er, im Wunsch nach einer Erklärung; aber es war zu spät zur Rückkehr, wenn sie nicht würdelos erscheinen sollte.
    „Gute Nacht“, sagte er, dann schloß sich die schwere Tür zwischen ihm und den Rotköpfen; er fühlte sich geschlagen und enttäuscht.
    Der eisige Regen hatte sich in beißenden Nebel aufgelöst. Kerwin zog den Mantel eng um sich; erst in diesem Augenblick merkte er, daß er ihn noch trug. Guter Gott, dachte er, kein Wunder, daß das

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