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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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würdest. Kennard, ich schulde dir vier Flaschen Ravnet-Wein.«
    Kennard antwortete mit freundlichem Grinsen: »Wir werden ihn am nächsten Festtag zusammen trinken – wir alle. Hast du nicht auch mit Elorie gewettet? Deine Wettleidenschaft wird dich eines Tages ruinieren, mein Freund. Und wo bleibt Elorie? Wenn schon aus keinem anderen Grund, müßte sie doch kommen und Anspruch auf den Falken erheben, um den sie gewettet hat.«
    »Sie wird in ein paar Minuten herunterkommen«, fiel eine hochgewachsene Frau ein, die Kerwin für etwa gleichaltrig mit Mesyr hielt. »Ich bin Neyrissa.« Auch sie war rothaarig – auf rostbraunem Haar spielten rote Lichter. Dazu war sie groß und eckig und nicht sehr attraktiv, aber sie erwiderte Jeffs Blick offen und ehrlich. Sie sah ihn nicht freundlich an, doch sie war auch nicht feindselig. »Wirst du hier als Überwacher arbeiten? Mir gefällt die Arbeit außerhalb des Kreises nicht, damit verschwende ich nur meine Zeit.«
    »Wir haben ihn noch nicht getestet, Rissa«, fiel Kennard ein. Die Frau zuckte nur die Schultern.
    »Er hat rotes Haar, und er ist durch den Schleier gegangen, ohne verletzt zu werden, und das beweist für mich deutlich, daß er Comyn ist. Aber ich vermute, ihr müßt erst herausfinden, welche donas er hat. Cassilda gebe, daß er Alton oder Ardais ist, wir brauchen diese Gaben. Von den Ridenow-Talenten haben wir schon zuviel …«
    »Das nehme ich übel«, fiel Taniquel fröhlich ein. »Corus, willst du dastehen und dir das sagen lassen?«
    Der Junge lachte. »Heutzutage können wir es uns nicht leisten, wählerisch zu sein. Darum dreht sich das doch alles, nicht wahr, daß wir für die Arbeit in Arilinn nicht genug Leute finden können? Wenn er Cleindoris Talente hat, wäre das großartig, aber vergeßt nicht, daß auch er Ridenow-Blut hat.«
    »Es wird eine ganze Zeit dauern, bis feststeht, ob aus ihm ein Überwacher oder Mechaniker oder sogar ein Techniker werden kann«, meinte Kennard. »Darüber muß Elorie ihr Urteil abgeben. Und da kommt sie.«
    Alle wandten sich der Tür zu. Kerwin wurde sich bewußt, daß die Stille im Raum auf seiner Einbildung beruhte, denn Mesyr, Rannirl und Neyrissa sprachen weiter, und nur in seinen eigenen Gedanken breitete sich Schweigen um das Mädchen aus, das im Türrahmen stand. In dem Augenblick, als sie ihre grauen Augen zu ihm aufhob, erkannte er das Gesicht, das er in dem Matrix-Kristall gesehen hatte.
    Sie war klein und zart gebaut, und Kerwin stellte fest, daß sie sehr jung war, vielleicht noch jünger als Taniquel. Kupfernes Haar, das Gold des Sonnenaufgangs flutete glatt um ihre sonnenbraunen Wangen. Ihr Kleid war eine Amtsrobe aus schwerem Karminrot, an den Schultern mit Spangen aus schwerem Metall festgehalten. Gewand und Spangen schienen zu gewichtig für ihre leichte Gestalt, als ob die schmalen Schultern sich unter der Last beugten. Sie war wie ein Kind, belastet mit dem Ornat einer Prinzessin oder Priesterin. Sie hatte auch den langbeinigen Gang eines Kindes und eine kindlich schmollende, volle Unterlippe. Ihre Augen waren grau und verträumt.
    Sie fragte: »Ist das mein Barbar?«
    »Deiner?« Taniquel hob die Augenbrauen und kicherte, und das grauäugige Mädchen bestätigte mit ihrer weichen, hellen Stimme: »Ja, meiner.«
    »Haut euch nicht um mich«, sagte Kerwin. Er konnte nicht umhin, das ein bißchen komisch zu finden.
    »Bilde dir bloß nichts ein«, fauchte Auster. Elorie hob den Kopf und maß Auster mit einem scharfen, direkten Blick, und zu Kerwins Erstaunen senkte Auster den Kopf wie ein geprügelter Hund.
    Taniquel sah Kerwin mit diesem besonderen Lächeln an, und Kerwin dachte, das sei, als teilten sie ein Geheimnis. »Und das ist unsere Bewahrerin Elorie von Arilinn. Und das sind wir jetzt wirklich alle, so daß du dich setzen und etwas zu essen und zu trinken bekommen und dich ein bißchen erholen kannst. Ich weiß, es war eine lange Nacht, und anstrengend für dich.«
    Kerwin nahm das Glas an, das sie ihm in die Hand drückte. Kennard hob Kerwin das seine entgegen und erklärte mit einem Lächeln: »Willkommen zu Hause, mein Junge.« Die anderen stimmten ein, versammelten sich um ihn: Taniquel mit ihrem kätzchenhaften Grinsen, Corus mit dieser seltsamen Mischung aus Neugier und Schüchternheit, Rannirl mit einem reservierten, doch freundlichen Lächeln. Neyrissa musterte ihn unverhohlen und billigte, was sie sah. Nur Elorie sprach und lächelte nicht. Sie sah Kerwin über den Rand ihres

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