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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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der Beruf des Matrix-Mechanikers. Während dieser Zeit entdeckten wir, daß die meisten Menschen etwas Psi-Begabung haben – jedenfalls genug, um mit einer Matrix umzugehen – und in den Matrix-Wissenschaften unterrichtet werden könnten.«
    »Ich habe ein paar kennengelernt«, sagte Kerwin.
    »Du mußt dir vor Augen halten«, erläuterte Kennard, »daß dies durch die leidenschaftliche, sehr emotionale Einstellung vieler Comyn kompliziert wurde. Im Grunde war die Matrix-Wissenschaft eine Religion, und es gab eine Zeit, als die Comyn so etwas wie ihre Priester darstellten. Besonders die Bewahrerinnen waren Gegenstand einer fanatischen Verehrung, die bis zur Anbetung ging. Und jetzt kommen wir an den Punkt, wo du in die Geschichte hineinpaßt.«
    Er verlagerte voll Unbehagen sein Gewicht, seufzte und betrachtete Jeff Kerwin. Schließlich fuhr er fort: »Cleindori Aillard war meine Pflegeschwester. Sie war eine Nedestro ihres Clans. Das bedeutet, sie wurde nicht in einer legitimen Ehe geboren. Sie war die Tochter einer Aillard-Frau und eines Ridenow, eines jüngeren Sohns dieses Clans. Sie trug den Namen Aillard, weil bei uns ein Kind den Namen des Elternteils von höherem Rang bekommt, nicht wie bei euch auf Terra den Namen des Vaters. Sie und ich wuchsen seit der Zeit, als sie ein kleines Mädchen war, zusammen auf. In einer Art Heiratsversprechen, das mehr zwischen den Familien als den betroffenen Personen abgelegt wird, wurde sie meinem älteren Bruder Lewis verlobt. Dann wurde sie auserwählt, zur Bewahrerin von Arilinn ausgebildet zu werden.«
    Kennard verstummte. Sein Gesicht war bitter und gedankenverloren. Dann sagte er: »Ich kenne die ganze Geschichte nicht, und ich habe einen Eid abgelegt – man zwang mich zu schwören, als ich nach Arilinn zurückkehrte. Es gibt also Dinge, die ich dir nicht sagen kann. Wie dem auch sei, ich lebte währenddessen einige Zeit auf Terra, und auch das ist eine lange Geschichte. Mein Vater nahm einen terranischen Pflegesohn ins Haus, und ich ging als Austauschstudent, wie ihr es wohl nennen würdet, nach Terra, während Lerrys hier aufgezogen wurde. Und so sah ich Cleindori sechs oder sieben Jahre lang nicht, und als ich zurückkam, war sie Dorilys von Arilinn geworden. Bewahrerin. Cleindori war – in gewisser Weise – die mächtigste Person unter den Comyn , die mächtigste Frau auf Darkover. Lady von Arilinn. Sie war eine Leronis von überragenden Fähigkeiten, und wie alle Bewahrerinnen hatte sie Jungfräulichkeit gelobt und lebte in Abgeschlossenheit und strenger Isolation … Sie war die letzte. Nicht einmal Elorie ist so konditioniert worden wie Cleindori, auf die alte Art; wenigstens das hat Cleindori erreicht.« Einen Augenblick lang versank er wieder in bittere Resignation. Dann richtete er sich auf seinen Kissen hoch und erklärte mit trockener, leidenschaftsloser Stimme:
    »Cleindori war eine Kämpferin, eine Rebellin. Im Herzen war sie eine Reformatorin, und als Lady von Arilinn und eine der letzten überlebenden Aillard-Frauen der direkten Linie hatte sie beträchtliche Macht und gehörte Kraft eigenen Rechts dem Rat an. Sie kämpfte erbittert gegen die Einstellung des neuen Rates, die Comyn -Türme sollten bei ihrem alten, geschützten, halbreligiösen Status bleiben und die Matrix-Wissenschaften weiter geheimhalten. Sie versuchte, Außenseiter in die Türme zu bringen – und darin hatte sie ein wenig Erfolg. Zum Beispiel nimmt der Neskaya-Turm jeden mit telepathischer Begabung auf, sei er Comyn , ein gewöhnlicher Bürger oder ein im Straßengraben geborener Bettler. Aber andererseits hat man dort seit einem halben Jahrhundert auch keine richtige Bewahrerin mehr gehabt. Doch dann griff Cleindori die Tabus an, die sich um ihr eigenes Amt rankten. Und das war zuviel, diese Art von Häresie traf auf Widerstand … Cleindori brach die Tabus wieder und wieder. Sie bestand darauf, das könne sie straflos tun, weil sie als Bewahrerin nur ihrem eigenen Gewissen verantwortlich sei. Und zum Schluß lief sie von Arilinn fort.«
    Kerwin hatte den Verdacht, das sei das Ende der Geschichte, und auch so war es schon ein Schock für ihn. Sehr leise sagte er: »Mit einem Mann von der Erde. Mit meinem Vater.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob sie den Turm mit ihm verließ oder ob er später kam«, wich Kennard aus. »Aber ja, das ist der Grund, warum Auster dich haßt, warum es viele, viele Menschen gibt, die schon deine Existenz für ein Sakrileg halten. Es ist auch früher

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