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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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bin ich? Warum, zum Teufel, bin ich hier?« fragte er.
    Kennard ignorierte die Frage. Er sah über Kerwins Kopf hinweg ins Leere. Nach einer Weile meinte er: »An jenem Abend im Sky-Harbor-Hotel – weißt du, was ich da sah?«
    »Tut mir leid, ich bin nicht in der Stimmung für Ratespiele.« Kerwin wollte klare Fragen stellen und klare Antworten erhalten. Ganz bestimmt hatte er keine Lust, selbst noch weitere Fragen zu beantworten.
    »Denke daran, ich hatte nicht die geringste Ahnung, wer du warst. Du sahst wie einer von uns aus, und ich wußte, das warst du nicht. Ich sah einen Terraner, aber ich bin ein Alton, ich habe diese verrückten Wahrnehmungen, die außer Phase mit dem Zeitstrom sind. Folglich blickte ich auf einen Terraner und erkannte ein Kind, ein verwirrtes Kind, das niemals gewußt hatte, wer oder was es war. Ich wünschte, du wärst damals geblieben und hättest mit uns gesprochen.«
    »Das wünschte ich auch«, gestand Kerwin. Ein Kind, das nie gewußt hatte, wer oder was es war . Kennard hatte es sehr genau erfaßt. »Jetzt bin ich erwachsen. Aber irgendwo habe ich mich verloren.«
    »Vielleicht wirst du dich wiederfinden.« Langsam stellte sich Kennard auf die Füße, und auch Kerwin erhob sich. Er streckte eine Hand aus, um dem älteren Mann zu helfen, doch Kennard verschmähte sie. Nach einem Augenblick lächelte Kennard verlegen. »Du fragst dich sicher, warum …«
    »Nein.« Plötzlich wurde sich Kerwin bewußt, daß alle es geschickt vermieden hatten, ihn zu berühren. »Ich hasse es, wenn Leute mich anrempeln. Das Zusammenleben mit anderen auf engem Raum hat mich schon immer abgestoßen. Und in einer Menschenmenge wird mir übel. Schon immer.«
    Kennard nickte. » Laran «, stellte er fest. »Du hast gerade genug davon, daß du körperlichen Kontakt widerwärtig findest …«
    Kerwin lachte. »So weit würde ich nicht gehen!«
    Kennard erwiderte mit belustigtem Schulterzucken: »Widerwärtig außer in Fällen erwünschter Intimität. Richtig?«
    Kerwin nickte. Er dachte an die seltenen persönlichen Begegnungen seines Lebens. Seine terranische Großmutter hatte er sehr betrübt durch seinen heftigen Abscheu vor Zärtlichkeitsbezeugungen. Und doch hatte er die alte Dame immer gern gemocht, hatte sie auf seine eigene Art geliebt. Seine Kollegen – jetzt wurde ihm klar, daß er sie behandelt hatte wie Auster ihn im Flugzeug. Er hatte den losesten persönlichen Kontakt energisch von sich gewiesen und war bei einer zufälligen Berührung zurückgezuckt. Besonders beliebt hatte ihn das nicht gemacht.
    »Du bist – wie alt? Sechsundzwanzig, siebenundzwanzig? Natürlich weiß ich, wie alt du nach darkovanischer Rechnung bist, denn ich war einer der ersten, denen es Cleindori erzählte, aber mir gelingt es nie, einen Zeitabschnitt in terranische Begriffe zu übertragen. Es ist zu lange her, daß ich auf Terra war. Und es war scheußlich, außerhalb des angestammten Elements zu leben!«
    »Für mich ist das angestammte Element scheußlich«, erklärte Kerwin. »Willst du mir zeigen, wo mein Platz darin ist?«
    »Ich werde es versuchen.« Kennard trat an einen Tisch in der Ecke und goß sich aus einer der verschiedenen dort stehenden Flaschen ein. Mit fragend erhobenen Augenbrauen sah er Kerwin an.
    »Wir werden etwas trinken, wenn die anderen herunterkommen, aber ich habe Durst. Und du?«
    »Ich werde warten«, antwortete Kerwin. Er war nie ein starker Trinker gewesen. Kennards schlimmes Bein muß ihm ziemliche Schmerzen bereiten, wenn er den Brauch auf diese Weise bricht. Der Gedanke schoß ihm durch den Kopf, und er fragte sich ungeduldig, woher er aufgetaucht sein mochte. Vorsichtig kehrte der ältere Mann zu seinem Platz zurück.
    Kennard trank, stellte das Glas ab und verflocht nachdenklich die Finger. »Elorie hat dir erzählt, daß es sieben Telepathen-Familien auf Darkover gibt, eine herrschende Familie für jede der Sieben Domänen. Hastur, Ridenow, Ardais, Elhalyn, Alton – meine Familie – und Aillard. Das ist deine.«
    Kerwin hatte mitgezählt. »Das sind sechs.«
    »Wir sprechen nicht über die Aldarans. Obwohl natürlich einige von uns Aldaran-Blut und Aldaran-Gaben haben. Und es hat Heiraten mit ihnen gegeben – nun, jedenfalls sprechen wir nicht darüber, es ist eine lange und beschämende Geschichte. Die Aldarans wurden vor langer Zeit aus den Domänen ausgestoßen. Selbst wenn ich alles wüßte und wir die Zeit dazu hätten, könnte ich es dir jetzt nicht erzählen. Aber kannst

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