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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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verdammt noch mal, das war nicht gegenseitig – noch nicht. Er war bereit, den älteren Mann gern zu haben, aber von da bis zu dem Gefühl, sich bei ihm zu Hause zu fühlen, war ein weiter Weg.
    »Er wünscht sich, er könne für dich ebenso empfinden«, bemerkte Taniquel und steckte den Kopf durch die Tür. »Das kommt noch, Jeff. Du hast einfach zu lange unter Barbaren gelebt.«
    »Hör auf, ihn zu necken, Chiya «, sagte Kennard mit nachsichtigem Vorwurf. »Er ist auch an dich nicht gewöhnt, was nicht notwendigerweise bedeutet, daß er ein Barbar ist. Bring uns etwas zu trinken und sei lieb, ja? Es stehen uns noch genug Probleme bevor.«
    »Es gibt noch nichts zu trinken.« Das war Rannirl, der unter der Bogenwölbung des Eingangs stand. »Elorie wird in einer Minute unten sein. Wir warten auf sie.«
    »Das heißt, sie will ihn testen«, verkündete Taniquel. Sie kam zu dem Diwan hinüber und ließ sich anmutig wie ein Kätzchen niedersinken. Den Kopf lehnte sie gegen Kennards Knie. Sie reckte die Arme, wobei sie Kerwin mit dem einen streifte, gähnte, hakte ihren Arm harmlos um seinen Fuß und klopfte ihn geistesabwesend. Sie ließ die Hand auf Kerwins Knöchel ruhen und blickte mit schelmischem Lächeln zu ihm auf. Er war sich der Berührung auf beunruhigende Weise bewußt. Es war ihm immer unangenehm gewesen, berührt zu werden, und er hatte das Gefühl, Taniquel wußte es.
    Neyrissa und Corus kamen herein und setzten sich zu ihnen. Sie rückten zur Seite, um Platz für Kennards lahmes Bein zu machen, und Taniquel bewegte sich unruhig, bis sie sich zwischen Kerwin und Kennard befand, in die Kissen geschmiegt wie ein Kätzchen, je einen Arm den beiden Männern über die Knie gelegt. Kennard streichelte liebevoll ihren Lockenkopf, aber Kerwin zog sich verlegen zurück. Verdammt, legte das Mädchen es darauf an, ihn aus der Fassung zu bringen? Oder war sie nur naiv und machte es sich wie ein Kind zwischen Männern bequem, die für sie so neutral waren wie Brüder oder nahe Verwandte? Offensichtlich behandelte sie Kennard – und er sie –, als sei er ihr Lieblingsonkel, und es war nichts Herausforderndes in der Art, wie sie ihn berührte. Aber bei Kerwin tat sie es auf ein wenig andere Art, und er war sich des Unterschiedes bewußt und fragte sich, ob sie sich dessen bewußt war. Bildete er sich das alles nur ein? Wieder wurde Kerwin nervös wie in dem Augenblick, als Elorie ohne Ankündigung in sein Zimmer gekommen war, während er sich anzog. Verdammt, die Etikette einer telepathischen Gruppe war ihm immer noch ein Mysterium.
    Elorie, Mesyr und Auster traten zusammen ein. Austers düsterer Blick forschte sofort nach Kerwin, und Taniquel richtete sich auf und zog sich ein bißchen von Kerwin zurück. Corus trat mit der Selbstverständlichkeit alter Gewohnheit an ein Schränkchen. »Was wollt ihr trinken? Das Übliche, Kennard, Mesyr? Neyrissa, was möchtest du haben? Elorie, ich weiß, du trinkst nie etwas Stärkeres als Shallan …«
    »Heute abend doch«, fiel Kennard ein. »Wir werden Kirian trinken.«
    Corus drehte sich überrascht um. Elorie nickte ihm bestätigend zu. Taniquel erhob sich und half Corus dabei, flache Kelche aus einer merkwürdig geformten Flasche zu füllen. Sie brachte Kerwin ein Glas, und sie fragte ihn nicht, ob er es haben wolle.
    Die Flüssigkeit in dem Glas war hell und aromatisch. Kerwin sah, daß aller Augen auf ihm ruhten. Verdammt, langsam bekam er es satt! Er stellte den unberührten Kelch auf den Fußboden.
    Kennard lachte. Auster sagte etwas, das Kerwin nicht verstand, und Rannirl murmelte stirnrunzelnd eine vorwurfsvolle Antwort. Elorie beobachtete sie mit schwachem Lächeln. Sie hob ihr eigenes Glas an die Lippen und nippte so eben an der Flüssigkeit. Taniquel kicherte, und Kennard explodierte:
    »Zandrus Höllen! Das hier ist zu ernst für einen Scherz! Ich weiß, du machst gern Spaß, Tani, aber trotzdem …« Er nahm das Glas entgegen, das Corus ihm brachte, und starrte finster hinein. »Mir wird doch immerzu die Rolle des Schulmeisters aufgedrängt!« Er seufzte, hob den Kelch und sagte zu; Kerwin: »Dies Zeug – es ist kein reiner Kirian , falls du weißt, was das ist, sondern ein Kirian -Likör – ist nicht im eigentlichen Sinn eine Droge oder eine Stimulanz. Aber es senkt die Widerstandsschwelle gegen telepathischen Empfang. Du brauchst es nicht zu trinken, wenn du nicht willst, aber es hilft. Das ist der Grund, warum wir es alle nehmen.« Er nahm einen kleinen

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