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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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aufgehört zu existieren. Sein Arm lag um sie, er zog ihren Kopf an seine Schulter, und sie schmiegte sich an ihn, zärtlich, tröstend. Es vermittelte ihm ein Gefühl der Wärme und Geborgenheit, wie er es noch nie erfahren hatte. Er hob seine tränenerfüllten Augen, blinzelte und geriet in Verlegenheit, weil er seine Gefühle zur Schau stellte. Aber er sah nichts als Verständnis und Freundlichkeit.
    Kennards ernstes Gesicht wirkte ein bißchen weniger kantig als gewöhnlich. »Taniquel ist die Expertin für Empathie. Wir hätten es uns denken können – er hat Ridenow-Blut. Trotzdem ist es verdammt selten, daß ein Mann die Gabe in diesem Ausmaß hat.«
    Taniquel flüsterte, immer noch nahe bei Kerwin: »Wie einsam du gewesen sein mußt.« Die Worte waren kaum hörbar.
    Mein ganzes Leben lang. Niemals habe ich irgendwo hingehört.
    Aber jetzt gehörst du hierher .
    Nicht alle Blicke waren wohlwollend. Kerwin begegnete Austers Blick und hatte den Eindruck, er würde, wenn Blicke brennen könnten, schon als rauchendes Häufchen auf dem Fußboden liegen. Auster sagte: »So sehr es mir widerstrebt, dieses rührende Schauspiel zu unterbrechen …«
    Mit resigniertem Schulterzucken ließ Taniquel Kerwins Hand los. Auster sprach weiter, aber er war zu jener Sprache übergegangen, die Kerwin nicht verstand. Kerwin sagte: »Es tut mir leid, ich verstehe dich nicht«, und Auster wiederholte es in der gleichen Sprache. Dann sagte Auster etwas zu Kennard und hob dabei mit hämischem Grinsen die Augenbrauen.
    Kennard fragte: »Verstehst du gar nichts davon, Jeff?«
    »Nein, und das ist verflucht komisch, weil ich dich und Taniquel sehr gut verstehe.«
    Rannirl erkundigte sich: »Jeff, du hast doch von dem, was ich sagte, das meiste verstanden, nicht wahr?«
    Kerwin nickte. »Alles bis auf hin und wieder ein paar Wörter.«
    »Und verstehst du Mesyr?«
    »Vollkommen.«
    »Dann müßtest du Auster verstehen«, fuhr Rannirl fort. »Er hat Ridenow-Blut und ist der nächste Verwandte, den du hier hast, ausgenommen vielleicht …« Er runzelte die Stirn. »Jeff, antworte mir schnell. Welche Sprache spreche ich?«
    Kerwin wollte antworten, es sei die Sprache, die er als Kind gelernt hatte, der Dialekt von Thendara. Dann hielt er verwirrt inne. Er wußte es nicht. Kennard nickte bedächtig. »So ist es. Das ist mir als erstes an dir aufgefallen. Ich habe heute abend in drei verschiedenen Sprachen mit dir geredet, und du hast mir ohne Zögern in jeder von ihnen geantwortet. Taniquel benutzte eine vierte. Doch Auster versuchte es mit dir in zwei Sprachen, die du verstehst, wenn Rannirl oder ich uns ihrer bedienen, und du verstandest kein Wort. Aber selbst wenn Auster Cahuenga spricht, kannst du ihm nur teilweise folgen. Du bist Telepath, das steht fest. Bist du immer besonders gut in Sprachen gewesen?« Er nickte, ohne auf Kerwins Antwort zu warten. »Das dachte ich mir. Du nimmst den Gedanken auf, bevor du die Worte hörst. Deine und Austers Schwingungen sind einfach zu unterschiedlich, als daß du erfassen kannst, was er sagt.«
    »Es mag mit der Zeit kommen«, warf Elorie in ihrer distanzierten Art ein, »wenn sie sich erst besser kennen. Zieh keine übereilten Schlüsse, Onkel.« Sie benutzte den Ausdruck, der ein bißchen intimer als das einfache Verwandter war; er konnte sich auf jeden engen Verwandten aus der Generation des Vaters beziehen. »Wir haben also festgestellt, daß er Laran besitzt, daß er Telepath und in hohem Ausmaß Empath ist – die Ridenow-Gabe besitzt er in vollem Umfang. Wahrscheinlich schlummert noch eine Vielzahl geringerer Talente in ihm. Wir werden sie eins nach dem anderen aussortieren müssen, vielleicht im Rapport. Jeff …« Sie schien sich ihm zuzuwenden, obwohl sie in die Ferne blickte und ihn gar nicht ansah. »Du hast eine Matrix. Weißt du, wie du sie benutzen mußt?«
    »Ich habe nicht die geringste Vorstellung.«
    Elorie sagte: »Rannirl, du bist der Techniker.«
    Rannirl fragte: »Jeff, willst du mir deine Matrix zeigen?«
    »Natürlich«, antwortete Kerwin und zog sie hervor, ließ die Kette über seinen Kopf gleiten und reichte sie Rannirl. Der hochgewachsene Mann nahm sie entgegen, indem er seine Hand mit einem seidenen Taschentuch schützte. Aber als sich seine Finger darum schlossen, empfand Kerwin ein vages, kribbelndes Unbehagen. Instinktiv, ohne einen bewußten Gedanken, riß er die Matrix wieder an sich. Das Unbehagen verschwand. Verblüfft blickte er auf seine eigenen Hände.
    »Das

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