Die blutige Sonne
dachte ich mir«, nickte Rannirl. »Es ist ihm gelungen, sich in etwa darauf einzustimmen.«
Kerwin stieß hervor: »Das ist mir noch nie passiert!« Er sah immer noch auf die Matrix in seinen Händen und war erschrocken über die Art, wie er sie, ohne nachzudenken, gegen eine Berührung geschützt hatte.
»Wahrscheinlich ist es geschehen, während wir dich zu uns führten«, meinte Elorie. »Du standest lange Zeit mit dem Kristall in Rapport, deshalb konnten wir dich erreichen.« Sie streckte ihre schmale Hand aus. »Gib sie mir, wenn du kannst.«
Kerwin wappnete sich und reichte Elorie den Kristall. Ihm war, als berührten ihre zarten Hände seine bloßliegenden Nerven. Es war kein starker Schmerz, aber das Schlimme daran war das Bewußtsein, daß die leichte Berührung in jedem Augenblick zu Todespein werden konnte … oder zu unvorstellbarer Lust.
»Ich bin Bewahrerin«, sagte sie. »Eine der Fähigkeiten, die ich besitzen muß, ist der Umgang mit Matrizes, die nicht auf mich eingestimmt sind. Taniquel?«
Kerwin fühlte die unerträgliche Spannung schwinden, als Taniquel die Matrix von Elorie in Empfang nahm. Taniquel lächelte. »Das ist kein richtiger Test. Jeff und ich stehen gerade eben in engem Rapport. Es ist ein Gefühl, als faßtest du sie selbst an, nicht wahr?«
Er nickte.
»Corus?« Taniquel reichte den Kristall weiter.
Kerwin konnte das Zusammenzucken nicht beherrschen, als ein schreckliches Prickeln über seinen ganzen Körper lief. Corus erschauerte, als täte es ihm selbst weh, und gab den Kristall schnell an Kennard weiter.
Kennards Berührung war nicht sehr schmerzhaft, wenn Kerwin sie auch überaus deutlich und als unangenehm empfand. Während Kennard die Matrix in der Hand hielt, schwächte sich das Unbehagen zu einem Gefühl der Wärme ab. Doch es war eine ihm aufgedrängte, eine unwillkommene Intimität, und Kerwin war erleichtert, als Kennard die Matrix an Neyrissa weitergab.
Wieder ließ das anfangs scheußliche Gefühl etwas nach, während Neyrissa die Matrix in der Hand hielt. Kerwin konnte ihren warmen Atem auf dem Kristall spüren, was er nicht begriff, weil der halbe Raum zwischen ihnen lag. Sie stellte ruhig fest: »Ich bin an die Arbeit einer Überwacherin gewöhnt und kann tun, was Tani tut, nämlich mich auf das Magnetfeld deines Körpers einstimmen. Allerdings nicht vollkommen, weil wir nicht in Rapport stehen. So weit, so gut. Nun bleibt nur noch Auster übrig.«
Auster keuchte und ließ die Matrix fallen, als sei sie eine glühende Kohle. Der Schmerz raste durch Kerwins ganzen Körper, und unter seiner Hand erzitterte Taniquel, als erleide sie ihn ebenfalls. Neyrissa warf einen Blick auf den am Boden liegenden Kristall. Sie wagte nicht, ihn zu berühren. Statt dessen bat sie: »Tani? Willst du …«
Der Schmerz hörte auf, als Taniquel die Matrix in ihrer Hand barg. Kerwin holte tief und zitternd Atem. Auch Auster war bleich und bebte.
»Zandrus Höllen!« Aus dem Blick, den er Kerwin jetzt zuwarf, sprach weniger Bosheit als Furcht. Er sagte auf Cahuenga – Kerwin hatte den Eindruck, diesmal wollte er genau verstanden werden -: »Tut mir leid, Kerwin. Ich schwöre, das habe ich nicht absichtlich getan.«
»Das weiß er, das weiß er«, begütigte Taniquel. Sie ließ Jeffs Hand los und ging zu Auster, legte ihren Arm um seine Mitte und streichelte sanft seine Hand. Überrascht und von plötzlicher Eifersucht erfüllt, sah Kerwin dem zu. Wie konnte sie sich aus einem so engen, emotionalen Kontakt mit ihm losreißen und geradewegs zu diesem … diesem … na ja, Auster gehen und ihre Zärtlichkeit ihm zuwenden? Angespannt beobachtete er, wie Taniquel Auster an sich zog und die Linien in Austers magerem Gesicht sich glätteten.
Elorie fing Kerwins Blick auf, als er die Matrix wegsteckte. Sie sagte: »Offensichtlich ist sie auf dich eingestimmt. Erste Lektion in der richtigen Behandlung einer Matrix: Laß sie niemals mehr, auch nicht wie jetzt unter Kirian , von irgendwem außerhalb deines eigenen Kreises anfassen, und nur dann, wenn der Betreffende in Rapport mit dir steht. Wir haben uns alle um höchstmögliche Einstimmung bemüht, sogar Auster, und es scheint außer bei ihm auch recht gut geklappt zu haben. Aber bei einem Außenseiter hättest du einen wirklich schmerzhaften Schock erlitten.«
Kerwin fragte sich, was ein wirklich schmerzhafter Schock sein mochte, wenn Elorie den, der ihm von Auster versetzt worden war, nicht dafür hielt. Finster sah er zu
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