Die Blutlinie
und klickt auf den »O.-K.« -Button. Eine weitere Seite öffnet sich. Dort steht: »Willkommen in meinem heißen Mitgliederbereich!«
»Voilà!«, lacht Leo.
»Gut nachgedacht.«
Er scrollt die Seite hinunter, die vor allem aus einem Menü der Themen besteht, die hier angeboten werden, etwa: »Persönliche Fotos«, »Meine Video-Clips«, »Meine Live Cam Shows«, »Meine Amateur-Freunde«. Der letzte Menüpunkt erweckt meine Aufmerksamkeit. Er lautet: »Fotos von Sex-Partys der Mitglieder«.
»Ich frage mich …«, sinniere ich.
»Was denn, Zuckerschnäuzchen?«, hakt Callie nach.
»Die Sex-Partys für Mitglieder … Ich schätze, er war nicht imstande, dieser Gelegenheit zu widerstehen. Sex mit ihr zu haben im Wissen, dass er sie bald töten würde … Ich kann mir ziemlich gut vorstellen, dass er das getan hat.«
»Es würde jedenfalls seine Erwartung steigern. Das Gefühl von Macht, das er gespürt hat.«
So etwas wäre typisch für einen Serienmörder: Das Beobachten, das Verfolgen, das Planen – all diese Dinge sind fast so berauschend für ihn wie das eigentliche »Finale«.
»Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es stimmt«, sagt James. »Wir könnten sämtliche Fotos herunterladen, die Gesichter der Männer einzeln durchscannen und sie durch unsere Gesichtsdatenbanken schicken.« Er hebt die Brauen. »Die Technik ist noch nicht ganz ausgereift, aber es wäre einen Versuch wert.«
Für das Kopf-an-Kopf-Rennen mit einem Verbrecher müssen wir methodisch vorgehen. Wir werfen Netze und Fallen aus, genau wie Fischer. Nicht eines, sondern viele, wieder und wieder und wieder. Suche nach Fingerabdrücken, erstes Netz. Richterliche Beschlagnahmeanordnung einer Abonnentenliste, zweites Netz. Gesichtserkennung, drittes Netz. Wieder und wieder werfen wir unser Netz aus, ziehen es ein. Normalerweise ist es leer. Wenn wir etwas fangen, dann untersuchen wir es, was es auch sein mag – einen Hai ebenso wie eine Elritze; alles, was uns dem Täter näher bringt. Es ist ein Schildkrötenrennen, bei dem wir unsere Fortschritte in Zentimetern messen, nicht in Kilometern.
»Mach das zusammen mit Leo.«
Ich gehe zu Alan. »Hast du die Kollegen vom LAPD erreicht?«
»Hab ich. Ich fahre hin und treffe mich dort mit ihnen.«
»Was ist mit Dr. Child? Hast du ihn ebenfalls erreicht?«
»Ja. Er war zuerst ziemlich abweisend, aber nachdem ich ihm kurz unsere heutigen Erkenntnisse schilderte, war er Feuer und Flamme. Will noch heute Abend eine Kopie des Berichts per Kurier und meint, er sei morgen früh fertig und bereit, sich mit dir zu unterhalten.«
»Gut. Callie, besorg den Bericht von Sykes, und schick Dr. Child eine Kopie.«
Callie geht zum nächsten Telefon, während Alan das Büro verlässt. Ich trete an meinen Schreibtisch und krame in den Schubladen, bis ich mein Adressbuch finde. Ich blättere es durch und finde die Telefonnummer, die ich suche.
Tommy Aguilera. Ein früherer Agent des Secret Service, der heute als Personenschützer arbeitet. Wir haben uns im Verlauf eines Falles kennen gelernt, in den der Sohn eines Senators verwickelt war. Er hatte Geschmack an Vergewaltigung und Mord gefunden. Tommy blieb am Ende nichts anderes übrig, als ihn zu erschießen, und im politischen Feuersturm, der daraufhin losbrach, konnte allein meine Aussage verhindern, dass Tommy seinen Job verlor. Damals bot er mir an, mich bei ihm zu melden, wenn ich seine Hilfe brauchte.
Ich wähle die Nummer. Er ist ein ausgesprochen ernst wirkender Mann mit ständigem Pokergesicht. Tommy spricht leise, doch es ist nicht die leise Stimme von jemandem, der schüchtern ist. Sie erinnert eher an die Geschmeidigkeit einer Schlange, die ganz genau weiß, dass sie blitzschnell zuschlagen kann.
Er meldet sich nach dem vierten Durchläuten. »Hier ist Tommy Aguilera.« Seine Stimme klingt genauso, wie ich sie in Erinnerung habe.
»Hallo Tommy. Hier ist Smoky Barrett.«
Eine kurze Pause. »Hallo Smoky! Wie geht es Ihnen?«
Ich weiß, dass Tommy dies aus Höflichkeit sagt. Nicht, dass es ihm egal wäre, wie es mir geht. Er ist nur kein Mann, der Smalltalk mag.
»Ich brauche Ihre Hilfe, Tommy.«
»Sagen Sie mir, was ich für Sie tun kann.«
Ich erkläre ihm die Sache, erzähle ihm von Jack Junior, dass er in meinem Haus war und mich zu verfolgen scheint.
»Es besteht die starke Wahrscheinlichkeit, dass er Ihre Bewegungen elektronisch verfolgt.«
»Das ist ein Teil der Geschichte. Falls ja, will ich es wissen. Aber ich möchte
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