Die Blutlinie
sich, wichtig dreinzuschauen. »O ja, Ma’am, selbstverständlich. Ich verstehe. Der Aufzug befindet sich gleich dort drüben. Lassen Sie mich wissen, wenn Sie etwas brauchen.« Ein weiterer verstohlener Blick zu Callies Titten.
»Mache ich, danke sehr.« Bestimmt nicht, denke ich.
Wir steigen in den Lift. »Widerlicher Kerl«, bemerkt Callie, während wir nach oben in den dritten Stock fahren.
»Allerdings.«
Wir steigen aus. Hinweisschilder führen uns zu Apartment Nummer 314. Ich klopfe an, und einen Moment später wird uns geöffnet.
Die Frau in der Tür und ich starren uns gegenseitig an, und uns fehlen die Worte. Callie durchbricht das Schweigen.
»Hast du eine Schwester, von der ich nichts weiß, Zuckerschnäuzchen?«
Ich habe keine, doch die Frage ist berechtigt. Leona Waters und ich könnten Schwestern sein. Wir sind fast gleich groß. Sie hat meine Figur, meine Kurven an der Hüfte und den Mangel an Kurven an der Brust. Das gleiche lange, dunkle, dicke Haar, und unsere Gesichter besitzen ebenfalls Ähnlichkeit. Die gleiche Nase. Unterschiedliche Augenfarben. Und natürlich hat sie keine Narben. Unter meinem Staunen spüre ich eine aufkeimende Beunruhigung. Ich schätze, es ist eindeutig, warum Jack Junior diese Frau ausgewählt hat.
»Leona Waters?«, frage ich.
Ihre Augen zucken von mir zu Callie und wieder zurück. »Ja …?«
Ich halte ihr meinen Dienstausweis hin. »FBI.«
Sie runzelt die Stirn. »Stecke ich in Schwierigkeiten?«
»Nein, Ma’am. Ich bin die Leiterin des CASMIRC Los Angeles, dem Child Abduction and Serial Murder Investigative Ressources Center. Wir suchen einen Mann, der mindestens zwei Frauen vergewaltigt, gefoltert und ermordet hat. Wir halten es für möglich, dass er Sie als nächstes Opfer ausgesucht hat.« Ich komme direkt zur Sache, maximale Schockwirkung.
Ihr Unterkiefer sinkt herab. Ihre Augen weiten sich. »Soll das ein Witz sein?«
»Nein, Ma’am. Ich wünschte, es wäre so. Leider ist es bitterer Ernst. Dürfen wir hereinkommen?«
Sie braucht eine Sekunde, doch dann fasst sie sich. Sie tritt beiseite und lässt uns ein.
Als wir ihr Apartment betreten, fällt mir als Erstes die geschmackvolle Einrichtung ins Auge. Subtile Schönheit und äußerst feminin. Unverkennbar das Zuhause einer Frau.
Sie deutet auf das Sofa und bittet uns, Platz zu nehmen. Sie setzt sich uns gegenüber in einen dazu passenden Polstersessel.
»Also … also ist es wahr? Sie sagen, irgendein Irrer da draußen will mich umbringen?«, fragt sie.
»Ein sehr gefährlicher Mann. Er hat bereits zwei Frauen getötet. Sein Ziel sind Frauen, die Webseiten für Erwachsene betreiben. Er foltert, vergewaltigt und tötet sie. Anschließend verstümmelt er ihre Leichen. Er hält sich für einen Nachkommen von Jack the Ripper.«
Ich setze meinen Bericht fort, schnell, kalt und erbarmungslos, um jedem Zögern und jeglichen Bedenken ihrerseits zuvorzukommen. Es scheint zu funktionieren; ihre Gesichtsfarbe wird immer blasser.
»Was bringt Sie auf den Gedanken, dass er mich als nächstes Opfer ausgewählt hat?«
»Er hat eine bestimmte Vorgehensweise. Er abonniert eine Webseite und wird Mitglied. Er hat dies bisher bei jeder Frau getan, die er ermordet hat. Er wählt einen Usernamen und ein Passwort, das mit Jack the Ripper in Zusammenhang steht. Wir fanden eine dieser Kombinationen auf ihrer Mitgliederliste.« Ich deute auf mich. »Er hasst mich, Miss Waters. Er ist besessen von seinem Hass auf mich. Sehen Sie nicht, wie ähnlich wir uns sind?«
Sie zögert, mustert mich von oben bis unten. »Ja. Natürlich sehe ich es.« Sie zögert. »Hat er … hat er Ihnen das angetan?« Sie deutet auf mein Gesicht.
»Nein, nicht er. Das war jemand anders.«
»Ich will ja nicht unhöflich sein, aber das ist nicht gerade sehr Vertrauen erweckend.«
Ich antworte mit einem schwachen Lächeln. Zeige ihr, dass ich mich nicht angegriffen fühle. »Das ist verständlich. Doch der Mann, der dies getan hat, hat mich unvorbereitet getroffen. Das ist es, was wir hier zu vermeiden versuchen. Er weiß nicht, dass wir ihm so dicht auf den Fersen sind.«
Ich sehe, wie Begreifen in ihrem Gesicht dämmert. »Ich verstehe. Sie wollen ihm eine Falle stellen, richtig?«
»Das ist richtig, Ma’am.«
»Und Sie wollen mich als Köder.«
»Genau genommen nicht, nein. Sie sind nur in der Hinsicht der Köder, dass er denkt, Sie wären daheim. Ich werde einen Beamten an Ihre Stelle setzen. Ich kann das Risiko nicht eingehen,
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