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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
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stimmt. Ich betrachte das nicht als Vertrauensbruch. Es geht nicht um die Privatsphäre oder um Rechte. Es geht darum, ob man mir wieder zutraut, das FBI zu repräsentieren. Oder eine Waffe in der Hand zu halten.
    »Gestern habe ich einen Bericht von Dr. Hillstead erhalten. Er schreibt darin, dass Sie noch ein ganzes Stück Weg vor sich haben und noch nicht arbeitsfähig sind. Punkt. Und jetzt tauchen Sie hier um sechs Uhr morgens auf und wollen mit zum Tatort einer ermordeten Freundin?« Er schüttelt vehement den Kopf. »Wie bereits gesagt: unter gar keinen Umständen!«
    Ich nehme einen Zug von der Zigarette und drehe sie zwischen den Fingern, während ich ihn mustere und überlege, was ich sagen kann. Mir wird bewusst, dass ich den Grund für sein Hiersein kenne. Er ist wegen mir hier. Weil der Mörder an mich geschrieben hat. Weil er sich Sorgen macht.
    »Hören Sie, Sir. Annie King war meine Freundin. Ihre Tochter ist noch am Leben. Sie hat keine Familie mehr. Ihr Vater ist tot, und ich bin ihre Patentante. Ich würde sowieso nach San Francisco fliegen. Ich bitte das FBI doch nur um den Gefallen, mich mitzunehmen.«
    Bei meinen Worten verschluckt er sich am Rauch und hustet. »Ich bitte Sie! Netter Versuch, aber wen zur Hölle glauben Sie vor sich zu haben, Agent Barrett?« Er richtet den Zeigefinger auf mich. »Ich kenne Sie gut genug, Smoky! Versuchen Sie nicht, mir irgendeinen Mist zu erzählen! Ihre Freundin ist tot – was mir übrigens sehr Leid tut –, und Sie wollen dort hin und den Fall selbst übernehmen. Das ist die Wahrheit. Und ich kann es nicht zulassen. Erstens sind Sie persönlich in den Fall verwickelt, und das verbietet Ihren Einsatz. Ausdrücklich sogar, so steht es in den Vorschriften. Zweitens sind Sie möglicherweise selbstmordgefährdet, und ich kann nicht zulassen, dass Sie in diesem Zustand einen Verbrechensschauplatz betreten.«
    Ich starre ihn mit aufgerissenem Mund an. Als ich ihm antworte, sind meine Worte erfüllt von Wut und Scham. »Herrgott im Himmel, Sir! Hängt mir vielleicht ein Warnschild am Hals, auf dem steht, dass ich erwogen habe, mich zu erschießen?«
    Sein Blick wird weich. »Nein, kein Schild. Uns allen ist einfach nur bewusst, dass jeder von uns daran denken würde, wenn er auch nur die Hälfte von dem durchgemacht hätte, was Sie durchmachen mussten.« Er wirft seine Zigarette auf das Pflaster und sieht mich nicht an, als er weiterspricht. »Ich habe selbst schon einmal daran gedacht, mir die Kanone in den Mund zu stecken.«
    Wie bei Callie heute Mittag, so bin ich auch jetzt sprachlos. Er bemerkt es und nickt. »Es stimmt, Smoky. Ich habe einen Partner verloren, vor etwa fünfundzwanzig Jahren, als ich noch beim Los Angeles Police Department, dem LAPD, war. Ich habe ihn verloren, weil ich eine falsche Entscheidung traf. Ich habe uns ohne Rückendeckung in ein Gebäude geführt, und es ist uns über den Kopf gewachsen. Er hat den Preis bezahlt. Familienmensch, geliebter Ehemann und Vater von drei Kindern. Es war meine Schuld, und ich habe fast acht Monate daran gedacht, diese Ungerechtigkeit zu korrigieren.« Er sieht mich an, und in seinem Blick ist keine Spur von Mitgefühl. »Es ist nicht so, als hätten Sie ein Schild umhängen, Smoky. Es ist so, dass die meisten von uns denken, sie hätten sich an Ihrer Stelle das Gehirn weggeblasen.«
    Das ist es, was AD Jones ausmacht. Kein Smalltalk, kein Herumreden um die Dinge. Und das ist gut so. Man weiß immer, woran man bei ihm ist. Immer.
    Ich kann ihm nicht in die Augen sehen. Ich werfe meine halb aufgerauchte Zigarette weg und trete sie mit dem Absatz aus, während ich meine nächsten Worte sorgfältig überlege. »Sir, ich weiß Ihre Worte zu schätzen. Und Sie haben in fast allen Punkten Recht – bis auf einen.« Ich blicke zu ihm auf. Ich weiß, dass er meine Augen sehen will bei dem, was ich ihm als Nächstes sagen werde, damit er die Wahrheit meiner Worte abschätzen kann.
    »Ich habe darüber nachgedacht, Sir. Verdammt lange. Aber heute? Seit heute weiß ich mit Sicherheit, dass ich es nicht tun werde. Und wissen Sie, was mich dazu gebracht hat, meine Meinung zu ändern?« Ich deute auf mein Team, das wartend auf den Stufen vor dem Gebäude steht. »Ich bin hergekommen und habe diese Leute gesehen, zum ersten Mal, seit es passiert ist. Ich bin hergekommen und habe sie gesehen, und sie waren alle da und haben mich akzeptiert. Na ja, die Jury ist noch unentschlossen, was James angeht. – Aber der springende

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