Die Blutlinie
»Danke.«
KAPITEL 17
»Möchtest du die gesamte oder die Kurzversion?«
Alan öffnet den Ordner mit dem Autopsiebericht, während er mir diese Frage stellt.
»Die Zusammenfassung bitte.«
»Also gut, hier das Wesentliche. Der oder die Täter haben sie vergewaltigt, sowohl vor als auch nach ihrem Tod. Er oder sie haben sie mit einem scharfen Messer aufgeschlitzt, bevor sie starb, doch die meisten Wunden waren nicht tödlich.«
Folter. Ich nicke ihm zu, damit er fortfährt.
»Die Todesursache ist Verbluten. Sie ist ausgeblutet, wegen einer Verletzung an der Halsschlagader.« Er wirft einen flüchtigen Blick in die Mappe. »Nachdem sie tot war und sie fertig waren mit ihr, haben sie sie aufgeschnitten. Sie haben die inneren Organe entfernt und in Plastiksäcke gelegt, die sie neben der Leiche zurückgelassen haben.« Er sieht zu mir auf. »Sämtliche Organe wurden gefunden, mit Ausnahme der Leber.«
»Sie haben sie wahrscheinlich mitgenommen«, sagt James in das sich anschließende Schweigen hinein. »Oder aufgegessen.« Ich unterdrücke ein Erschauern bei diesen Worten. Ich bin sicher, dass er Recht hat.
»Die Untersuchung der Schnittwunden hat ergeben, dass sie von einem Skalpell stammen könnten, was passen würde. Der Pathologe sagt, dass sie geschickt vorgegangen sind bei der Entfernung der Organe. Nicht allein die Chirurgie, sondern sie wussten genau, wo die Organe liegen und wie sie vorgehen müssen, um sie intakt zu entfernen. Sie haben nicht nur Dick- und Dünndarm getrennt, sie haben sie in ihre Bestandteile zerlegt. Den Dünndarm in drei, den Dickdarm in vier.«
Ich denke darüber nach. »Hat er – äh, haben sie irgendwelche anderen Organe auf die gleiche Weise zerlegt?«
Alan liest in der Mappe nach, dann schüttelt er den Kopf. »Nein.« Er sieht mich an. »Sie wollten offensichtlich angeben.«
»Das ist gut«, sage ich grimmig.
Leo blickt mich ungläubig an. »Wieso ist das gut?«, fragt er.
Alan wendet sich zu ihm und beantwortet die Frage für mich. »Es ist gut, mein Junge, weil wir diese Kerle durch ihre Fehler schnappen. Wenn sie so etwas tun, bedeutet es, dass ihnen der Akt an sich nicht reicht. Sie wollen unsere Aufmerksamkeit. Das bedeutet, dass sie nicht so vorsichtig sind, wie sie sein könnten. Oder sollten. Damit wird die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie Fehler begehen.«
»Einfacher ausgedrückt, mein Kind«, schaltet sich Callie ein, »es bedeutet, dass sie noch durchgeknallter sind als üblich. Das erhöht die Chance, dass sie sich verraten.«
»Ich verstehe«, sagt Leo, doch er sieht bestürzt drein, während ihm die Bedeutung dieser Worte aufgeht. Ich kann es verstehen. Das Sezieren menschlicher Organe durch zwei Psychopathen als etwas Positives zu betrachten, fällt schwer und ist noch schwerer zu begreifen. Leo fragt sich wahrscheinlich, ob er es überhaupt begreifen will.
Alan fährt fort. »Nachdem sie die Organe entfernt hatten, ließen sie die Bauchhöhle offen und banden Bonnie an die Tote.« Er klappt die Mappe zu. »Es wurde kein Sperma gefunden, allerdings Latexrückstände in der Vagina.«
Sie haben Kondome benutzt, um keine DNS zu hinterlassen.
»Weiter nichts. Keine Haare, keine Fingerabdrücke an oder in ihrer Leiche. Das ist alles.«
»Und was schließen wir daraus?«
James zuckt die Schultern. »Sehen wir uns den Rest des Bildes an. Es gibt keine Verletzungen, die auf ein Zögern hindeuten. Sie waren von Anfang an sicher und entschlossen in ihrem Tun, was das Aufschneiden angeht. Einer von ihnen hat vielleicht eine medizinische Ausbildung. Ich halte es für wahrscheinlich.«
»Oder sie besitzen eine Menge Übung«, murmelt Callie.
»Was wissen wir sonst noch?« Ich sehe alle der Reihe nach an. Alan zückt einen Block und einen Stift. Das ist Teil unserer Routine. Er ist bereit, jeden wichtigen Gedanken und jede Vermutung schriftlich festzuhalten.
»Wir wissen, dass beide weiß und männlich sind«, sagt Callie. »Einer ist knapp über eins achtzig groß, der andere knapp unter eins achtzig. Beide sind schlank.«
Alan spricht als Nächster. »Sie sind sehr vorsichtig. Sie wissen, wie Spuren entstehen, und haben Vorkehrungen getroffen, um sie zu vermeiden. Keine Haare, keine Hautschuppen, kein Sperma.«
»Aber sie sind nicht so clever, wie sie glauben«, bemerke ich. »Wir haben die Fingerabdrücke am Bett. Und wir haben herausgefunden, dass sie zu zweit waren.«
»Und das ist das Problem, nicht wahr?«, wirft Alan ironisch ein. »Wenn sie
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