Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
Vom Netzwerk:
unverkennbar. Und Gesicht und Figur weisen die gleiche Model-Schönheit auf. Die Augen sind anders. Billy Hamiltons Gene, schätze ich. Am meisten aber fühle ich mich durch Marilyns Wut an Callie erinnert. Sie ist stinksauer, die Art von stinksauer, die nur plötzliche Angst hervorzurufen vermag.
    »Wollen Sie mir jetzt endlich verraten, was hier gespielt wird?«, fragt sie schrill. »Warum plötzlich zwei FBI-Agenten mit gezogenen Waffen vor meiner Haustür auftauchen?«
    Callie antwortet nicht. Sie hat den Kopf immer noch in den Händen. Sie sieht erledigt aus.
    Also muss ich das Reden übernehmen, für den Augenblick jedenfalls. »Würden Sie sich bitte zuerst setzen, Mrs. Gale? Ich werde Ihnen alles erklären. Allerdings sollten Sie vielleicht zuerst einmal versuchen, sich ein wenig zu entspannen.«
    Sie bleibt stehen und funkelt mich an. Der Blick reicht aus, um mich zu überzeugen, dass die Gene auch für die Persönlichkeitsausprägung eine Rolle spielen. Ich sehe Callies Stahl in diesen wütenden Augen. »Ich werde mich setzen. Aber verlangen Sie nicht, dass ich mich entspanne!«
    Ich antworte mit einem schwachen Lächeln. Sie setzt sich. Callie hat den Kopf immer noch in den Händen vergraben.
    »Ich bin Special Agent Smoky Barrett, Mrs. Gale, und das hier …«
    Sie lässt mich nicht ausreden. » Ms Gale, nicht Mrs. «Sie zögert. »Barrett? Sind Sie die Beamtin, die vor sechs Monaten von diesem Irren überfallen wurde? Die Frau, die ihre gesamte Familie verloren hat?«
    Ich zucke innerlich zusammen, doch ich nicke. »Ja, Ma’am.«
    Dies scheint ihr – mehr als alles andere – die Angst zu nehmen. Sie ist immer noch nicht entspannt, aber ihre Wut ist durchsetzt von Mitgefühl. Der Zyklon erstirbt. Lediglich kleine Blitze zucken noch in den Ausläufern. »Es tut mir Leid«, sagt sie. Zum ersten Mal scheint sie auch meine Narben zu bemerken. Ihr Blick ist gemessen und zurückhaltend, und sie wirkt nicht abgestoßen. Sie sieht mir direkt in die Augen, und ich bemerke etwas, das mich überrascht. Nicht Mitleid, sondern Respekt.
    »Danke sehr.« Ich atme tief durch. »Ich leite die Abteilung der FBI-Niederlassung von Los Angeles, die sich mit Gewaltverbrechen befasst, mit Serienmorden. Wir suchen einen Mann, der mindestens eine Frau ermordet hat. Er hat Agent Thorne eine E-Mail geschickt, die darauf hindeutete, dass Sie sein nächstes Opfer sein könnten.«
    Marilyn Gale wird blass und drückt das Baby an ihre Brust. »Was? Ich? Warum?«
    Jetzt hebt Callie den Kopf. Ich erkenne sie kaum wieder. Ihr Gesicht ist eingefallen, von Sorgen gezeichnet. »Er hat es auf Frauen abgesehen, die ihre eigenen pornografischen Webseiten ins Internet stellen. Er hat uns einen Link zu Ihrer Seite geschickt.«
    Verblüffung ersetzt die Angst auf Marilyns Gesicht. Nicht nur Verblüffung. Offene Entrüstung. »Was? Ich … ich habe gar keine eigene Webseite! Und schon gar keine Porno-Seite. Herrgott noch mal, ich gehe aufs College! Na ja, im Moment habe ich Mutterschaftsurlaub. Das hier ist das zweite Haus meiner Eltern, und sie lassen mich für den Augenblick hier wohnen.«
    Stille. Callie starrt sie an, versucht ihre Konfusion zu begreifen. Und erkennt, genau wie ich, dass es die Art von Verblüffung ist, die man nicht vortäuschen kann. Marilyn sagt die Wahrheit.
    Callie schließt die Augen. Ich bemerke eine Art von Erleichterung in ihrem Gesicht, vermischt mit einer winzigen Spur von Traurigkeit. Ich verstehe sie. Callie ist erleichtert, dass ihre Tochter keine Pornografie macht. Doch jetzt weiß sie auch, dass es nur einen Grund gibt, warum Jack Junior seine Aufmerksamkeit Marilyn gewidmet hat. Zittrige Erleichterung kombiniert mit seelenzerschmetternden Schuldgefühlen – eigentlich meine Spezialität.
    »Sind Sie sicher, dass … dass dieser Mann mich gemeint hat?«
    »Wir sind absolut sicher«, antwortet Callie leise.
    »Aber ich betreibe keine Porno-Webseite.«
    »Er hat andere Gründe.« Callie sieht sie an. »Wurden Sie adoptiert, Miss Gale?«
    Marilyn Gale runzelt die Stirn. »Ja, wurde ich. Warum wollen Sie …?«
    Sie bricht ab, als sie Callie ansieht, zum ersten Mal richtig ansieht. Ihre Augen weiten sich, und ihr Unterkiefer fällt herab. Ich kann sehen, wie sie Callies Gesicht mustert, wie sie die einzelnen Partien vergleicht. Kann es an ihren Blicken erkennen, dass es ihr schließlich dämmert.
    »Sie sind … du bist …«
    Callie lächelt ein bitteres Lächeln. »Ja.«
    Marilyn sitzt nur da, stocksteif,

Weitere Kostenlose Bücher