Die Blutnacht: Roman (German Edition)
sie an. Niemand sonst näherte sich ihm. Niemand würde es wagen. Wer sich überhaupt eine Chance gegen ihn ausgerechnet hatte, wusste nun mit Sicherheit, dass er sie verpasst hatte. Sie konnten jetzt nur noch hoffen, dass er Gnade walten lassen würde. Er nahm sein Schwert, schüttelte mit einer schnellen Bewegung das Blut von der Klinge und steckte es in die Scheide. Der Schurke bei der Vordertür stöhnte noch vor Schmerzen. Tannhäuser stellte einen Fuß auf den toten Leibwächter, beugte sich herunter und zog ihm mit einem Ruck die Partisane aus der Brust. Dann stieß er dem Kerl an der Eingangstür das spitze Gegengewicht der Partisane durch die Schläfe.
Er schaute sich im Raum um.
Außer Paul und dem Boten, der immer noch versuchte, an dem um sich schlagenden zweiten Leibwächter vorbeizukommen, um den Riegel der Hintertür aufzuziehen, waren noch fünf Männer übrig.
Die beiden Banditen, die ihn erkannt hatten, saßen reglos an ihrem Tisch, als hofften sie, sie könnten sich unsichtbar machen. Die anderen drei standen in einer Gruppe an der hinteren Wand. Sie redeten alle mit großem Ernst auf Tannhäuser ein, aber er hörte sie nicht. Zwei hatten sich ein wenig vom dritten abgesetzt, dessen Furcht wuchs. Sie behaupteten, er hätte den Krug geworfen, und schworen bei den Seelen ihrer Mütter, sie seien nur auf ein ruhiges Glas Wein in den Blinden Pfeifer gekommen. Die verschiedenen Messer auf dem Tisch und die an die Schemel gelehnten Streitkolben straften sie Lügen. Aber es war ohnehin alles einerlei. Jetzt gab es nur noch eine Lösung : ein Gemetzel.
Einen nach dem anderen spießte Tannhäuser alle fünf mit der Partisane auf; je ein Stoß mitten ins Herz, wenn nötig durch die schützend davorgelegten Hände. Erst kamen die beiden Banditen am Tisch an die Reihe, die Paul den Gehorsam verweigert hatten, um ihre eigene Haut zu retten. Sie blieben bis zum bitteren Ende sitzen, als könnten sie sich durch gutes Benehmen ihr Überleben sichern. Nun waren die beiden angeblich friedlichen Weintrinker und frommen Katholiken an der Reihe, dann der Werfer des Weinkrugs. Auf dem Boden hinter dem Tresen entdeckte Tannhäuser noch einen sechsten Mann, der sich hinter den Weinfässern verbarg.
Auch den erstach Tannhäuser mit der Pike.
Er nahm seine Armbrust vom Tresen und ging zu Paul, der zitternd auf seinem Papstthron saß. Er lehnte die Partisane an die Wand. Er legte einen Bolzen in die Armbrust ein und legte die Waffe mit dem Abzug nach oben auf einen Tisch. Er bemerkte den Boten, der sich in eine Ecke drückte. Der Mann hielt ein Messer, als könnte es ihn trösten. Er hatte die Augen weit aufgerissen, und in seinem Kopf wirbelten offensichtlich die Gedanken, doch keiner würde ihm etwas nutzen.
Tannhäuser schaute zu Paul. Er hatte in Ägypten schon ein, zwei fettere Männer gesehen. Pauls Gesicht glänzte im Lampenlicht. SeineAugen starrten auf Tannhäusers Brust, und er atmete in schnellen, kurzen Stößen durch die geschürzten Lippen, als versuchte er zu pfeifen.
»Ich bin Mattias Tannhäuser. Ich nehme an, Ihr seid der Pontifex vor Ort?«
Paul antwortete nicht. Er konnte nicht. Hinter ihm keuchte der an die Tür genagelte Ochse wie ein ängstliches Kind den Namen seines Herrn. Mit jedem Japsen sprühte er Blut auf die Tür.
»Paul … Paul …«
Tannhäuser trat um das Sofa herum und schaute zu dem Boten.
»Lass das Messer fallen.«
Der Bote gehorchte.
»Du warst in der Kirche. Außer den Toten, was hast du noch gesehen?«
»Ich habe den Infanten gesehen. Ich bin ihm dorthin gefolgt. Paul hat mir das befohlen. Sire.«
»Den Infanten?«
»Grymonde.« Der Bote keuchte bei jedem Wort. »Er ist in die Kirche gegangen. Er ist drin geblieben, es schien mir eine lange Zeit. Er kam dann aus dem Haus des Priesters und stand auf der Straße. Man kann Grymondes Miene nicht lesen. Ich jedenfalls nicht. Er ist nach Norden gegangen, auf den Tempel zu. Dann habe ich in die Kirche geschaut und habe die toten Männer gesehen, die da lagen wie Hasen, und dann bin ich hierher gerannt.«
»Gut. Jetzt stell dich hinter Paul und lege ihm deine Hände auf die Schulter.«
»Paul … Paul …«
Der Bote hörte nicht auf den Ochsen und tat, was man ihm gesagt hatte.
Tannhäuser zog den mit Lapislazuli verzierten Dolch hervor und legte eine Hand in den Nacken des Boten. Der Mann zitterte. Tannhäuser dachte an Carla. Und daran, was Verbrecher wie dieser ihr angetan hatten.
»Das ist wirklich nicht nötig«,
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