Die Blutnacht: Roman (German Edition)

außen.«
    »Wie sicher bist du, dass Papst Paul da drinnen ist?«
    »Paul ist der fetteste Mann von Paris. Er geht nie raus. Er sitzt auf einem Sofa im hinteren Bereich des Raums. Er hat zwei Leibwachen, die ihm auf die Füße helfen.«
    Tannhäuser hatte mit Leuten wie Paul zu tun gehabt, überall von Istanbul bis Tanger. Normalerweise musste man im Umgang mit ihnen Geduld zeigen; heute Abend hatte er keine. Das Gasthaus würde keine laute Kneipe sein. Männer, die gern und gut kämpften, tranken nicht zusammen. Zum Raufen würden sie woanders hingehen. Tannhäuser erwartete nicht viel, das ihm Sorgen machen würde; außer Frauen. Er hatte noch nie eine Frau getötet; keine hatte ihm je genügend Grund dafür gegeben. Und zur falschen Zeit im falschen Gasthaus zu sitzen schien ihm auch kein triftiger Grund zu sein. Er zog einen Dolch.
    »Halte diese Armbrüste für mich.«
    Tannhäuser schnitt die Sehnen der vier zusammengebundenen Armbrüste durch.
    »Hat Paul Huren auf der Straße?«
    »Nein. Paul mag Frauen nicht.«
    »Jungen?«
    »Paul mag auch keine Kinder. Nur Geschäfte und Essen.«
    Tannhäuser steckte den Dolch in die Scheide und legte einen Bolzen in seine Armbrust ein.
    Er hörte Musik. Saiten. Gesang.
    Grégoire erklärte: »Paul lässt manchmal am Abend einen Barden kommen.«
    Ein Mann kam die Straße hoch gerannt. Tannhäuser wich zurück.
    Der Mann eilte in den Blinden Pfeifer, ohne sie zu sehen.
    »Lass uns hoffen, dass wir mehr Glück haben als er. Gib mir das Bündel.«
    Tannhäuser hielt die gespannte Armbrust in der Linken und nahm die anderen vier an den Griffen der Garotte zusammen mit der Partisane in die Rechte.
    »Mach die Tür für mich auf, komm aber nicht mit rein. Warte hier draußen. Es kann eine Weile dauern.«
    »Niemand krümmt Paul ein Haar. Deswegen ist er der Papst.«
    »Zeit, dass wir ihn vom Thron stoßen.«
    Grégoire zog die Tür des Blinden Pfeifers auf.
    Tannhäuser konnte geradewegs am Tresen vorbeischauen.
    Die Balkendecke war niedrig. Er würde den Kopf einziehen müssen.
    Am anderen Ende des Raums war eine riesige purpurrote Masse mit einer kleinen rosa Kugel obendrauf zu sehen, die sich, von zwei menschlichen Ochsen flankiert, auf einem Sofa fläzte. Der Bote, der eben hereingekommen war, stand über Pauls Ohr gebeugt da.
    Auf halber Höhe des Raums saß ein Musiker auf einem Stuhl und begleitete seinen Gesang mit der Harfe auf seinem Schoß. Er hatte eine wunderschöne Stimme. Er saß mit dem Rücken zu Tannhäuser.
    Tannhäuser trat ein, und die Tür schloss sich hinter ihm. Er lehnte die Partisane an den Türrahmen. Mit einem Blick erfasste er: neun Kunden an den Tischen.
    Sie waren alle Abschaum der einen oder anderen Sorte, manche sehr schön angezogen. Verschiedene Augenpaare bemerkten das Malteserkreuz auf seiner Brust. Zwei Leute wussten, was das Kreuz bedeutete und wer er war. Sie erwarteten ihn, saßen so, dass sie, wenn nötig, hinter ihm waren. Gut. Wenn Paul gefürchtet hatte, dass er kommen würde, hatte Paul ihm etwas zu erzählen. Er schaute nicht lange hin. Die anderen schon. Tannhäuser bemerkte einen erfahrenen Schurken, der sofort wahrnahm, wie viele Waffen er beisich trug. Der Gefährte des Schurken sah aus wie ein Höfling, der wahrscheinlich für einen Ausflug auf die dunklere Seite der Stadt zahlte. Der Schurke winkte kurz zwei Schlägertypen am Nebentisch zu: abwarten und beobachten. Die beiden Schläger brauchten diesen Hinweis nicht. Sie hatten die gespannte Armbrust gesehen und hofften, nicht mit ihr in Berührung zu kommen. Drei weitere Banditen saßen in einer Ecke und wussten ebenfalls, wer Tannhäuser war. Als er sie anschaute, starrten sie in ihre Weinbecher.
    Tannhäuser machte zwei Schritte, schwang das Bündel hoch in die Luft und ließ los. Die vier Armbrüste landeten klirrend auf dem Boden und schlitterten über die Steinplatten auf Paul zu. Die durchgeschnittenen Sehnen schlängelten sich hin und her. Obwohl die meisten nicht genau wussten, was diese Geste sollte, war doch die allgemeine Bedeutung klar.
    Der Barde unterbrach sein Lied. Stille senkte sich herab.
    Die beiden menschlichen Ochsen schauten Paul an, als hofften sie, er könnte einen Blitz schleudern. Aus dieser Entfernung gesehen, war Pauls Gesicht zu aufgedunsen, um Furcht zu verraten. Das schaffte jedoch seine Stimme.
    »Willkommen, Herr Ritter! Die Kunde von Euren kühnen Taten hat mich gerade erreicht.«
    Tannhäuser deutete mit dem Kopf auf den