Die Blutnacht: Roman (German Edition)
sagte Paul. »So was machen wir hier nicht.«
»Habt Erbarmen, Herr«, keuchte der Bote. »Ich bin auf einem Ohr taub.«
Tannhäuser schnitt ihm die Kehle durch und hielt ihn aufrecht, während sich sein Blut über Pauls Kopf ergoss. Paul quiekte und spuckte. Er kotzte auf seinen riesigen purpurroten Bauch.
Tannhäuser ließ die Leiche fallen.
»Paul … Paul…«
»Herrgott, könnt Ihr wenigstens Maurice ruhig halten?«
Tannhäuser schaute auf den Ochsen, der immer noch Blut auf die Tür sabberte. Die Zinnfiederung des Bolzens war verdreht, hatte sich im Genick verkantet. Die Spitze des Bolzens war ins Holz gedrungen, hatte aber keine lebenswichtigen Blutgefäße und Organe berührt. Tannhäuser stach Maurice den Dolch unter das Schlüsselbein. Jetzt, da dessen Beine ihn nicht mehr aufrecht hielten, brach der Bolzen ab, und Maurice sackte auf den Boden.
»Danke«, sagte Paul.
Tannhäuser nahm den Stuhl, der Paul gegenüber stand. Pauls Gesicht war eine schimmernde rote Maske. Blut rann ihm über die Fettrollen, die ihn umhüllten. Er wischte sich die Augen und zwinkerte.
»Musstet Ihr den Barden töten?«
Tannhäuser sah unter aller Furcht die Intelligenz des Mannes aufscheinen.
»Wo ist meine Frau?«
»Ich sage Euch mit Freuden, wo Ihr Carla finden könnt, sobald Ihr verstanden habt, warum es nicht in Eurem Interesse ist, mich umzubringen.«
»In welcher Verfassung ist sie?«
»Ich versichere Euch, dass sie unversehrt ist. Bisher jedenfalls.«
»Wird sie als Geisel festgehalten?«
»Wenn sie es nur wäre«, seufzte Paul. »Dann bekäme ich einen Teil des Lösegelds. Aber verzweifelt nicht, Ihr seid zum richtigen Mann gekommen. Wenn wir unsere Talente zusammenlegen, könnten wir eine außerordentliche Macht werden und sicher ein glückliches Ende herbeiführen.«
»Eure Eitelkeit übertrifft Eure Intelligenz.«
»Man braucht weder Eitelkeit noch Intelligenz, um zu wissen, dass Ihr mich braucht.«
»Man sagte mir, dass Ihr gern Geschäfte macht. Hier ist also mein Angebot.« Tannhäuser deutete mit dem Kopf auf die Armbrust.»Sagt mir, was ich wissen muss, und dann schieße ich Euch diesen Bolzen in den Schädel.«
»Ich habe schon bessere Angebote bekommen.«
»Fett blutet nicht sehr. Ich könnte Euch dreißig oder vierzig Pfund vom Leib säbeln, und es würde eine Woche dauern, bis die Blutvergiftung Euch erledigt. Ich könnte noch mit Eurer Zunge und Euren Fingern weitermachen, obwohl Ihr bis dahin schon so rasend vor Schmerzen sein werdet, dass Ihr meinen Namen nicht mehr verraten könnt.«
»Euer Name wird bereits überall in der Stadt gesprochen. Schneidet drauflos, wenn es Euch Vergnügen bereitet, was ich annehme. Ich würde Eure Fragen beantworten, und Ihr würdet die Dinge herausfinden, die Ihr wissen wollt. Aber Ihr würdet nichts herausfinden, was Ihr wissen müsst, denn Ihr wisst nicht, wie man danach fragt.«
»Ich kenne Männer, die Schmerzen aushalten. Ihr seid keiner.«
Tannhäuser stand auf und zückte den Dolch.
Paul hob die blutigen Hände. »Wartet. Wir alle kennen die Legende vom Ritter, der mit dem Tod Schach gespielt hat. Nun, ich spiele vielleicht um mein Leben, aber Ihr spielt um Carlas Leben. Ihr könnt Euch in dieser Phase des Spiels keinen falschen Schachzug leisten.«
Tannhäuser setzte sich nicht wieder hin. Er wies Paul mit einem Nicken an, weiterzusprechen.
»Diese Angelegenheit hat von Anfang an gestunken …«
»Wann hat Christian Euch angeheuert?«
Paul leckte sich das Blut von den Lippen, als hätte er gerade eine seiner Spielfiguren verloren.
»Heute Nachmittag.«
»Für die Morde im Hôtel d’Aubray, nicht für den an mir. Ihr seid doch der Mann für die Morde, nicht?«
»Vor einer Woche. Christian hat mir in allen Einzelheiten erklärt, was sie wollten, nicht warum. Vielleicht wusste der kleine Speichellecker es selbst nicht. Aber ich habe den Grund gleich erkannt.«
»Die Lunte anzünden. Einen Krieg anzetteln.«
Paul schaute ihn abschätzend an. »Sehr gut. Natürlich war ich in Versuchung. Im Krieg ist sehr viel Geld zu verdienen, vor allem,wenn man einer der wenigen ist, die wissen, dass es einen geben wird. Ich habe einen stolzen Preis gefordert, um ihre Begeisterung auf die Probe zu stellen. Sie haben nicht gefeilscht. Da konnte ich nicht mehr heraus, sonst hätte ich ihr Vertrauen verloren. Das sind keine gewöhnlichen Verbrecher, obwohl ich nicht sicher weiß, wer sie sind. Meine Quellen im Louvre sind schwach, das muss ich zugeben.
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