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Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Blutnacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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an ihm ab. Hinter ihm ein Gewirr von Schmerz, vor ihm schiere Panik. Es gab keine Reihen mehr, nur eine Menschenmasse, die noch nicht begriffen hatte, dass sie floh. Diejenigen, die gekämpft hätten, versuchten, an denen vorbeizukommen, die das nicht wollten, und beide waren hilflose Opfer seiner Wut.
    Er tötete elf.
    Er schaute auf die Verwunderung in ihren Augen, während sie starben.
    Er tötete fünfzehn und hörte dann auf zu zählen, während er weiter mordete.
    Ein weiter Raum tat sich zu seiner Seite auf, als der wirre Haufen zurückwich. Er ließ seine beiden Dolche im Hals des letzten Opfers stecken und nahm dem Mann die Hellebarde aus der Hand.
    Damit durchbohrte er einen angreifenden Schwertkämpfer und schleuderte ihn zwischen die Beine eines zweiten. Er richtete sich auf und spaltete dem zweiten Mann mit der Axtklinge seiner Waffe den Schädel. Einem Dritten trieb er die Hellebarde in den Brustkorb. Dann schätzte er die Entfernung zum nächsten Mann ein, der das sah und sofort kehrtmachte und wegrannte. Tannhäuser verfolgte ihn und trieb ihm mit voller Kraft die Klinge zwischen die Schultern. Dann stach er sie ihm noch einmal in den Nacken.
    Tannhäuser holte tief Luft und schaute über das Schlachtfeld.
    Er hatte den Kai freigeräumt und war auf dem besten Weg zum Platz vor dem Louvre. Die verstreuten Stapel mit Baumaterialien gaben ihm Deckung, aber er sah niemanden, der ihm auflauerte. Der Ostflügel des Louvre war dunkel, nur über dem Torhaus leuchtete eine Laterne, und im Turm brannte ein Licht. Es waren vielleicht zwanzig Pilger übrig geblieben, ein weiteres Dutzend am Ufer, aber die am nächsten Stehenden waren zu weit entfernt. Die Hälfte der Männer rannte mit erstaunlicher Geschwindigkeit in eine andere Richtung, und sie schauten nicht zurück. Die anderen waren benommen vom Schrecken und von der Neugier wie gelähmt. Ein paar Männer musterten ihn noch, vielleicht Kriegsveteranen, aber was hatten die im Krieg schon gemacht, außer in einer Reihe gestanden und Befehle befolgt? Selbst die Dümmsten wussten,was für ein Gemetzel er angerichtet hatte, und die Besten hatten keine Ahnung, wie sie ihn angreifen sollten.
    Garnier stöhnte zehn Schritte von ihm entfernt unter Bonnetts Gewicht. Tannhäuser ging zu den beiden hinüber, setzte Bonnett einen Fuß auf die Brust, zog den Pfeil heraus, der ihn dort angeheftet hatte, und steckte ihn sich in den Gürtel. Er trat Bonnett zur Seite, um den Pfeil in Garniers Lende besser zu sehen. Kaum ein Fuß des Schaftes war noch hinter den Federn auszumachen. Die beiden anderen Fuß hatten die Eingeweide des Mannes durchdrungen. Eine tödliche Verletzung, an der er langsam sterben würde. Und er hatte es nicht besser verdient. Aber sein Tod würde vielleicht den Zögernden das Gefühl geben, dass etwas beendet war. Tannhäuser schaute dem Hauptmann in die Augen, aber der war unfähig, etwas anderes als Schmerz zu empfinden. Tannhäuser erhob die Hellebarde vertikal in beiden Hände. Er stieß sie Garnier durch den Mund und nagelte ihn durch den Nacken auf die Bretter des Kais.
    Tannhäuser schaute zu den Zögernden und zog sein Schwert. Sie machten kehrt und rannten auf das Labyrinth der Ville zu. Die Pilger am Ufer stapften nach Osten, an den vertäuten Booten vorüber.
    Tannhäuser schritt durch das Chaos zum Kai. Vier Gestalten krochen durch die Blutlachen wie Büßende am Altar eines mexikanischen Tempels. Er köpfte sie, einen nach dem anderen, säuberte seine Schwertklinge und dachte, nun sei wohl sein Blutdurst gestillt. Er sammelte seine Dolche wieder ein und steckte sie weg. Er hob eine Mütze auf, wischte sich damit die Stirn und ließ sie wieder fallen.
    Er ging zum Käfig mit den toten Affen.
    Der Käfig lag auf der Seite, und die winzigen, wunderbaren Geschöpfe waren noch darin aufgehäuft. Die Hitze und Feuchtigkeit des Tages hatten sie zu einer grotesken, vielköpfigen Masse verschmolzen.
    Tannhäuser schleifte den Käfig zum flussabwärts liegenden Teil des Kais. Die Tür nahm eine ganze Seite des Käfigs ein. Er durchtrennte die ledernen Scharniere und öffnete die Tür. Er kippte den Käfig und leerte die Gefangenen ins Wasser.
    Wenn ihn alle für verrückt erklärt hätten, er hätte ihnen nicht widersprechen können. Aber der Platz lag verlassen da, ebenso derKai, das Flussufer und die Schiffsbarriere. Niemand außer ihm selbst konnte diese Frage noch stellen, und ihm war die Antwort gleichgültig.
    Er steckte sein Schwert

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