Die böse Brut
Vogelmädchens, wenn es dicht vor der Landung stand. Max stand nicht auf, sie legte nur den Kopf zurück und suchte dann den Himmel ab.
Ja, da kam sie.
Schräg über ihr, und wenn sie diese Strecke nahm, das wusste die Tierärztin, war sie nicht über das Wasser geflogen, sondern hatte sich die Stadt von oben angeschaut.
Maxine wollte sich entspannen und aufstehen, aber dazu kam sie nicht, denn etwas störte sie. Aus der Dunkelheit hatte sich Carlotta gelöst. Sie schwebte jetzt ihrem Landeplatz im Garten entgegen, aber sie sah so verändert aus.
Für Maxine hatte der Körper eine andere Form bekommen. Er war nicht so schlank, er war fülliger geworden, und als sie jetzt genauer hinschaute, da fiel ihr auf, dass Carlotta nicht allein war. Sie hatte jemanden mitgebracht.
Maxine Wells drückte sich langsam in die Höhe. Auf ihrem Körper lag ein Schauer, und sie hatte das Gefühl, als würden zahlreiche kleine Eiskugeln den Rücken hinabrinnen.
Sie dachte daran, dass ihr Pflegekind in diesem Augenblick ein Tabu gebrochen hatte. Es war zwischen ihnen abgemacht worden, dass man keinen Fremden mitbrachte, und plötzlich passierte dies.
Sie schluckte. Sie wollte mit Carlotta reden, die jetzt sehr sanft der weichen Rasenfläche entgegenglitt, die Beine ausstreckte und landete, ohne dass sie noch einige Schritte lief, wie es bei den Fallschirmspringern der Fall ist.
Sie stand auf dem Rasen, sagte etwas zu dem Mitbringsel und hielt es fest, denn es schwankte.
Das Mitbringsel war ein Mensch, ein Junge. Er war kleiner als das Vogelmädchen, trug einen dunklen Anzug und hatte sogar eine Krawatte umgebunden, was Maxine leicht irritierte. Trotz der recht schlechten Sicht versuchte sie das Alter des Jungen zu schätzen, das wohl gerade erst den zweistelligen Bereich erreicht hatte.
Wen hatte Carlotta da nur aufgelesen?
Die Tierärztin verstand die Welt nicht mehr. Sie wollte auch nicht zu forsch sein und auch keine Vorurteile bilden, denn Carlotta hatte bestimmt gewusst, was sie tat. Das konnte durchaus ein Notfall gewesen sein, denn wenn es galt, Menschenleben zu retten, musste vieles hintenan gestellt werden.
Carlotta ahnte, was Maxine wohl dachte. Sie winkte ihr beruhigend zu und kümmerte sich dann um den Jungen, auf den sie mit leiser Stimme einsprach und dabei in die Runde deutete, als wollte sie ihm die Umgebung erklären.
Carlotta sah nicht, dass der Junge eine Antwort gab. Er hielt den Blick gesenkt, wie jemand, der sich schämt.
»Carlotta...«
»Ja, Max, ich komme gleich. Einen Moment noch.« Sie sprach wieder auf den Jungen ein und deutete auch auf die Tierärztin, wobei sie leise lachte, um ihrem Schützling die Scheu zu nehmen.
Erst als er nickte, war auch Carlotta zufrieden und ging mit ihm los, sie zog ihn hinter sich her, als wäre sie die Mutter und er der kleine Sohn. Das seltsame Paar näherte sich dem Tisch, an dem Maxine stand und sich noch immer wunderte.
»Da sind wir, Max!«, erklärte das Vogelmädchen fröhlich.
»Ja, das sehe ich. Aber setzt euch doch. Möchtet ihr etwas trinken?«
Beide wollten zunächst nicht.
Maxine Wells ließ den Jungen nicht aus den Augen. Er nahm auf einem der Stühle Platz, die ebenfalls in der Nähe des ovalen Holztisches standen, legte die Hände in den Schoß und schaute auf seine Beine. Er traute sich nicht, den Blick zu heben und der Tierärztin ins Gesicht zu sehen. Er sah aus wie jemand, der sich schämt oder sich einfach nur unwohl in dieser für ihn fremden Umgebung fühlte.
Obwohl er den Kopf gesenkt hielt, war Maxine etwas aufgefallen. Sie hatte das Zeichen auf seiner Stirn gesehen, aber nicht erkannt. Der Blick darauf war einfach zu flüchtig gewesen, und sie wusste auch nicht, ob es sich bei dem Zeichen um eine Tätowierung handelte oder einfach nur um einen Fleck oder eine Verschmutzung.
Sie vergaß ihre Entdeckung zunächst und wandte sich an Carlotta. »Hast du mir nicht etwas zu erzählen?«
»Ja, Max, aber jetzt möchte ich doch etwas trinken.«
»Bitte.« Die Tierärztin schob ihr die Flasche und auch das Glas zu, in das Carlotta das Mineralwasser hineinkippte. Sie trank erst zwei, drei Schlucke, dann hatte sie sich entschieden, mit der Tierärztin zu sprechen.
»Er heißt Damiano.«
»Oh...«
»Mehr weiß ich nicht von ihm. Ich meine, seinen Nachnamen.«
»Und warum hast du ihn mitgebracht?«
Carlotta schaute ihre Ziehmutter offen an. Ich musste ihn aus einer Gefahr retten.«, erklärte sie. »Ja, ich bin seine Retterin, glaube
Weitere Kostenlose Bücher