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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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sie dort fest, wo sie lag, und begann, ihm die Wahrheit zu erzählen, bis zu dem bösen Tag, an dem sie Ludwig von Torgau umgebracht hatte. Nur was Irinas Schwangerschaft anging, log sie. Sie verriet nicht, dass sie von ihm und ihr wusste, sondern dichtete ihr ein Liebesverhältnis zu einem Knecht an. Auch über Ludwigs Verbrechen gegen Irina schwieg sie. Er sollte nicht Juli ansehen und darüber nachdenken, ob Wilkins bösartiger Bruder ihr Vater gewesen war.
    » Was hatte der König dazu zu sagen, als Wilkin gestand, seinen Bruder erschossen zu haben?«, wollte er wissen.
    » Der König schätzte Wilkin damals schon hoch. Er hat die Sache zu einem Unfall erklärt. Die Männer, die mit Ludwig nach Ofen gekommen waren, haben wohl nicht daran geglaubt, aber gegen das Urteil des Königs konnten sie nichts tun. Dass ich es war, die geschossen hat, darauf sind sie nicht gekommen. Sie haben Ofen kurz darauf verlassen, und wir haben sie nicht wiedergesehen.«
    Cord saß zurückgelehnt ihr gegenüber, in den Händen einen Krug mit dem letzten Rest Bier. Nachdenklich musterte er ihr Gesicht, als würde er nicht klug aus dem, was er darin las. » Und seitdem hast du keinen Bogen mehr angefasst?«
    Sie atmete tief durch und sah ihm in die Augen. » Wilkin hat meine Tat auf sich genommen, um mich zu schützen. Ich wollte nichts tun, um den Verdacht auf mich zu lenken. Das hätte ihn zu allen Schwierigkeiten hinzu auch noch der Lüge überführt. Und du weißt so gut wie ich, dass er solche Schande nicht verdient hätte. Er hat schon genug unter den Verfehlungen anderer gelitten.«
    » Hm. Wenn du mich fragst, dann war es keine Verfehlung, Ludwig von Torgau zu erschießen.«
    Sie verschränkte die Arme. » Es ist immer eine Verfehlung, einem Mann in den Rücken zu schießen, und das siehst du nicht anders als ich. Auch wenn du jetzt versuchst, mich zu beschwichtigen.«
    Er stieß einen verächtlichen Laut aus und stellte den Bierkrug mit einem kleinen Knall auf den Tisch. » Sogar dein musterhafter Wilkin weiß, dass wir in der Not zumeist einen Dreck darauf geben, ob der andere uns mit dem Gesicht oder mit dem Hintern ansieht. Ich kann verstehen, dass du über diesen Schuss nicht jubelst. Aber wäre es dir besser gegangen, wenn das Aas erst eurer Amme die Kehle durchgeschnitten und sich dann zu dir umgedreht hätte? Musste erst ich kommen, um dir in ihrem Namen und dem von Irina und ihrer Tochter dafür zu danken, dass du an jenem Tag eine lockere Hand hattest?«
    In der Tat hatte Hedwig niemals mit jemandem über ihre Tat gesprochen, geschweige denn, dass ihr jemand gedankt hätte. Ihre nächsten Worte sprach sie wieder einmal, ohne nachzudenken. Sie kamen auf geradem Weg aus ihrem Herzen. » Cord, ich habe dich vermisst.«
    Er lächelte, sah sie aber nicht an, sondern blickte auf den Tisch. Als hätte er sie gar nicht gehört, stand er mit einem Seufzen auf und streckte sich. » Wo kann ich schlafen, ohne dass wir ins Gerede kommen? Um zum Gasthaus zurückzugehen, ist es zu spät. Es würde einen Wirbel geben, wenn ich um diese Zeit noch klopfte. Falls mich die Nachtwächter nicht vorher schon aufgriffen.«
    » Ich gebe dir Kissen und Decken für die Küchenbank. Es weiß ja niemand, dass du hier bist. Du musst nur vorsichtig sein, wenn du morgen gehst.«
    Als Hedwig Cord die Kissen brachte, war Mara schließlich zu Bett gegangen. Eilig richteten sie in schweigendem Einvernehmen das Lager her. Es machte Hedwig ein wenig schwindlig, wie sich ihr Leib nach ebendem sehnte, was das Gerede ihnen unterstellen würde, wenn herauskam, dass er in Abwesenheit ihres Gatten in ihrem Haus geschlafen hatte.
    Alles an ihm zog sie an– seine Blicke, sein Lächeln, seine Gesten, seine Stimme, sein Geruch, seine Wärme. Und sie hatte ihn so lange entbehren müssen. Sie wusste, dass es Edelfrauen im Hofstaat gab, die ihre so oft abwesenden Gatten mehr oder weniger heimlich mit anderen Männern hintergingen. Bis zu diesem Tag war sie nie in Versuchung gewesen, dasselbe zu tun, obwohl sie in vielen Monaten die Tage an einer Hand abzählen konnte, an denen Wilkin bei ihr war. Nie hatte ein anderer Mann ein solches Begehren in ihr erweckt wie nun Cord.
    Inzwischen mied er ihren Blick. Wahrscheinlich brachte sie ihn bereits damit in Verlegenheit, dass sie noch immer um ihn war, obwohl sie ihn längst hätte allein lassen sollen. Mit einem stummen Seufzer ging sie zur Tür, wo sie sich noch einmal umdrehte, um ihm eine gute Nacht zu wünschen. Er

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