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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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erzbischöflichen Pferdehandel vorzutragen. Mit dem Geschick, auf das Hedwig gesetzt hatte, machte er eine Komödie daraus, die außer Gerhardt von Schwarzburg alle zum Lachen brachte und ihn selbst als harmlos darstellte, ohne den Erzbischof zu beleidigen. Das kluge Scherzen, Schmeicheln und Schmähen war die hohe Kunst eines guten Spielmannes, und Adam von Himmelsfels beherrschte sie meisterhaft.
    Seine Redekunst und sein offenbar weithin bekannter Pferdeverstand lagen denn auch seinem Verbrechen zugrunde. Er hatte den Stallmeister des Erzbischofs davon überzeugt, dass einige von dessen guten Pferden unter erheblichen Schwächen und Krankheiten litten und besser verkauft werden sollten. Der Käufer hatte ihn großzügig dafür belohnt, dass er dank dieser Unterstützung Tiere erwerben konnte, die sonst unerreichbar für ihn geblieben wären.
    Zu Adams Pech war jedoch einem Stallknecht die Sache verdächtig vorgekommen, und er hatte sie dem Erzbischof zugetragen, kurz nachdem Adam und Irina Magdeburg verlassen hatten. Die plötzliche Abreise des Spielmannes, der sein ganzes bisheriges Leben am von Schwarzburgischen Hof zugebracht hatte, wurde als Schuldbeweis gedeutet.
    Hedwig vermutete, dass dies zu Recht der Fall war, auch wenn Adam seine unschuldige Absicht überzeugend beteuerte. Auch Gerhardt von Schwarzburg ließ sich von ihm nicht täuschen. Er bestand darauf, dass der Spielmann gehängt und seine Frau mit Prügel bestraft werden sollte.
    Hedwig krampfte wütend die Hand um ihr Tafelmesser, als sie ihn reden hörte. Der blonde Ritter war ihr gründlich zuwider.
    Graf Ebeling warf ihr einen Seitenblick zu. » Nun, ich sehe, dass wir hierüber nicht leicht einig werden. Da die Sache mich aber bereits prächtig unterhalten hat, schlage ich vor, wir machen so weiter. Dass Spielleute keine Ehre haben, wissen wir alle. Was hilft es, ihre Taten an unserer zu messen? Sie sind zur Kurzweil geboren. Sollen sie uns also vergnügen. Die kriegerische Jungfer wird uns ihre Schießkünste beweisen. Gefällt sie uns darin, schenke ich ihr das Leben ihrer Gefährten. Versagt sie, sollen sie gerichtet werden.«
    Hedwig sah ihn entsetzt an. » Was soll das?«
    Er schob die Lippen vor und erwiderte ihren Blick kühl. » Nun, ein wenig Demut zu lernen, kann dir nicht schaden.«
    Demut? Hedwig fühlte glühende Hitze in sich aufsteigen, und jeder Anflug eines freundlichen Gefühls dem alten Grafen gegenüber verschwand. Wie konnte er so leichtfertig das Leben von Menschen einsetzen, um ihr eine Lehre zu erteilen?
    Tief atmete sie durch, bevor sie aufstand. » Worauf warten wir noch?«

3
    Eine vortreffliche Gemein s chaft
    U nter den Blicken der zahlreichen Zuschauer auf dem Hof begann Hedwig zu zittern. Zum hundertsten Male wünschte sie sich in ihren einsamen Wald zurück. Sie durfte nicht versagen und fühlte sich doch zu unruhig für sichere Schüsse. Noch ärger wurde es, als sie zwischen den Ästen einer Linde neben dem Burgbrunnen Isoldes schwarz-weiß gebändertes Gefieder entdeckte. Da den Habicht bisher aber niemand bemerkt zu haben schien, wandte sie sich rasch ab. Beflissen beschäftigte sie sich damit, lose Haarsträhnen in ihre Haarkrone zurückzustecken, damit sie ihr beim Schießen nicht die Sicht behindern konnten.
    Cord überreichte ihr mit einer spöttischen Verbeugung ihren Bogen und den Köcher mit Pfeilen, den sie zum Essen hatte ablegen müssen. Sie schenkte ihm keine Beachtung. Als sie ihren geliebten Bogen wieder in der Hand hatte, ließen die lang gewohnten Handgriffe ihre Aufregung in den Hintergrund treten. Sie prüfte den sicheren Sitz der Sehne in ihren Kerben und ob ihre Länge sich nicht durch widrige Umstände oder die Hand eines Spötters verändert hatte.
    » Was für ein lustiges kurzes Stöckchen das ist. Die Engländer würden darüber lachen. Ihre Bögen sind übermannshoch«, sagte Cord.
    Hedwig antwortete nicht, sondern wandte ihre Aufmerksamkeit einer Scheibe aus geflochtenem Stroh zu. Nicht mehr als zwanzig Schritt entfernt stand sie vor der Burgmauer, ein einfaches Ziel, das ihr wohl nur zur Eingewöhnung dienen sollte.
    Sobald sie den Bogen in der linken und einen Pfeil in der rechten Hand hatte, schwanden die Zuschauer aus ihrem Bewusstsein. Wie tausende von Malen zuvor betrachtete sie flüchtig den Pfeil, sah seine drei vollkommenen Federn, die scharfe Spitze, die makellose Nocke, in der die Sehne des Bogens zu liegen kommen würde. In dem Moment, in dem sie den Punkt bestimmte, den

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