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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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brechender Stimme, aber laut genug.
    Tristan hatte auf ihren Befehl gewartet. Zähnefletschend warf er sein ganzes Gewicht auf den Ritter und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Hedwig sprang hinzu, trat auf Cords lächerlich lange Stiefelspitzen und vereinte ihre Kraft mit der des Hundes. Auf ähnliche Weise hatten sie in einer Notlage einmal eine junge Auerochsenkuh zu Fall gebracht, die von einem schlecht gezielten Pfeil in Angriffslaune versetzt worden war.
    Im Nu kniete Hedwig auf Cords schwarzem Brustharnisch und hielt ihm ihr Messer an dieselbe Stelle seines Halses, an der es schon einmal gelegen hatte. Überraschung und Zorn blitzten in seinen Augen.
    » Du wirst mich nie wieder anfassen«, sagte sie.
    » Der Teufel soll dich holen«, zischte er.
    Adam trat zu ihnen. Zu Hedwigs Erstaunen applaudierte er. » Verehrter Herr Ritter, holde Jungfrau, nie sah ich etwas dergleichen Beeindruckendes. Euer beider Stolz ist Eurem hohen Stande würdig. Erweist mir Elendem dennoch die Gnade, meinen Vorschlag zur Güte anzuhören: Schwört einander bei Eurer Ehre, den anderen nach besten Kräften vor Schaden zu bewahren und bei allen Entscheidungen auf der Reise den Rat des anderen zu suchen und zu respektieren.«
    » Solange er mich nicht wieder anfasst«, sagte Hedwig zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch.
    » Solange ich sie nachts zum Schlafen in einem Netz im Baum aufhängen darf«, stieß Cord ebenso hervor.
    Hedwig konnte sich nicht helfen, sie musste lachen. Cord nützte die Gelegenheit und stieß sie von sich, ohne jedoch Anstalten zu machen, sie erneut anzugreifen. » Also gut. Dann mach jetzt eben endlich Feuer. Ich will ein Stück Speck braten. Außerdem verbrenne ich meine Stiefel. Wusste doch gleich, dass sie nichts taugen.«
    Damit brachte er Hedwig zum Schmunzeln, obgleich sein Befehlston sie schon wieder hätte ärgern können. Sie stand auf, um sich dem Feuer zu widmen, und erhaschte dabei einen Blick auf einen schwarzen Dolch, den Irina soeben unter ihrem Rock verschwinden ließ. Über die Lichtung hinweg sahen sie sich in die Augen. Irinas kleines, anerkennendes Nicken machte Hedwig glücklich. Gewiss hatte sie sich einmal mehr unziemlich benommen, doch der Erfolg schmeckte süß.
    Nach dieser ersten Auseinandersetzung folgten auf ihrer Reise zahllose andere, doch fürderhin beschränkten sie sich darauf, ihre Kämpfe in Worten auszutragen.
    Hedwig verlor nur langsam ihr Misstrauen dem tückisch schnellen Kriegsknecht gegenüber, doch sie lernte seine Fähigkeiten, seine Ortskenntnis und den Schutz, den seine Anwesenheit bot, zu schätzen. Er hatte ihr mit seinen dreißig Jahren in allem Erfahrung voraus, und sie erwies ihm Respekt.
    Cord ging dafür in seinem Wohlwollen so weit, ihr beizubringen, wie sie besser mit ihrem Klepperross zurechtkommen konnte, und verriet ihr, was sie versuchen sollte, wenn wieder einmal jemand sie von hinten umklammerte. Da ihm bei all seiner guten Ausbildung nie jemand angeboten hatte, ihn zum Ritter zu schlagen, fühlte er sich dem Codex der ritterlichen Ehre nicht sonderlich verpflichtet. Er machte keinen Hehl daraus, dass er im Kampf kaum Skrupel kannte. Mit den Geschichten, die er unterwegs erzählte, machte er Hedwig allerdings klar, dass auch die meisten Ritter das Ziel über die Mittel stellten.
    Hedwig lernte in den sechs Tagen ihrer Reise viel von ihm und auch über das Land, durch das sie zogen. Endlose Wälder war sie gewohnt, nicht jedoch die alles durchdringende Nässe. War es um Friesack herum nur ein wenig sumpfig gewesen, so fand sich nun auf weiten Strecken ihres Weges in all dem Sumpf nur hier und dort ein wenig Land.
    Lichte Erlenbruchwälder und von Schilf, Weiden und Sauergras gesäumte Gewässer prägten die Landschaft. Moorige Tümpel tarnten sich unter Teppichen aus weißem, schwimmendem Hahnenfuß und gelben Sumpfdotterblumen. Reiher, Schwarzstörche, Libellen und Bremsen waren ihre ständigen Begleiter, hin und wieder sahen sie einen Seeadler kreisen oder Beute schlagen, und abends schwoll das Gequake der Frösche zu einem ohrenbetäubenden Spektakel an.
    Einen Tag lang war es unmöglich, anders als mit Kähnen voranzukommen, was beim Verladen der Pferde etliche Schwierigkeiten bereitete. Hedwig war froh, dass Adam und Cord es übernahmen, ihrem Klepper mit einer Nüsternklemme die Angst vor der Bootsfahrt auszutreiben.
    Die schmalen Fließe, auf denen sie fuhren, waren reich an Fischen und Wasservögeln. Zum Glück der Reisenden waren die

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